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Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745.

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von aller androhenden Gefahr; sondern er brachte auch noch andere Länder,
die den Römern unterworfen waren, unter seine Gewalt, und verknüpfte die-
selben mit seinem Reiche. Aeladdin war auch seines Versprechens eingedenk,
belohnte Erdogrul recht königlich, und trug demselben die Regierung über die
ganze Landschaft Ankyra auf. Endlich, nachdem Erdogrul von Kriegen und
vom Alter abgemattet war: so starb derselbe im Jahre der Hidschret 680,
wie Sädi saget; nach Nischrin aber, im Jahre 687: und sein Grab in der
Stadt Sugjutschik wird bis auf den heutigen Tag von den Muhämmedischen
ehrerbietig besuchet.

15.

Als Erdogrul mitten in dem Laufe seines Glücks aus der Welt
geschieden war: so ließ Aeladdin, um seine Dankbarkeit gegen einen so großen
Mann zu beweisen, dessen Sohn Osman (den man, wie erzählet wird, wegen
seiner Jugend Osmandschik oder Osmanchen zu nennen pflegte) seinem Va-
ter in dessen Würde nachfolgen, und machte denselben zum vornehmsten unter
allen Tekäddüm oder Satrapen. Ueber dieses verstattete er ihm, in allen
Städten und Ländern, die sein Vater erobert hatte, oder die er noch in Zukunft
erobern werde, sich des Titels Sultan zu gebrauchen und Münzen mit der
Aufschrift seines eigenen Namens prägen zu lassen.

16.

Nach der Zeit, als Aeladdin der Jüngere (dessen eigentlicher Name
Kjejchosrew 20 war) im Jahre der Hidschret 699 (welches anhebet am acht
und zwanzigsten September 1299) durch die gaßanischen Tatarn vertrieben
und seine Zuflucht in Europa zu suchen genöthiget worden war: so theileten
dessen Sarrapen alle seine Länder unter sich aus. Allein Osman, der der mäch-
tigste unter ihnen war, zwang die übrigen (im Jahre der Hidschret 700),
daß sie ihn um Schutz und Gnade bitten mußten. Von dieser Begebenheit an
rechnen einige Geschichtschreiber das erste Jahr des osmanischen Reiches:
wiewol Sädi nicht ohne wichtige Gründe behauptet, daß seine Regierung
damals angefangen habe, als derselbe nach Eroberung der Stadt Karahisar
[Spaltenumbruch]

20 Cosroes.

einen
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des Verfaſſers
von aller androhenden Gefahr; ſondern er brachte auch noch andere Laͤnder,
die den Roͤmern unterworfen waren, unter ſeine Gewalt, und verknuͤpfte die-
ſelben mit ſeinem Reiche. Aeladdin war auch ſeines Verſprechens eingedenk,
belohnte Erdogrul recht koͤniglich, und trug demſelben die Regierung uͤber die
ganze Landſchaft Ankyra auf. Endlich, nachdem Erdogrul von Kriegen und
vom Alter abgemattet war: ſo ſtarb derſelbe im Jahre der Hidſchret 680,
wie Saͤdi ſaget; nach Niſchrin aber, im Jahre 687: und ſein Grab in der
Stadt Sugjutſchik wird bis auf den heutigen Tag von den Muhaͤmmediſchen
ehrerbietig beſuchet.

15.

Als Erdogrul mitten in dem Laufe ſeines Gluͤcks aus der Welt
geſchieden war: ſo ließ Aeladdin, um ſeine Dankbarkeit gegen einen ſo großen
Mann zu beweiſen, deſſen Sohn Osman (den man, wie erzaͤhlet wird, wegen
ſeiner Jugend Osmandſchik oder Osmanchen zu nennen pflegte) ſeinem Va-
ter in deſſen Wuͤrde nachfolgen, und machte denſelben zum vornehmſten unter
allen Tekaͤdduͤm oder Satrapen. Ueber dieſes verſtattete er ihm, in allen
Staͤdten und Laͤndern, die ſein Vater erobert hatte, oder die er noch in Zukunft
erobern werde, ſich des Titels Sultan zu gebrauchen und Muͤnzen mit der
Aufſchrift ſeines eigenen Namens praͤgen zu laſſen.

16.

Nach der Zeit, als Aeladdin der Juͤngere (deſſen eigentlicher Name
Kjejchosrew 20 war) im Jahre der Hidſchret 699 (welches anhebet am acht
und zwanzigſten September 1299) durch die gaßaniſchen Tatarn vertrieben
und ſeine Zuflucht in Europa zu ſuchen genoͤthiget worden war: ſo theileten
deſſen Sarrapen alle ſeine Laͤnder unter ſich aus. Allein Osman, der der maͤch-
tigſte unter ihnen war, zwang die uͤbrigen (im Jahre der Hidſchret 700),
daß ſie ihn um Schutz und Gnade bitten mußten. Von dieſer Begebenheit an
rechnen einige Geſchichtſchreiber das erſte Jahr des osmaniſchen Reiches:
wiewol Saͤdi nicht ohne wichtige Gruͤnde behauptet, daß ſeine Regierung
damals angefangen habe, als derſelbe nach Eroberung der Stadt Karahiſar
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[57/0063] des Verfaſſers von aller androhenden Gefahr; ſondern er brachte auch noch andere Laͤnder, die den Roͤmern unterworfen waren, unter ſeine Gewalt, und verknuͤpfte die- ſelben mit ſeinem Reiche. Aeladdin war auch ſeines Verſprechens eingedenk, belohnte Erdogrul recht koͤniglich, und trug demſelben die Regierung uͤber die ganze Landſchaft Ankyra auf. Endlich, nachdem Erdogrul von Kriegen und vom Alter abgemattet war: ſo ſtarb derſelbe im Jahre der Hidſchret 680, wie Saͤdi ſaget; nach Niſchrin aber, im Jahre 687: und ſein Grab in der Stadt Sugjutſchik wird bis auf den heutigen Tag von den Muhaͤmmediſchen ehrerbietig beſuchet. 15. Als Erdogrul mitten in dem Laufe ſeines Gluͤcks aus der Welt geſchieden war: ſo ließ Aeladdin, um ſeine Dankbarkeit gegen einen ſo großen Mann zu beweiſen, deſſen Sohn Osman (den man, wie erzaͤhlet wird, wegen ſeiner Jugend Osmandſchik oder Osmanchen zu nennen pflegte) ſeinem Va- ter in deſſen Wuͤrde nachfolgen, und machte denſelben zum vornehmſten unter allen Tekaͤdduͤm oder Satrapen. Ueber dieſes verſtattete er ihm, in allen Staͤdten und Laͤndern, die ſein Vater erobert hatte, oder die er noch in Zukunft erobern werde, ſich des Titels Sultan zu gebrauchen und Muͤnzen mit der Aufſchrift ſeines eigenen Namens praͤgen zu laſſen. 16. Nach der Zeit, als Aeladdin der Juͤngere (deſſen eigentlicher Name Kjejchosrew ²⁰ war) im Jahre der Hidſchret 699 (welches anhebet am acht und zwanzigſten September 1299) durch die gaßaniſchen Tatarn vertrieben und ſeine Zuflucht in Europa zu ſuchen genoͤthiget worden war: ſo theileten deſſen Sarrapen alle ſeine Laͤnder unter ſich aus. Allein Osman, der der maͤch- tigſte unter ihnen war, zwang die uͤbrigen (im Jahre der Hidſchret 700), daß ſie ihn um Schutz und Gnade bitten mußten. Von dieſer Begebenheit an rechnen einige Geſchichtſchreiber das erſte Jahr des osmaniſchen Reiches: wiewol Saͤdi nicht ohne wichtige Gruͤnde behauptet, daß ſeine Regierung damals angefangen habe, als derſelbe nach Eroberung der Stadt Karahiſar einen ²⁰ Cosroes. h

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Zitationshilfe: Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745, S. 57. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cantemir_geschichte_1745/63>, abgerufen am 23.11.2024.