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Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745.

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Osmanische Geschichte
beobachtet wird, so oft der Fürst von Moldau an den osmanischen Hof
kommt.

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und lässet ihn mit den gewöhnlichen Geschen-
ken von sich. Nachdem derselbe hierauf ei-
nige Tage angewendet, seine Sachen mit dem
Hofe in Richtigkeit zu bringen: so wird er in
den großen Diwan geführet, in dem der ober-
ste Weßir mit den übrigen Kübbe Weßirleri
und den zweenen Kaßijüläskjer dem Kaiser
zur rechten Hand stehen. Kapudschilar Kjet-
chudasi oder der oberste Thürhüter, leget dem
Fürsten in dem Vorzimmer Aerßodasi oder
des Gehörsales den Statsrock an, der Muh-
ßir Aga setzet ihm das Kuka auf das Haupt,
und reichet allen Baronen des Fürsten, deren
ordentlich acht und zwanzig an der Zahl sind,
neue Röcke. In diesem Schmucke, und un-
ter Begleitung zweener Kapudschi Baschi auf
ieder Seite, die ihn unter den Armen halten,
in Vorhertretung des obersten Thürhüters
und Nachfolgung des Hofdolmetschers (der
gemeiniglich ein griechischer Christ ist), gehet
derselbe mit vieren seiner Baronen in das Ge-
hörzimmer. Bey dem Eintritte bieget er sich
dreymal mit dem Kopfe bis an die Erde;
und wann er in die Mitte des Zimmers kommt
(das so sehr groß nicht ist): so bleibet er da-
selbst aufrecht stehen. Alsdann wendet sich
der Kaiser von dem Throne (Tächt) zu dem
Weßire, und befiehlet ihm, demselben zu sa-
gen: "Weil seine Treue und Redlichkeit
"meiner Majestät zu Ohren gekommen ist;
"so übergebe ich ihm in Gnaden, zur Be-
"lohnung dessen, das Fürstenthum Moldau.
"Es ist daher seine Schuldigkeit, es an sei-
"ner Treue und seinen Diensten hinführo
"nicht ermangeln zu lassen. Er wolle die
"ihm untergebenen Länder beschützen und
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"vertheidigen, und sich sorgfältig hüten,
"nichts gegen oder über meinen Befehl zu
"thun." Hierauf antwortet der Fürst:
"Ich gelobe bey meinem Leben und Haupte,
"alle meine Kräfte zum Dienste meines aller-
"gerechtesten und allergnädigsten Kaisers
"anzustrengen, so lange, als derselbe den
"Anblick seiner Gnade und Majestät nicht
"von der Nichtigkeit seines Knechtes"
(das ist, von seinem unnützen Knechte) "ab-
"kehren wird." Nach diesen Worten ge-
het der Fürst wieder zu dem Zimmer hinaus,
mit eben dem Geleite, als er herein gekom-
men war: setzet sich an dem innern Thore
des Hofes auf ein kaiserliches Pferd, grüßet
den obersten und die übrigen Weßire, so wie
sie vorbey ziehen, die mit einem Kopfnicken
danken, und kehret hierauf unter Begleitung
der Barone und seiner ganzen Gesellschaft
wieder nach Hause. Wann es nun an dem
ist, daß derselbe sich in sein Fürstenthum be-
geben will: so bekommt einer von den Hof-
bedienten, der Sultan mag sich zu Constan-
tinopel oder zu Adrianopel aufhalten, näm-
lich entweder der Silahtar Aga, Tschokadar
Aga, Miri Ochor Aga, Kapudschilar Kjiha-
jasi, oder einer von den ältesten Kapudschi
Baschi, Befehl, ihn auf den Thron zu setzen.
Zu demselben kommen auch zween Pejkj oder
Mann kaiserlicher Leibwache, in ihrem Stats-
aufzuge von Silber und Golde, und zween
Akkjülahlü (diesen Namen führen sie von den
weißen Hüten, die sie ordentlicher Weise tra-
gen*), imgleichen so viel Kapudschi und
Tschawsch, als dem Fürsten beliebet. Dieser
ihr Amt ist, daß sie, wann der Fürst zu Pferde
18. Gegen
* Ak heißet weiß, Kjülah ein Hut, und lü ist die Endung eines Innehabers oder Besitzers.

Osmaniſche Geſchichte
beobachtet wird, ſo oft der Fuͤrſt von Moldau an den osmaniſchen Hof
kommt.

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und laͤſſet ihn mit den gewoͤhnlichen Geſchen-
ken von ſich. Nachdem derſelbe hierauf ei-
nige Tage angewendet, ſeine Sachen mit dem
Hofe in Richtigkeit zu bringen: ſo wird er in
den großen Diwan gefuͤhret, in dem der ober-
ſte Weßir mit den uͤbrigen Kuͤbbe Weßirleri
und den zweenen Kaßijuͤlaͤskjer dem Kaiſer
zur rechten Hand ſtehen. Kapudſchilar Kjet-
chudaſi oder der oberſte Thuͤrhuͤter, leget dem
Fuͤrſten in dem Vorzimmer Aerßodaſi oder
des Gehoͤrſales den Statsrock an, der Muh-
ßir Aga ſetzet ihm das Kuka auf das Haupt,
und reichet allen Baronen des Fuͤrſten, deren
ordentlich acht und zwanzig an der Zahl ſind,
neue Roͤcke. In dieſem Schmucke, und un-
ter Begleitung zweener Kapudſchi Baſchi auf
ieder Seite, die ihn unter den Armen halten,
in Vorhertretung des oberſten Thuͤrhuͤters
und Nachfolgung des Hofdolmetſchers (der
gemeiniglich ein griechiſcher Chriſt iſt), gehet
derſelbe mit vieren ſeiner Baronen in das Ge-
hoͤrzimmer. Bey dem Eintritte bieget er ſich
dreymal mit dem Kopfe bis an die Erde;
und wann er in die Mitte des Zimmers kommt
(das ſo ſehr groß nicht iſt): ſo bleibet er da-
ſelbſt aufrecht ſtehen. Alsdann wendet ſich
der Kaiſer von dem Throne (Taͤcht) zu dem
Weßire, und befiehlet ihm, demſelben zu ſa-
gen: “Weil ſeine Treue und Redlichkeit
“meiner Majeſtaͤt zu Ohren gekommen iſt;
“ſo uͤbergebe ich ihm in Gnaden, zur Be-
“lohnung deſſen, das Fuͤrſtenthum Moldau.
“Es iſt daher ſeine Schuldigkeit, es an ſei-
“ner Treue und ſeinen Dienſten hinfuͤhro
“nicht ermangeln zu laſſen. Er wolle die
“ihm untergebenen Laͤnder beſchuͤtzen und
[Spaltenumbruch]
“vertheidigen, und ſich ſorgfaͤltig huͤten,
“nichts gegen oder uͤber meinen Befehl zu
“thun.„ Hierauf antwortet der Fuͤrſt:
“Ich gelobe bey meinem Leben und Haupte,
“alle meine Kraͤfte zum Dienſte meines aller-
“gerechteſten und allergnaͤdigſten Kaiſers
“anzuſtrengen, ſo lange, als derſelbe den
“Anblick ſeiner Gnade und Majeſtaͤt nicht
“von der Nichtigkeit ſeines Knechtes„
(das iſt, von ſeinem unnuͤtzen Knechte) “ab-
“kehren wird.„ Nach dieſen Worten ge-
het der Fuͤrſt wieder zu dem Zimmer hinaus,
mit eben dem Geleite, als er herein gekom-
men war: ſetzet ſich an dem innern Thore
des Hofes auf ein kaiſerliches Pferd, gruͤßet
den oberſten und die uͤbrigen Weßire, ſo wie
ſie vorbey ziehen, die mit einem Kopfnicken
danken, und kehret hierauf unter Begleitung
der Barone und ſeiner ganzen Geſellſchaft
wieder nach Hauſe. Wann es nun an dem
iſt, daß derſelbe ſich in ſein Fuͤrſtenthum be-
geben will: ſo bekommt einer von den Hof-
bedienten, der Sultan mag ſich zu Conſtan-
tinopel oder zu Adrianopel aufhalten, naͤm-
lich entweder der Silahtar Aga, Tſchokadar
Aga, Miri Ochor Aga, Kapudſchilar Kjiha-
jaſi, oder einer von den aͤlteſten Kapudſchi
Baſchi, Befehl, ihn auf den Thron zu ſetzen.
Zu demſelben kommen auch zween Pejkj oder
Mann kaiſerlicher Leibwache, in ihrem Stats-
aufzuge von Silber und Golde, und zween
Akkjuͤlahluͤ (dieſen Namen fuͤhren ſie von den
weißen Huͤten, die ſie ordentlicher Weiſe tra-
gen*), imgleichen ſo viel Kapudſchi und
Tſchawſch, als dem Fuͤrſten beliebet. Dieſer
ihr Amt iſt, daß ſie, wann der Fuͤrſt zu Pferde
18. Gegen
* Ak heißet weiß, Kjuͤlah ein Hut, und luͤ iſt die Endung eines Innehabers oder Beſitzers.
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[286/0376] Osmaniſche Geſchichte beobachtet wird, ſo oft der Fuͤrſt von Moldau an den osmaniſchen Hof kommt. 18. Gegen und laͤſſet ihn mit den gewoͤhnlichen Geſchen- ken von ſich. Nachdem derſelbe hierauf ei- nige Tage angewendet, ſeine Sachen mit dem Hofe in Richtigkeit zu bringen: ſo wird er in den großen Diwan gefuͤhret, in dem der ober- ſte Weßir mit den uͤbrigen Kuͤbbe Weßirleri und den zweenen Kaßijuͤlaͤskjer dem Kaiſer zur rechten Hand ſtehen. Kapudſchilar Kjet- chudaſi oder der oberſte Thuͤrhuͤter, leget dem Fuͤrſten in dem Vorzimmer Aerßodaſi oder des Gehoͤrſales den Statsrock an, der Muh- ßir Aga ſetzet ihm das Kuka auf das Haupt, und reichet allen Baronen des Fuͤrſten, deren ordentlich acht und zwanzig an der Zahl ſind, neue Roͤcke. In dieſem Schmucke, und un- ter Begleitung zweener Kapudſchi Baſchi auf ieder Seite, die ihn unter den Armen halten, in Vorhertretung des oberſten Thuͤrhuͤters und Nachfolgung des Hofdolmetſchers (der gemeiniglich ein griechiſcher Chriſt iſt), gehet derſelbe mit vieren ſeiner Baronen in das Ge- hoͤrzimmer. Bey dem Eintritte bieget er ſich dreymal mit dem Kopfe bis an die Erde; und wann er in die Mitte des Zimmers kommt (das ſo ſehr groß nicht iſt): ſo bleibet er da- ſelbſt aufrecht ſtehen. Alsdann wendet ſich der Kaiſer von dem Throne (Taͤcht) zu dem Weßire, und befiehlet ihm, demſelben zu ſa- gen: “Weil ſeine Treue und Redlichkeit “meiner Majeſtaͤt zu Ohren gekommen iſt; “ſo uͤbergebe ich ihm in Gnaden, zur Be- “lohnung deſſen, das Fuͤrſtenthum Moldau. “Es iſt daher ſeine Schuldigkeit, es an ſei- “ner Treue und ſeinen Dienſten hinfuͤhro “nicht ermangeln zu laſſen. Er wolle die “ihm untergebenen Laͤnder beſchuͤtzen und “vertheidigen, und ſich ſorgfaͤltig huͤten, “nichts gegen oder uͤber meinen Befehl zu “thun.„ Hierauf antwortet der Fuͤrſt: “Ich gelobe bey meinem Leben und Haupte, “alle meine Kraͤfte zum Dienſte meines aller- “gerechteſten und allergnaͤdigſten Kaiſers “anzuſtrengen, ſo lange, als derſelbe den “Anblick ſeiner Gnade und Majeſtaͤt nicht “von der Nichtigkeit ſeines Knechtes„ (das iſt, von ſeinem unnuͤtzen Knechte) “ab- “kehren wird.„ Nach dieſen Worten ge- het der Fuͤrſt wieder zu dem Zimmer hinaus, mit eben dem Geleite, als er herein gekom- men war: ſetzet ſich an dem innern Thore des Hofes auf ein kaiſerliches Pferd, gruͤßet den oberſten und die uͤbrigen Weßire, ſo wie ſie vorbey ziehen, die mit einem Kopfnicken danken, und kehret hierauf unter Begleitung der Barone und ſeiner ganzen Geſellſchaft wieder nach Hauſe. Wann es nun an dem iſt, daß derſelbe ſich in ſein Fuͤrſtenthum be- geben will: ſo bekommt einer von den Hof- bedienten, der Sultan mag ſich zu Conſtan- tinopel oder zu Adrianopel aufhalten, naͤm- lich entweder der Silahtar Aga, Tſchokadar Aga, Miri Ochor Aga, Kapudſchilar Kjiha- jaſi, oder einer von den aͤlteſten Kapudſchi Baſchi, Befehl, ihn auf den Thron zu ſetzen. Zu demſelben kommen auch zween Pejkj oder Mann kaiſerlicher Leibwache, in ihrem Stats- aufzuge von Silber und Golde, und zween Akkjuͤlahluͤ (dieſen Namen fuͤhren ſie von den weißen Huͤten, die ſie ordentlicher Weiſe tra- gen *), imgleichen ſo viel Kapudſchi und Tſchawſch, als dem Fuͤrſten beliebet. Dieſer ihr Amt iſt, daß ſie, wann der Fuͤrſt zu Pferde ſteiget * Ak heißet weiß, Kjuͤlah ein Hut, und luͤ iſt die Endung eines Innehabers oder Beſitzers.

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Zitationshilfe: Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745, S. 286. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cantemir_geschichte_1745/376>, abgerufen am 22.11.2024.