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Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745.

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Osmanische Geschichte
der Türken seinen Bruder gar leicht, brachte denselben um, und nahm hierauf
sein Land wieder in Besitz. Dieses war der erste Chan der Tatarn, der
von den Türken eingesetzet wurde, und das Chutbe in der Krim zuerst, im Na-
men des osmanischen Kaisers, in das öffentliche Gebet setzen ließ.

Die Türken wer-
den von den
Moldauern ge-schlagen.
29.

Indem diese Dinge in der tatarischen Halbinsel vorgehen: so führet
Sülejman Pascha ein ansehnliches Kriegesheer in die Moldau. Stephan,
Tekkjur in Moldau 45, stößet auf denselben nicht weit von Faltschij 46, an dem
Gestade des Pruts. Hier fechten sie nun lange mit einander, mit großer Tap-
ferkeit und zweifelhaftem Glücke. Endlich aber werden die Müsülmanen durch
die Nachlässigkeit ihres Feldherrn über einen Haufen geworfen: der Feldherr
selbst bleibet in dem Treffen, viele werden erschlagen, einige zu Kriegsgefange-
nen gemacht, und die übrigen entkommen durch die Flucht über die Donau.

Moldau wird
von den Türkenverwüstet.
30.

Auf die erhaltene Nachricht von dieser Niederlage wird Muhämmed
voll Grimmes, und gehet im folgenden Jahre in eigener Person mit seiner gan-
H. 877.



J. C. 1472.zen Kriegesmacht in die Moldau. Weil nun der Feind, der einem solchen Heere
sich zu widersetzen nicht im Stande war, sich nirgends sehen lässet: so verwüstet
derselbe das ganze Land, bis auf den gebirgigen Theil desselben, und führet eine
unzählige Menge Vieh und Gefangenen mit sich hinweg.

[Spaltenumbruch]
Gjiraj iemals wieder zu dieser Ehre gelangen
werden, ob sie gleich die Aemter von Kalga
Sultan, Nureddin* und dergleichen, ver-
walten können, welche ihre Anverwandten zu
vergeben berechtiget sind.
45 Tekkjur in Moldau] Das ist, Kö-
nig in Moldau. Dieses ist Stephan, mit
dem Zunamen der Große, dessen in einer der
vorhergehenden Anmerkungen2* Erwähnung
geschehen ist. Moldau selbst wird bey den
Türken oft Bogdan genennet, von Bogdan,
dem Sohne dieses Stephans, von dem an
einem andern Orte ausführlicher soll gehan-
delt werden.
[Spaltenumbruch]
46 Faltschij] Eine Stadt und Land-
schaft in Moldau, an dem Flusse Prut, zehen
Meilen3* von Hüssi (da Kaiser Peter in Ruß-
land nach einem viertägigen Gefechte im Jah-
re 1711 mit den Türken Friede machte) gegen
Süden nach dem Ufer des Isters zu gelegen.
Weil ich mich damals erinnerte, daß ich et-
liche Jahre zuvor in Herodotus von dem krie-
gerischen Volke und der großen Stadt Taj-
phali jenseits der Donau gelesen hatte: so
schickte ich aus Neugierigkeit einige Leute da-
hin, die da nachforschen sollten, ob sie nicht
jenseits des Flusses einige Gebäude entdecken
könnten. Bey ihrer Rückkunft brachten sie
mir den Bericht, daß sie nicht weit von dieser
31. Im
* Diese Aemter werden von dem Verfasser im 1 Hauptstücke des 2 Theils, 75 Anm. erkläret.
2* 66 S. 1 Anm.
3* 21/2 deutsche Meilen.

Osmaniſche Geſchichte
der Tuͤrken ſeinen Bruder gar leicht, brachte denſelben um, und nahm hierauf
ſein Land wieder in Beſitz. Dieſes war der erſte Chan der Tatarn, der
von den Tuͤrken eingeſetzet wurde, und das Chutbe in der Krim zuerſt, im Na-
men des osmaniſchen Kaiſers, in das oͤffentliche Gebet ſetzen ließ.

Die Tuͤrken wer-
den von den
Moldauern ge-ſchlagen.
29.

Indem dieſe Dinge in der tatariſchen Halbinſel vorgehen: ſo fuͤhret
Suͤlejman Paſcha ein anſehnliches Kriegesheer in die Moldau. Stephan,
Tekkjur in Moldau 45, ſtoͤßet auf denſelben nicht weit von Faltſchij 46, an dem
Geſtade des Pruts. Hier fechten ſie nun lange mit einander, mit großer Tap-
ferkeit und zweifelhaftem Gluͤcke. Endlich aber werden die Muͤſuͤlmanen durch
die Nachlaͤſſigkeit ihres Feldherrn uͤber einen Haufen geworfen: der Feldherr
ſelbſt bleibet in dem Treffen, viele werden erſchlagen, einige zu Kriegsgefange-
nen gemacht, und die uͤbrigen entkommen durch die Flucht uͤber die Donau.

Moldau wird
von den Tuͤrkenverwuͤſtet.
30.

Auf die erhaltene Nachricht von dieſer Niederlage wird Muhaͤmmed
voll Grimmes, und gehet im folgenden Jahre in eigener Perſon mit ſeiner gan-
H. 877.



J. C. 1472.zen Kriegesmacht in die Moldau. Weil nun der Feind, der einem ſolchen Heere
ſich zu widerſetzen nicht im Stande war, ſich nirgends ſehen laͤſſet: ſo verwuͤſtet
derſelbe das ganze Land, bis auf den gebirgigen Theil deſſelben, und fuͤhret eine
unzaͤhlige Menge Vieh und Gefangenen mit ſich hinweg.

[Spaltenumbruch]
Gjiraj iemals wieder zu dieſer Ehre gelangen
werden, ob ſie gleich die Aemter von Kalga
Sultan, Nureddin* und dergleichen, ver-
walten koͤnnen, welche ihre Anverwandten zu
vergeben berechtiget ſind.
45 Tekkjur in Moldau] Das iſt, Koͤ-
nig in Moldau. Dieſes iſt Stephan, mit
dem Zunamen der Große, deſſen in einer der
vorhergehenden Anmerkungen2* Erwaͤhnung
geſchehen iſt. Moldau ſelbſt wird bey den
Tuͤrken oft Bogdan genennet, von Bogdan,
dem Sohne dieſes Stephans, von dem an
einem andern Orte ausfuͤhrlicher ſoll gehan-
delt werden.
[Spaltenumbruch]
46 Faltſchij] Eine Stadt und Land-
ſchaft in Moldau, an dem Fluſſe Prut, zehen
Meilen3* von Huͤſſi (da Kaiſer Peter in Ruß-
land nach einem viertaͤgigen Gefechte im Jah-
re 1711 mit den Tuͤrken Friede machte) gegen
Suͤden nach dem Ufer des Iſters zu gelegen.
Weil ich mich damals erinnerte, daß ich et-
liche Jahre zuvor in Herodotus von dem krie-
geriſchen Volke und der großen Stadt Taj-
phali jenſeits der Donau geleſen hatte: ſo
ſchickte ich aus Neugierigkeit einige Leute da-
hin, die da nachforſchen ſollten, ob ſie nicht
jenſeits des Fluſſes einige Gebaͤude entdecken
koͤnnten. Bey ihrer Ruͤckkunft brachten ſie
mir den Bericht, daß ſie nicht weit von dieſer
31. Im
* Dieſe Aemter werden von dem Verfaſſer im 1 Hauptſtuͤcke des 2 Theils, 75 Anm. erklaͤret.
2* 66 S. 1 Anm.
3* 2½ deutſche Meilen.
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[166/0250] Osmaniſche Geſchichte der Tuͤrken ſeinen Bruder gar leicht, brachte denſelben um, und nahm hierauf ſein Land wieder in Beſitz. Dieſes war der erſte Chan der Tatarn, der von den Tuͤrken eingeſetzet wurde, und das Chutbe in der Krim zuerſt, im Na- men des osmaniſchen Kaiſers, in das oͤffentliche Gebet ſetzen ließ. 29. Indem dieſe Dinge in der tatariſchen Halbinſel vorgehen: ſo fuͤhret Suͤlejman Paſcha ein anſehnliches Kriegesheer in die Moldau. Stephan, Tekkjur in Moldau ⁴⁵ , ſtoͤßet auf denſelben nicht weit von Faltſchij ⁴⁶ , an dem Geſtade des Pruts. Hier fechten ſie nun lange mit einander, mit großer Tap- ferkeit und zweifelhaftem Gluͤcke. Endlich aber werden die Muͤſuͤlmanen durch die Nachlaͤſſigkeit ihres Feldherrn uͤber einen Haufen geworfen: der Feldherr ſelbſt bleibet in dem Treffen, viele werden erſchlagen, einige zu Kriegsgefange- nen gemacht, und die uͤbrigen entkommen durch die Flucht uͤber die Donau. 30. Auf die erhaltene Nachricht von dieſer Niederlage wird Muhaͤmmed voll Grimmes, und gehet im folgenden Jahre in eigener Perſon mit ſeiner gan- zen Kriegesmacht in die Moldau. Weil nun der Feind, der einem ſolchen Heere ſich zu widerſetzen nicht im Stande war, ſich nirgends ſehen laͤſſet: ſo verwuͤſtet derſelbe das ganze Land, bis auf den gebirgigen Theil deſſelben, und fuͤhret eine unzaͤhlige Menge Vieh und Gefangenen mit ſich hinweg. H. 877. J. C. 1472. 31. Im Gjiraj iemals wieder zu dieſer Ehre gelangen werden, ob ſie gleich die Aemter von Kalga Sultan, Nureddin * und dergleichen, ver- walten koͤnnen, welche ihre Anverwandten zu vergeben berechtiget ſind. ⁴⁵ Tekkjur in Moldau] Das iſt, Koͤ- nig in Moldau. Dieſes iſt Stephan, mit dem Zunamen der Große, deſſen in einer der vorhergehenden Anmerkungen 2* Erwaͤhnung geſchehen iſt. Moldau ſelbſt wird bey den Tuͤrken oft Bogdan genennet, von Bogdan, dem Sohne dieſes Stephans, von dem an einem andern Orte ausfuͤhrlicher ſoll gehan- delt werden. ⁴⁶ Faltſchij] Eine Stadt und Land- ſchaft in Moldau, an dem Fluſſe Prut, zehen Meilen 3* von Huͤſſi (da Kaiſer Peter in Ruß- land nach einem viertaͤgigen Gefechte im Jah- re 1711 mit den Tuͤrken Friede machte) gegen Suͤden nach dem Ufer des Iſters zu gelegen. Weil ich mich damals erinnerte, daß ich et- liche Jahre zuvor in Herodotus von dem krie- geriſchen Volke und der großen Stadt Taj- phali jenſeits der Donau geleſen hatte: ſo ſchickte ich aus Neugierigkeit einige Leute da- hin, die da nachforſchen ſollten, ob ſie nicht jenſeits des Fluſſes einige Gebaͤude entdecken koͤnnten. Bey ihrer Ruͤckkunft brachten ſie mir den Bericht, daß ſie nicht weit von dieſer Stadt * Dieſe Aemter werden von dem Verfaſſer im 1 Hauptſtuͤcke des 2 Theils, 75 Anm. erklaͤret. 2* 66 S. 1 Anm. 3* 2½ deutſche Meilen.

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Zitationshilfe: Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745, S. 166. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cantemir_geschichte_1745/250>, abgerufen am 22.11.2024.