Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745.Osmanische Geschichte Wird nochmalsgeschlagen, und fliehet zu denChristen, 9. Allein, sein Vorhaben hatte auch diesesmal keinen bessern Fortgang. eine Gattung Reiter unter ihren Weßiren, die bey öffentlichen Feierlichkeiten den Aegäwat oder Hofkriegsbefehlhabern vorgehen, und ein ungarisches oder bosnisches Kleid tragen. Ihr Oberster wird Gjöng-üllü Agasi genen- net. Diesen ist noch ein anderes Schwadron Reiter ähnlich, Deliler genennet, das ist, Narren oder Unsinnige*. Sie stunden vor diesem unter keiner Kriegeszucht, sondern liefen blindlings zu, und fielen den Feind von allen Seiten an. Nach der Zeit wurden sie in Ordnung gebracht: verloren aber da- durch ihre alte Tapferkeit, und behielten bloß den Namen davon übrig. Ich habe auch von keiner einzigen merkwürdigen That ge- höret, die sie in den letztern Zeiten gethan hätten, noch dergleichen in einer Schlacht [Spaltenumbruch] von ihnen gesehen, da ich zugegen gewesen bin. 10 nach Rhodes] Die christlichen Schriftsteller erzählen uns, er sey daselbst von dem Großmeister wohl aufgenommen worden: dieser habe ihm ein gutes Geleite mitgegeben, und ihn zu dem Pabste Innozent dem VIII geschicket: nachgehends sey er dem Könige in Frankreich, Carl dem VIII, über- geben worden, der sich damals auf den nea- politanischen Feldzug gerüstet habe. Hier- auf habe ihn Alexander der VI (sagen eben diese Schriftsteller) mit Gifte hinrichten las- sen, aus Beysorge, Carl möchte ihn an Ba- jeßid ausliefern und sich dadurch allzu hoch um denselben verdient machen. ihn * In dem gegenwärtigen Verstande wird das Wort für kühn, beherzt, genommen, und bedeutet so viel,
als Wagehälse. Osmaniſche Geſchichte Wird nochmalsgeſchlagen, und fliehet zu denChriſten, 9. Allein, ſein Vorhaben hatte auch dieſesmal keinen beſſern Fortgang. eine Gattung Reiter unter ihren Weßiren, die bey oͤffentlichen Feierlichkeiten den Aegaͤwat oder Hofkriegsbefehlhabern vorgehen, und ein ungariſches oder bosniſches Kleid tragen. Ihr Oberſter wird Gjoͤng-uͤlluͤ Agaſi genen- net. Dieſen iſt noch ein anderes Schwadron Reiter aͤhnlich, Deliler genennet, das iſt, Narren oder Unſinnige*. Sie ſtunden vor dieſem unter keiner Kriegeszucht, ſondern liefen blindlings zu, und fielen den Feind von allen Seiten an. Nach der Zeit wurden ſie in Ordnung gebracht: verloren aber da- durch ihre alte Tapferkeit, und behielten bloß den Namen davon uͤbrig. Ich habe auch von keiner einzigen merkwuͤrdigen That ge- hoͤret, die ſie in den letztern Zeiten gethan haͤtten, noch dergleichen in einer Schlacht [Spaltenumbruch] von ihnen geſehen, da ich zugegen geweſen bin. 10 nach Rhodes] Die chriſtlichen Schriftſteller erzaͤhlen uns, er ſey daſelbſt von dem Großmeiſter wohl aufgenommen worden: dieſer habe ihm ein gutes Geleite mitgegeben, und ihn zu dem Pabſte Innozent dem VIII geſchicket: nachgehends ſey er dem Koͤnige in Frankreich, Carl dem VIII, uͤber- geben worden, der ſich damals auf den nea- politaniſchen Feldzug geruͤſtet habe. Hier- auf habe ihn Alexander der VI (ſagen eben dieſe Schriftſteller) mit Gifte hinrichten laſ- ſen, aus Beyſorge, Carl moͤchte ihn an Ba- jeßid ausliefern und ſich dadurch allzu hoch um denſelben verdient machen. ihn * In dem gegenwaͤrtigen Verſtande wird das Wort fuͤr kuͤhn, beherzt, genommen, und bedeutet ſo viel,
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Osmaniſche Geſchichte
9. Allein, ſein Vorhaben hatte auch dieſesmal keinen beſſern Fortgang.
Denn als Bajeßid von den neuen Bewegungen ſeines Bruders benachrichtiget
wurde: ſo ſchickte er ein Kriegesheer gegen ihn ins Feld, dadurch derſelbe gar
leicht uͤberwunden und ſeine ungeuͤbten Truppen in die Flucht geſchlagen wur-
den. Dſchem wandert nach dieſer Niederlage eine Zeitlang verkleidet, ohne
Diener und Gefaͤhrten, an den Seeplaͤtzen herum, und trifft endlich ein Schiff
an, das nach Italien beſtimmet iſt. Mit dieſem ſegelt er erſtlich nach Rho-
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, und von da machet er in Geſellſchaft einiger Rhodiſer einen Beſuch bey
dem Pabſte
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, durch deſſen Empfehlung er von dem Koͤnige zu Neapel
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mit
vieler Hochachtung aufgenommen wird. Er traͤget demſelben in einer zierli-
chen und artigen Rede die Urſachen ſeiner Flucht vor, und rufet die chriſtlichen
Fuͤrſten um Beyſtand an, um zu ſeinem vaͤterlichen Erbtheile zu gelangen:
verſpricht auch zugleich mit einem Eide, daß, im Fall er durch ihre Huͤlfe zum
Beſitze ſeines Reiches kaͤme, die Osmanen niemals wieder einen Fuß in das
chriſtliche Gebiete ſetzen ſollten, und daß er den geſchloſſenen Friedensvergleich
zwiſchen den Chriſten und ſeinem verſtorbenen Vater heilig halten wollte. Die
chriſtlichen Fuͤrſten
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, die durch die osmaniſchen Waffen in großes Schrecken
waren geſetzet worden, ermahnen ihn, guten Muth zu faſſen, mit der Ver-
ſicherung, daß ſie ihr Aeußerſtes thun und keine Gelegenheit verſaͤumen wollten,
ihn
eine Gattung Reiter unter ihren Weßiren,
die bey oͤffentlichen Feierlichkeiten den Aegaͤwat
oder Hofkriegsbefehlhabern vorgehen, und ein
ungariſches oder bosniſches Kleid tragen.
Ihr Oberſter wird Gjoͤng-uͤlluͤ Agaſi genen-
net. Dieſen iſt noch ein anderes Schwadron
Reiter aͤhnlich, Deliler genennet, das iſt,
Narren oder Unſinnige *. Sie ſtunden vor
dieſem unter keiner Kriegeszucht, ſondern
liefen blindlings zu, und fielen den Feind
von allen Seiten an. Nach der Zeit wurden
ſie in Ordnung gebracht: verloren aber da-
durch ihre alte Tapferkeit, und behielten bloß
den Namen davon uͤbrig. Ich habe auch
von keiner einzigen merkwuͤrdigen That ge-
hoͤret, die ſie in den letztern Zeiten gethan
haͤtten, noch dergleichen in einer Schlacht
von ihnen geſehen, da ich zugegen geweſen
bin.
¹⁰ nach Rhodes] Die chriſtlichen
Schriftſteller erzaͤhlen uns, er ſey daſelbſt
von dem Großmeiſter wohl aufgenommen
worden: dieſer habe ihm ein gutes Geleite
mitgegeben, und ihn zu dem Pabſte Innozent
dem VIII geſchicket: nachgehends ſey er dem
Koͤnige in Frankreich, Carl dem VIII, uͤber-
geben worden, der ſich damals auf den nea-
politaniſchen Feldzug geruͤſtet habe. Hier-
auf habe ihn Alexander der VI (ſagen eben
dieſe Schriftſteller) mit Gifte hinrichten laſ-
ſen, aus Beyſorge, Carl moͤchte ihn an Ba-
jeßid ausliefern und ſich dadurch allzu hoch
um denſelben verdient machen.
* In dem gegenwaͤrtigen Verſtande wird das Wort fuͤr kuͤhn, beherzt, genommen, und bedeutet ſo viel,
als Wagehaͤlſe.
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