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Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745.

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Osmanische Geschichte
mit seinen Truppen, und setzte Michael Apafi zum Fürsten desselben Landes ein,
unter der Bedingung eines gewissen Tributs.

Muhämmed
machet mit den
Deutschen Frie-den:
3.

Der Kaiser in Deutschland gerieth über die glücklichen Unternehmun-
gen der Osmanen in eine solche Furcht und Schrecken, daß er einen Abgesand-
ten an den Weßir schickte und bey demselben um Frieden anhalten ließ, mit dem
Versprechen, daß er alles, was die Türken im Besitze hätten, denselben über-
lassen wollte. Weil aber der Weßir die Absichten des Kaisers nicht völlig be-
griffe: so nahm er den Abgesandten mit sich nach Hofe, da derselbe bey Nei-
gung seines Haupts den Staub der hohen Thürschwelle mit seinem Angesichte 4 abwischte, und durch sein Flehen den begehrten Frieden auf zwanzig Jahre er-
langte, unter solchen Bedingungen, welche dem Sultane selbst vorzuschreiben
beliebte.

erneuert den kre-tischen Krieg.
4.

Nachdem der Friede von beyderseitigen Fürsten durch ihre Gevoll-
mächtigten feierlich beschworen war: so fassete der Sultan den Entschluß, den
kretischen Krieg, den man bisher wegen anderer Geschäffte nur langsam fortge-
setzet hatte, mit mehrerem Nachdrucke zu erneuern. Es war derselbe von seinem
Vater Ibrahim gegen die Venetianer angefangen worden, und dieser hatte be-
reits Chanije nebst den umliegenden Festungen eingenommen, und beynahe alle
die alten Einwohner aus dem Eylande vertrieben. Der einzige Platz, den die
Feinde noch inne hatten, war Kandia, bey dem sowol die Natur als Kunst eine
Probe zeigen wollte, was zum Verderben der Belagerer aufgebracht werden
könnte. Die müsülmanischen Truppen hatten zwar öftere Angriffe gethan; sie
waren aber allezeit mit Verluste zurück geschlagen worden: und dennoch konnte
man sich von dem Besitze des Eylandes nicht versichert halten, so lange die
Feinde noch einen freyen Hafen hatten, aus dem sie dasselbe, wann es ihnen
beliebte, angreifen konnten. Muhämmed entschloß sich also, die Kräfte des
ganzen Reiches anzuspannen, um eine Klippe wegzuräumen, an der die osma-
nische Flote schon oft gescheitert war. Die Ausführung dessen trug derselbe
Aehmed Kjüprili Ogli Pascha auf, der sich bereits in dem letztern Kriege mit
den Deutschen besonders hervorgethan hatte.

[Spaltenumbruch]
ker: den Aufseher und Bewahrer der wahren
Gesetze; imgleichen der guten und heiligen
Gebräuche: den Zerbrecher der Glocken der
irrenden und gotteslästerlichen Völker: den
furchtbaren Anführer: den Gelehrtesten;
[Spaltenumbruch]
Gnädigsten, u. s. w. Er ist der einzige We-
ßir gewesen, der diese Würde von seinem Va-
ter bekommen, und dieselbe gleichsam durch
ein Erbrecht auf seinen Sohn und Enkel ge-
bracht hat.
5. Am

Osmaniſche Geſchichte
mit ſeinen Truppen, und ſetzte Michael Apafi zum Fuͤrſten deſſelben Landes ein,
unter der Bedingung eines gewiſſen Tributs.

Muhaͤmmed
machet mit den
Deutſchen Frie-den:
3.

Der Kaiſer in Deutſchland gerieth uͤber die gluͤcklichen Unternehmun-
gen der Osmanen in eine ſolche Furcht und Schrecken, daß er einen Abgeſand-
ten an den Weßir ſchickte und bey demſelben um Frieden anhalten ließ, mit dem
Verſprechen, daß er alles, was die Tuͤrken im Beſitze haͤtten, denſelben uͤber-
laſſen wollte. Weil aber der Weßir die Abſichten des Kaiſers nicht voͤllig be-
griffe: ſo nahm er den Abgeſandten mit ſich nach Hofe, da derſelbe bey Nei-
gung ſeines Haupts den Staub der hohen Thuͤrſchwelle mit ſeinem Angeſichte 4 abwiſchte, und durch ſein Flehen den begehrten Frieden auf zwanzig Jahre er-
langte, unter ſolchen Bedingungen, welche dem Sultane ſelbſt vorzuſchreiben
beliebte.

erneuert den kre-tiſchen Krieg.
4.

Nachdem der Friede von beyderſeitigen Fuͤrſten durch ihre Gevoll-
maͤchtigten feierlich beſchworen war: ſo faſſete der Sultan den Entſchluß, den
kretiſchen Krieg, den man bisher wegen anderer Geſchaͤffte nur langſam fortge-
ſetzet hatte, mit mehrerem Nachdrucke zu erneuern. Es war derſelbe von ſeinem
Vater Ibrahim gegen die Venetianer angefangen worden, und dieſer hatte be-
reits Chanije nebſt den umliegenden Feſtungen eingenommen, und beynahe alle
die alten Einwohner aus dem Eylande vertrieben. Der einzige Platz, den die
Feinde noch inne hatten, war Kandia, bey dem ſowol die Natur als Kunſt eine
Probe zeigen wollte, was zum Verderben der Belagerer aufgebracht werden
koͤnnte. Die muͤſuͤlmaniſchen Truppen hatten zwar oͤftere Angriffe gethan; ſie
waren aber allezeit mit Verluſte zuruͤck geſchlagen worden: und dennoch konnte
man ſich von dem Beſitze des Eylandes nicht verſichert halten, ſo lange die
Feinde noch einen freyen Hafen hatten, aus dem ſie daſſelbe, wann es ihnen
beliebte, angreifen konnten. Muhaͤmmed entſchloß ſich alſo, die Kraͤfte des
ganzen Reiches anzuſpannen, um eine Klippe wegzuraͤumen, an der die osma-
niſche Flote ſchon oft geſcheitert war. Die Ausfuͤhrung deſſen trug derſelbe
Aehmed Kjuͤprili Ogli Paſcha auf, der ſich bereits in dem letztern Kriege mit
den Deutſchen beſonders hervorgethan hatte.

[Spaltenumbruch]
ker: den Aufſeher und Bewahrer der wahren
Geſetze; imgleichen der guten und heiligen
Gebraͤuche: den Zerbrecher der Glocken der
irrenden und gotteslaͤſterlichen Voͤlker: den
furchtbaren Anfuͤhrer: den Gelehrteſten;
[Spaltenumbruch]
Gnaͤdigſten, u. ſ. w. Er iſt der einzige We-
ßir geweſen, der dieſe Wuͤrde von ſeinem Va-
ter bekommen, und dieſelbe gleichſam durch
ein Erbrecht auf ſeinen Sohn und Enkel ge-
bracht hat.
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[390/0498] Osmaniſche Geſchichte mit ſeinen Truppen, und ſetzte Michael Apafi zum Fuͤrſten deſſelben Landes ein, unter der Bedingung eines gewiſſen Tributs. 3. Der Kaiſer in Deutſchland gerieth uͤber die gluͤcklichen Unternehmun- gen der Osmanen in eine ſolche Furcht und Schrecken, daß er einen Abgeſand- ten an den Weßir ſchickte und bey demſelben um Frieden anhalten ließ, mit dem Verſprechen, daß er alles, was die Tuͤrken im Beſitze haͤtten, denſelben uͤber- laſſen wollte. Weil aber der Weßir die Abſichten des Kaiſers nicht voͤllig be- griffe: ſo nahm er den Abgeſandten mit ſich nach Hofe, da derſelbe bey Nei- gung ſeines Haupts den Staub der hohen Thuͤrſchwelle mit ſeinem Angeſichte ⁴ abwiſchte, und durch ſein Flehen den begehrten Frieden auf zwanzig Jahre er- langte, unter ſolchen Bedingungen, welche dem Sultane ſelbſt vorzuſchreiben beliebte. 4. Nachdem der Friede von beyderſeitigen Fuͤrſten durch ihre Gevoll- maͤchtigten feierlich beſchworen war: ſo faſſete der Sultan den Entſchluß, den kretiſchen Krieg, den man bisher wegen anderer Geſchaͤffte nur langſam fortge- ſetzet hatte, mit mehrerem Nachdrucke zu erneuern. Es war derſelbe von ſeinem Vater Ibrahim gegen die Venetianer angefangen worden, und dieſer hatte be- reits Chanije nebſt den umliegenden Feſtungen eingenommen, und beynahe alle die alten Einwohner aus dem Eylande vertrieben. Der einzige Platz, den die Feinde noch inne hatten, war Kandia, bey dem ſowol die Natur als Kunſt eine Probe zeigen wollte, was zum Verderben der Belagerer aufgebracht werden koͤnnte. Die muͤſuͤlmaniſchen Truppen hatten zwar oͤftere Angriffe gethan; ſie waren aber allezeit mit Verluſte zuruͤck geſchlagen worden: und dennoch konnte man ſich von dem Beſitze des Eylandes nicht verſichert halten, ſo lange die Feinde noch einen freyen Hafen hatten, aus dem ſie daſſelbe, wann es ihnen beliebte, angreifen konnten. Muhaͤmmed entſchloß ſich alſo, die Kraͤfte des ganzen Reiches anzuſpannen, um eine Klippe wegzuraͤumen, an der die osma- niſche Flote ſchon oft geſcheitert war. Die Ausfuͤhrung deſſen trug derſelbe Aehmed Kjuͤprili Ogli Paſcha auf, der ſich bereits in dem letztern Kriege mit den Deutſchen beſonders hervorgethan hatte. 5. Am ker: den Aufſeher und Bewahrer der wahren Geſetze; imgleichen der guten und heiligen Gebraͤuche: den Zerbrecher der Glocken der irrenden und gotteslaͤſterlichen Voͤlker: den furchtbaren Anfuͤhrer: den Gelehrteſten; Gnaͤdigſten, u. ſ. w. Er iſt der einzige We- ßir geweſen, der dieſe Wuͤrde von ſeinem Va- ter bekommen, und dieſelbe gleichſam durch ein Erbrecht auf ſeinen Sohn und Enkel ge- bracht hat.

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Zitationshilfe: Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745, S. 390. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cantemir_geschichte_1745/498>, abgerufen am 22.11.2024.