Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745.19. Muhämmed der IIII genommen hätte. Denn, als die Feldherren des kaiserlichen Heeres (die dieHoffnung hatten, die Stadt zu erobern, ehe der Seräskjer Verstärkung erhielte) merken, daß sie itzo ihre Arbeit wieder von vorne anfangen müßten: so berufen sie die übrigen Befehlhaber zu einem Kriegsrathe zusammen, und verlangen ihre Meinung zu wissen, ob es rathsam sey, die Belagerung fortzusetzen, oder nicht. Fast alle geben den Rath, dieselbe aufzuheben; weil es allzu gefährlich zu seyn schiene, zu gleicher Zeit die Stadt zu belagern, und auch mit einem über- legenen Heere zu fechten: wie es sich dann an dem Beyspiele des Feindes bey der Belagerung von Wien gezeiget hatte, was für großen Verlust ein Heer durch dergleichen Anschläge leiden könne. Da nun solchergestalt ihre Hitze durch die Klugheit gemäßiget wurde; die Türken auch keinen Widerstand tha- ten: so zogen sich die Deutschen am drey und zwanzigsten des Monats Ssül- käde, nach einer Belagerung von dreyen Monaten, dadurch sie ziemlich waren geschwächet worden, nebst ihren Rüstwägen von der Stadt zurück, nachdem sie ihr grobes Geschütz vorausgeschicket hatten. Die Türken, die wegen dieser Be- lagerung bisher zwischen Furcht und Hoffnung geschwebet hatten, schöpften hier- auf wieder frischen Muth, und genossen, nach Ausstehung eines so großen Stur- mes, der sehnlich gewünschten Ruhe. 104. Während der Zeit hatte der Graf Lesley, den der Herzog vonDie Kaiserli- 105. Mittlerweile, da der Seräskjer von Ungarn solchergestalt gegen dieDer Seräskjer schaft dieser Stadt trifft man Adler an, von den Türken und Tatarn Gjüdschigjin genennet, die an Größe alle die andern Vögel übertref- fen, und sich in solcher Menge daselbst auf- halten, daß die Bogenmacher durch die ganze [Spaltenumbruch] Türkey und Tatarey sich davon mit Federn zu ihren Pfeilen versehen; ungeachtet nicht mehr als zwölf Kiele, und zwar von dem Schwanze, dazu gebraucht werden können, die man insgemein um einen Löwenthaler vernahm, 3 R 2
19. Muhaͤmmed der IIII genommen haͤtte. Denn, als die Feldherren des kaiſerlichen Heeres (die dieHoffnung hatten, die Stadt zu erobern, ehe der Seraͤskjer Verſtaͤrkung erhielte) merken, daß ſie itzo ihre Arbeit wieder von vorne anfangen muͤßten: ſo berufen ſie die uͤbrigen Befehlhaber zu einem Kriegsrathe zuſammen, und verlangen ihre Meinung zu wiſſen, ob es rathſam ſey, die Belagerung fortzuſetzen, oder nicht. Faſt alle geben den Rath, dieſelbe aufzuheben; weil es allzu gefaͤhrlich zu ſeyn ſchiene, zu gleicher Zeit die Stadt zu belagern, und auch mit einem uͤber- legenen Heere zu fechten: wie es ſich dann an dem Beyſpiele des Feindes bey der Belagerung von Wien gezeiget hatte, was fuͤr großen Verluſt ein Heer durch dergleichen Anſchlaͤge leiden koͤnne. Da nun ſolchergeſtalt ihre Hitze durch die Klugheit gemaͤßiget wurde; die Tuͤrken auch keinen Widerſtand tha- ten: ſo zogen ſich die Deutſchen am drey und zwanzigſten des Monats Sſuͤl- kaͤde, nach einer Belagerung von dreyen Monaten, dadurch ſie ziemlich waren geſchwaͤchet worden, nebſt ihren Ruͤſtwaͤgen von der Stadt zuruͤck, nachdem ſie ihr grobes Geſchuͤtz vorausgeſchicket hatten. Die Tuͤrken, die wegen dieſer Be- lagerung bisher zwiſchen Furcht und Hoffnung geſchwebet hatten, ſchoͤpften hier- auf wieder friſchen Muth, und genoſſen, nach Ausſtehung eines ſo großen Stur- mes, der ſehnlich gewuͤnſchten Ruhe. 104. Waͤhrend der Zeit hatte der Graf Lesley, den der Herzog vonDie Kaiſerli- 105. Mittlerweile, da der Seraͤskjer von Ungarn ſolchergeſtalt gegen dieDer Seraͤskjer ſchaft dieſer Stadt trifft man Adler an, von den Tuͤrken und Tatarn Gjuͤdſchigjin genennet, die an Groͤße alle die andern Voͤgel uͤbertref- fen, und ſich in ſolcher Menge daſelbſt auf- halten, daß die Bogenmacher durch die ganze [Spaltenumbruch] Tuͤrkey und Tatarey ſich davon mit Federn zu ihren Pfeilen verſehen; ungeachtet nicht mehr als zwoͤlf Kiele, und zwar von dem Schwanze, dazu gebraucht werden koͤnnen, die man insgemein um einen Loͤwenthaler vernahm, 3 R 2
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0607" n="499"/><fw place="top" type="header">19. Muhaͤmmed der <hi rendition="#aq">IIII</hi></fw><lb/> genommen haͤtte. Denn, als die Feldherren des kaiſerlichen Heeres (die die<lb/> Hoffnung hatten, die Stadt zu erobern, ehe der Seraͤskjer Verſtaͤrkung erhielte)<lb/> merken, daß ſie itzo ihre Arbeit wieder von vorne anfangen muͤßten: ſo berufen<lb/> ſie die uͤbrigen Befehlhaber zu einem Kriegsrathe zuſammen, und verlangen<lb/> ihre Meinung zu wiſſen, ob es rathſam ſey, die Belagerung fortzuſetzen, oder<lb/> nicht. Faſt alle geben den Rath, dieſelbe aufzuheben; weil es allzu gefaͤhrlich<lb/> zu ſeyn ſchiene, zu gleicher Zeit die Stadt zu belagern, und auch mit einem uͤber-<lb/> legenen Heere zu fechten: wie es ſich dann an dem Beyſpiele des Feindes bey<lb/> der Belagerung von Wien gezeiget hatte, was fuͤr großen Verluſt ein Heer<lb/> durch dergleichen Anſchlaͤge leiden koͤnne. Da nun ſolchergeſtalt ihre Hitze<lb/> durch die Klugheit gemaͤßiget wurde; die Tuͤrken auch keinen Widerſtand tha-<lb/> ten: ſo zogen ſich die Deutſchen am drey und zwanzigſten des Monats Sſuͤl-<lb/> kaͤde, nach einer Belagerung von dreyen Monaten, dadurch ſie ziemlich waren<lb/> geſchwaͤchet worden, nebſt ihren Ruͤſtwaͤgen von der Stadt zuruͤck, nachdem ſie<lb/> ihr grobes Geſchuͤtz vorausgeſchicket hatten. Die Tuͤrken, die wegen dieſer Be-<lb/> lagerung bisher zwiſchen Furcht und Hoffnung geſchwebet hatten, ſchoͤpften hier-<lb/> auf wieder friſchen Muth, und genoſſen, nach Ausſtehung eines ſo großen Stur-<lb/> mes, der ſehnlich gewuͤnſchten Ruhe.</p> </div><lb/> <div n="3"> <head>104.</head> <p>Waͤhrend der Zeit hatte der Graf Lesley, den der Herzog von<note place="right">Die Kaiſerli-<lb/> chen erhalten<lb/> abermals zweene<lb/> Siege uͤber die<lb/> Tuͤrken.</note><lb/> Lothringen mit einer Anzahl Truppen in Slawonien geſendet hatte, Wirrowit,<lb/> eine anſehnliche Feſtung deſſelben Landes, belagert, den tuͤrkiſchen Entſatz in<lb/> zwoen Schlachten uͤberwunden, und die Waͤlle mit ſolcher Heftigkeit beſtuͤrmet,<lb/> daß die Beſatzung genoͤthiget war, ſich am drey und zwanzigſten des Monats<lb/> Schaͤban zu ergeben. Um eben dieſelbe Zeit wurde Teoͤkeoͤli von den Kaiſer-<lb/> lichen bey Eperjes in Oberungarn aus dem Felde geſchlagen, und deſſen gehei-<lb/> me Kanzley und Reiſezeug von den Ueberwindern erbeutet.</p> </div><lb/> <div n="3"> <head>105.</head> <p>Mittlerweile, da der Seraͤskjer von Ungarn ſolchergeſtalt gegen die<note place="right">Der Seraͤskjer<lb/> ſetzet die Sachen<lb/> in Walachey und<lb/> Moldau auf ei-<lb/> nen beſſern Fuß;</note><lb/> Deutſchen mit zweifelhaftem Gluͤcke kriegete, fochte Aenadſchi Suͤlejman Paſcha<lb/> gegen die Polen bey Babadagi <note place="end" n="67"/> mit beſſerem Vortheile, da derſelbe ſein Heer<lb/> verſammelt hatte und damit bey Saktſche uͤber die Donau ging. Weil er aber<lb/> <fw place="bottom" type="catch">vernahm,</fw><lb/><cb n="1"/><lb/><note xml:id="Z607" prev="#Z606" place="end" next="#Z608">ſchaft dieſer Stadt trifft man Adler an, von<lb/> den Tuͤrken und Tatarn Gjuͤdſchigjin genennet,<lb/> die an Groͤße alle die andern Voͤgel uͤbertref-<lb/> fen, und ſich in ſolcher Menge daſelbſt auf-<lb/> halten, daß die Bogenmacher durch die ganze<lb/><cb n="2"/><lb/> Tuͤrkey und Tatarey ſich davon mit Federn<lb/> zu ihren Pfeilen verſehen; ungeachtet nicht<lb/> mehr als zwoͤlf Kiele, und zwar von dem<lb/> Schwanze, dazu gebraucht werden koͤnnen,<lb/> die man insgemein um einen Loͤwenthaler<lb/> <fw place="bottom" type="sig">3 R 2</fw> <fw place="bottom" type="catch">verkau-</fw></note><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [499/0607]
19. Muhaͤmmed der IIII
genommen haͤtte. Denn, als die Feldherren des kaiſerlichen Heeres (die die
Hoffnung hatten, die Stadt zu erobern, ehe der Seraͤskjer Verſtaͤrkung erhielte)
merken, daß ſie itzo ihre Arbeit wieder von vorne anfangen muͤßten: ſo berufen
ſie die uͤbrigen Befehlhaber zu einem Kriegsrathe zuſammen, und verlangen
ihre Meinung zu wiſſen, ob es rathſam ſey, die Belagerung fortzuſetzen, oder
nicht. Faſt alle geben den Rath, dieſelbe aufzuheben; weil es allzu gefaͤhrlich
zu ſeyn ſchiene, zu gleicher Zeit die Stadt zu belagern, und auch mit einem uͤber-
legenen Heere zu fechten: wie es ſich dann an dem Beyſpiele des Feindes bey
der Belagerung von Wien gezeiget hatte, was fuͤr großen Verluſt ein Heer
durch dergleichen Anſchlaͤge leiden koͤnne. Da nun ſolchergeſtalt ihre Hitze
durch die Klugheit gemaͤßiget wurde; die Tuͤrken auch keinen Widerſtand tha-
ten: ſo zogen ſich die Deutſchen am drey und zwanzigſten des Monats Sſuͤl-
kaͤde, nach einer Belagerung von dreyen Monaten, dadurch ſie ziemlich waren
geſchwaͤchet worden, nebſt ihren Ruͤſtwaͤgen von der Stadt zuruͤck, nachdem ſie
ihr grobes Geſchuͤtz vorausgeſchicket hatten. Die Tuͤrken, die wegen dieſer Be-
lagerung bisher zwiſchen Furcht und Hoffnung geſchwebet hatten, ſchoͤpften hier-
auf wieder friſchen Muth, und genoſſen, nach Ausſtehung eines ſo großen Stur-
mes, der ſehnlich gewuͤnſchten Ruhe.
104. Waͤhrend der Zeit hatte der Graf Lesley, den der Herzog von
Lothringen mit einer Anzahl Truppen in Slawonien geſendet hatte, Wirrowit,
eine anſehnliche Feſtung deſſelben Landes, belagert, den tuͤrkiſchen Entſatz in
zwoen Schlachten uͤberwunden, und die Waͤlle mit ſolcher Heftigkeit beſtuͤrmet,
daß die Beſatzung genoͤthiget war, ſich am drey und zwanzigſten des Monats
Schaͤban zu ergeben. Um eben dieſelbe Zeit wurde Teoͤkeoͤli von den Kaiſer-
lichen bey Eperjes in Oberungarn aus dem Felde geſchlagen, und deſſen gehei-
me Kanzley und Reiſezeug von den Ueberwindern erbeutet.
Die Kaiſerli-
chen erhalten
abermals zweene
Siege uͤber die
Tuͤrken.
105. Mittlerweile, da der Seraͤskjer von Ungarn ſolchergeſtalt gegen die
Deutſchen mit zweifelhaftem Gluͤcke kriegete, fochte Aenadſchi Suͤlejman Paſcha
gegen die Polen bey Babadagi
⁶⁷
mit beſſerem Vortheile, da derſelbe ſein Heer
verſammelt hatte und damit bey Saktſche uͤber die Donau ging. Weil er aber
vernahm,
ſchaft dieſer Stadt trifft man Adler an, von
den Tuͤrken und Tatarn Gjuͤdſchigjin genennet,
die an Groͤße alle die andern Voͤgel uͤbertref-
fen, und ſich in ſolcher Menge daſelbſt auf-
halten, daß die Bogenmacher durch die ganze
Tuͤrkey und Tatarey ſich davon mit Federn
zu ihren Pfeilen verſehen; ungeachtet nicht
mehr als zwoͤlf Kiele, und zwar von dem
Schwanze, dazu gebraucht werden koͤnnen,
die man insgemein um einen Loͤwenthaler
verkau-
Der Seraͤskjer
ſetzet die Sachen
in Walachey und
Moldau auf ei-
nen beſſern Fuß;
3 R 2
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |