Sülejman, einen Prinzen, der wegen seiner Gottesfurcht und Heiligkeit in An- sehen stehe, an dessen Stelle auf den Thron erhöbe.
185.
Der Sultan empfing daher den neuen Weßir mit großen Ehren-Der aufrühri- sche Weßir wird von dem Sultan mit großen Eh- renbezeigungen empfangen, und entschuldiget sich, daß er die Befehlhabung über das Heer angenommen habe. bezeigungen, als er mit dem Heere anlangte, hielt eine Unterredung mit dem- selben, und stellete ihm vor; was für eine große Zerrüttung der Aufruhr des Heeres in dem ganzen osmanischen Reiche angerichtet, und daß dasselbe nicht allein die Bürger, sondern auch die Ulema mit in sein Verbrechen gezogen habe: ermahnete auch denselben, daß er seinem Versprechen nachkommen und seine äußersten Kräfte anwenden möchte, diesen Aufstand zu stillen und dem Reiche wieder zu seiner vorigen Ruhe zu verhelfen. Wenn er dieses werde zu Stande gebracht haben: so wolle er nicht allein dasjenige gänzlich in Verges- senheit stellen, was der Weßir gegen ihn vorgenommen habe; sondern er wolle ihm auch noch mehr Gunstbezeigungen erweisen, als er immer hoffen und ver- langen könne. Sijawusch Pascha machte anfangs seine Entschuldigung ge- gen den Sultan, daß er die Befehlhabung über das Heer angenommen habe, ohne ihn darum zu befragen. Er sagte: der Aufruhr sey nicht von ihm erre- get worden; sondern das Heer sey durch Sülejmans übeles Verhalten und Hart- näckigkeit so stark erbittert worden, daß es geschienen, als wenn dasselbe ein ge- wisses grundverderbliches Vorhaben gegen das Reich beschlossen hätte. Als er dieses gemerket: so habe er geglaubet, er würde dem Sultane und dem osma- nischen Reiche einen ausnehmenden Dienst leisten, wenn er die ihm angetragene Befehlhabung über das Heer annähme; damit nicht die innern osmanischen Länder von aller Vertheidigung entblößet und den Deutschen offen gelassen wer- den möchten; imgleichen, damit diejenigen zurück gehalten würden, die sich un- terstehen möchten, ihre Landsleute zu plündern oder ihnen Schaden zuzufügen. Er habe seit diesem seine äußersten Bemühungen angewendet, die Unruhe zu stillen: habe auch Ursache gehabt zu hoffen, wenn der Sultan die erste Bitte dem Heere gleich zugestanden hätte, daß er im Stande gewesen seyn würde, die Flamme ohne große Schwierigkeit zu dämpfen. Es sey ihm aber diese Hoff- nung durch des Sultans eigenes Versehen fehl geschlagen, weil derselbe verzö- gert habe, dem Begehren des Heeres Genüge zu thun, bis indessen der Aufruhr in ihren Gemüthern allzu tiefe Wurzeln geschlagen habe. Er habe zwar, nach- [Spaltenumbruch]
nopel war; Numan Pascha, der unter dem gegenwärtigen Kaiser Aehmed dem III Weßir gewesen ist; und Isad Efendi, der geistli- [Spaltenumbruch] ches Standes ist, und sich die Hoffnung ma- chet, einmal Mewla zu werden.
dem
4 A
19. Muhaͤmmed der IIII
Suͤlejman, einen Prinzen, der wegen ſeiner Gottesfurcht und Heiligkeit in An- ſehen ſtehe, an deſſen Stelle auf den Thron erhoͤbe.
185.
Der Sultan empfing daher den neuen Weßir mit großen Ehren-Der aufruͤhri- ſche Weßir wird von dem Sultan mit großen Eh- renbezeigungen empfangen, und entſchuldiget ſich, daß er die Befehlhabung uͤber das Heer angenommen habe. bezeigungen, als er mit dem Heere anlangte, hielt eine Unterredung mit dem- ſelben, und ſtellete ihm vor; was fuͤr eine große Zerruͤttung der Aufruhr des Heeres in dem ganzen osmaniſchen Reiche angerichtet, und daß daſſelbe nicht allein die Buͤrger, ſondern auch die Ulema mit in ſein Verbrechen gezogen habe: ermahnete auch denſelben, daß er ſeinem Verſprechen nachkommen und ſeine aͤußerſten Kraͤfte anwenden moͤchte, dieſen Aufſtand zu ſtillen und dem Reiche wieder zu ſeiner vorigen Ruhe zu verhelfen. Wenn er dieſes werde zu Stande gebracht haben: ſo wolle er nicht allein dasjenige gaͤnzlich in Vergeſ- ſenheit ſtellen, was der Weßir gegen ihn vorgenommen habe; ſondern er wolle ihm auch noch mehr Gunſtbezeigungen erweiſen, als er immer hoffen und ver- langen koͤnne. Sijawuſch Paſcha machte anfangs ſeine Entſchuldigung ge- gen den Sultan, daß er die Befehlhabung uͤber das Heer angenommen habe, ohne ihn darum zu befragen. Er ſagte: der Aufruhr ſey nicht von ihm erre- get worden; ſondern das Heer ſey durch Suͤlejmans uͤbeles Verhalten und Hart- naͤckigkeit ſo ſtark erbittert worden, daß es geſchienen, als wenn daſſelbe ein ge- wiſſes grundverderbliches Vorhaben gegen das Reich beſchloſſen haͤtte. Als er dieſes gemerket: ſo habe er geglaubet, er wuͤrde dem Sultane und dem osma- niſchen Reiche einen ausnehmenden Dienſt leiſten, wenn er die ihm angetragene Befehlhabung uͤber das Heer annaͤhme; damit nicht die innern osmaniſchen Laͤnder von aller Vertheidigung entbloͤßet und den Deutſchen offen gelaſſen wer- den moͤchten; imgleichen, damit diejenigen zuruͤck gehalten wuͤrden, die ſich un- terſtehen moͤchten, ihre Landsleute zu pluͤndern oder ihnen Schaden zuzufuͤgen. Er habe ſeit dieſem ſeine aͤußerſten Bemuͤhungen angewendet, die Unruhe zu ſtillen: habe auch Urſache gehabt zu hoffen, wenn der Sultan die erſte Bitte dem Heere gleich zugeſtanden haͤtte, daß er im Stande geweſen ſeyn wuͤrde, die Flamme ohne große Schwierigkeit zu daͤmpfen. Es ſey ihm aber dieſe Hoff- nung durch des Sultans eigenes Verſehen fehl geſchlagen, weil derſelbe verzoͤ- gert habe, dem Begehren des Heeres Genuͤge zu thun, bis indeſſen der Aufruhr in ihren Gemuͤthern allzu tiefe Wurzeln geſchlagen habe. Er habe zwar, nach- [Spaltenumbruch]
nopel war; Numan Paſcha, der unter dem gegenwaͤrtigen Kaiſer Aehmed dem III Weßir geweſen iſt; und Iſad Efendi, der geiſtli- [Spaltenumbruch] ches Standes iſt, und ſich die Hoffnung ma- chet, einmal Mewla zu werden.
dem
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[553/0661]
19. Muhaͤmmed der IIII
Suͤlejman, einen Prinzen, der wegen ſeiner Gottesfurcht und Heiligkeit in An-
ſehen ſtehe, an deſſen Stelle auf den Thron erhoͤbe.
185. Der Sultan empfing daher den neuen Weßir mit großen Ehren-
bezeigungen, als er mit dem Heere anlangte, hielt eine Unterredung mit dem-
ſelben, und ſtellete ihm vor; was fuͤr eine große Zerruͤttung der Aufruhr des
Heeres in dem ganzen osmaniſchen Reiche angerichtet, und daß daſſelbe nicht
allein die Buͤrger, ſondern auch die Ulema mit in ſein Verbrechen gezogen
habe: ermahnete auch denſelben, daß er ſeinem Verſprechen nachkommen und
ſeine aͤußerſten Kraͤfte anwenden moͤchte, dieſen Aufſtand zu ſtillen und dem
Reiche wieder zu ſeiner vorigen Ruhe zu verhelfen. Wenn er dieſes werde zu
Stande gebracht haben: ſo wolle er nicht allein dasjenige gaͤnzlich in Vergeſ-
ſenheit ſtellen, was der Weßir gegen ihn vorgenommen habe; ſondern er wolle
ihm auch noch mehr Gunſtbezeigungen erweiſen, als er immer hoffen und ver-
langen koͤnne. Sijawuſch Paſcha machte anfangs ſeine Entſchuldigung ge-
gen den Sultan, daß er die Befehlhabung uͤber das Heer angenommen habe,
ohne ihn darum zu befragen. Er ſagte: der Aufruhr ſey nicht von ihm erre-
get worden; ſondern das Heer ſey durch Suͤlejmans uͤbeles Verhalten und Hart-
naͤckigkeit ſo ſtark erbittert worden, daß es geſchienen, als wenn daſſelbe ein ge-
wiſſes grundverderbliches Vorhaben gegen das Reich beſchloſſen haͤtte. Als er
dieſes gemerket: ſo habe er geglaubet, er wuͤrde dem Sultane und dem osma-
niſchen Reiche einen ausnehmenden Dienſt leiſten, wenn er die ihm angetragene
Befehlhabung uͤber das Heer annaͤhme; damit nicht die innern osmaniſchen
Laͤnder von aller Vertheidigung entbloͤßet und den Deutſchen offen gelaſſen wer-
den moͤchten; imgleichen, damit diejenigen zuruͤck gehalten wuͤrden, die ſich un-
terſtehen moͤchten, ihre Landsleute zu pluͤndern oder ihnen Schaden zuzufuͤgen.
Er habe ſeit dieſem ſeine aͤußerſten Bemuͤhungen angewendet, die Unruhe zu
ſtillen: habe auch Urſache gehabt zu hoffen, wenn der Sultan die erſte Bitte
dem Heere gleich zugeſtanden haͤtte, daß er im Stande geweſen ſeyn wuͤrde, die
Flamme ohne große Schwierigkeit zu daͤmpfen. Es ſey ihm aber dieſe Hoff-
nung durch des Sultans eigenes Verſehen fehl geſchlagen, weil derſelbe verzoͤ-
gert habe, dem Begehren des Heeres Genuͤge zu thun, bis indeſſen der Aufruhr
in ihren Gemuͤthern allzu tiefe Wurzeln geſchlagen habe. Er habe zwar, nach-
dem
nopel war; Numan Paſcha, der unter dem
gegenwaͤrtigen Kaiſer Aehmed dem III Weßir
geweſen iſt; und Iſad Efendi, der geiſtli-
ches Standes iſt, und ſich die Hoffnung ma-
chet, einmal Mewla zu werden.
Der aufruͤhri-
ſche Weßir wird
von dem Sultan
mit großen Eh-
renbezeigungen
empfangen, und
entſchuldiget
ſich, daß er die
Befehlhabung
uͤber das Heer
angenommen
habe.
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Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745, S. 553. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cantemir_geschichte_1745/661>, abgerufen am 22.11.2024.
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