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Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745.

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6. Murad der II
"selbst und dem gesamten Heere der Müsülmanen gewogen machen könne."
Sejd Bechar verspricht Murad, ihm in seinem Verlangen zu willfahren, und
wird die folgende Nacht darauf durch eine Entzückung (man verzeihe mir die
Anführung dieser Fabel) in den Himmel erhoben. Hier siehet er den reinen
und unbefleckten Geist Muhämmeds 6, küsset 7 dreymal den Staub seiner Füße,
und flehet ihn auf das demüthigste an, durch sein machtvolles Gebet Murad den
Sieg über seine ruchlosen Feinde von Gott zuwege zu bringen. Auf diese Bitte,
welche dreymal wiederholet wurde, giebt Muhämmed endlich folgende Antwort:
"Um meinet willen," saget er, "hat die göttliche Majestät Murads Gebet
"erhöret. Sage ihm daher, Gott werde ihm beystehen und ihm den Sieg
"verleihen." Des andern Morgens in aller Frühe lässet Sejd Bechar, dem
Befehle des Propheten zu Folge, Murad Nachricht sagen, wie wohl seine
Botschaft aufgenommen worden sey. Dieser wird darüber für Freude außer
[Spaltenumbruch]
dergestalt aus der Acht gelassen habe, daß er da-
hin verfallen, Weizen zu essen: so sey er sogleich
gewahr geworden, daß er etwas tödliches
hinunter geschlucket; habe aber auch dabey
gefühlet, daß der Geist Muhämmeds in ihm
lebe, und zugleich gewußt, daß derselbe die
Ursache seiner künftigen Auferstehung seyn
werde. Nach der Zeit sey Odem gestorben,
und habe niemals von seiner Herkunft, noch
von dem Tode seiner Nachkommenschaft et-
was zu wissen bekommen, bis Muhämmed
geboren worden: alsdann habe das Theil-
chen von Muhämmeds Geiste in ihm gehüp-
fet, und kraft einer geheimen Verwandtschaft
ihm, und zugleich auch seinen Nachkommen,
die ewige Seligkeit und die Gnade der zukünf-
tigen Auferstehung bekannt gemacht. Hier-
über sey Odem in eine Danksagung ausge-
brochen, und habe gesaget: ... nach
so vielen Mannsaltern haben meine Nach-
kommen endlich meinen wahren und eigentli-
[Spaltenumbruch]
chen Sohn hervorgebracht, der der letzte Pro-
phet ist, um dessentwillen Gott die Welt und
mich erschaffen hat. ... Nach Mu-
hämmeds Tode (oder, wie die Türken reden,
dessen Hidschret oder Flucht* aus dieser Welt)
sey dieser reine und unbefleckte Geist in den
Himmel versetzet worden, da derselbe das
selige Anschauen Gottes genieße.
7 küsset] Die Türken sind zwar der Mei-
nung, daß die Verstorbenen, und unter die-
sen auch selbst die Heiligen, den Lebendigen
keine Hülfe leisteten (daraus die Ketzer unse-
rer Zeiten ihr Gift gesogen haben2*): sie ge-
ben aber doch zu, daß Muhämmeds Seele
das Gebet der Menschen höre und vor den
Thron Gottes bringe, und glauben, daß ihm
dieser Vorzug vor allen andern Geschöpfen
allein zukomme; und hierinnen scheinen sie
mit den Rechtglaubigen übereinzustimmen.

sich
* Abzuge.
2* Die griechische Kirche lehret, daß die Heiligen das Gebet der Glaubigen aus
göttlicher Offenbarung wissen, dasselbe vor Gott bringen, und ihn bitten, es um des Verdienstes Christi
willen zu erhören: und in so weit sind dieselben, ihrer Meinung nach, anzurufen, ob sie gleich eigent-
lich keine Helfer sind. Das Vorgeben, daß die Protestanten, die von Anrufung der Heiligen nichts
halten, dieses von den Muhämmedischen entlehnet hätten, ist ungereimt, wie iedermann, dem die
Geschichte der Religionsverbesserung bekannt ist, sogleich erkennen muß.
P 2

6. Murad der II
“ſelbſt und dem geſamten Heere der Muͤſuͤlmanen gewogen machen koͤnne.„
Sejd Bechar verſpricht Murad, ihm in ſeinem Verlangen zu willfahren, und
wird die folgende Nacht darauf durch eine Entzuͤckung (man verzeihe mir die
Anfuͤhrung dieſer Fabel) in den Himmel erhoben. Hier ſiehet er den reinen
und unbefleckten Geiſt Muhaͤmmeds 6, kuͤſſet 7 dreymal den Staub ſeiner Fuͤße,
und flehet ihn auf das demuͤthigſte an, durch ſein machtvolles Gebet Murad den
Sieg uͤber ſeine ruchloſen Feinde von Gott zuwege zu bringen. Auf dieſe Bitte,
welche dreymal wiederholet wurde, giebt Muhaͤmmed endlich folgende Antwort:
“Um meinet willen,„ ſaget er, “hat die goͤttliche Majeſtaͤt Murads Gebet
“erhoͤret. Sage ihm daher, Gott werde ihm beyſtehen und ihm den Sieg
“verleihen.„ Des andern Morgens in aller Fruͤhe laͤſſet Sejd Bechar, dem
Befehle des Propheten zu Folge, Murad Nachricht ſagen, wie wohl ſeine
Botſchaft aufgenommen worden ſey. Dieſer wird daruͤber fuͤr Freude außer
[Spaltenumbruch]
dergeſtalt aus der Acht gelaſſen habe, daß er da-
hin verfallen, Weizen zu eſſen: ſo ſey er ſogleich
gewahr geworden, daß er etwas toͤdliches
hinunter geſchlucket; habe aber auch dabey
gefuͤhlet, daß der Geiſt Muhaͤmmeds in ihm
lebe, und zugleich gewußt, daß derſelbe die
Urſache ſeiner kuͤnftigen Auferſtehung ſeyn
werde. Nach der Zeit ſey Odem geſtorben,
und habe niemals von ſeiner Herkunft, noch
von dem Tode ſeiner Nachkommenſchaft et-
was zu wiſſen bekommen, bis Muhaͤmmed
geboren worden: alsdann habe das Theil-
chen von Muhaͤmmeds Geiſte in ihm gehuͤp-
fet, und kraft einer geheimen Verwandtſchaft
ihm, und zugleich auch ſeinen Nachkommen,
die ewige Seligkeit und die Gnade der zukuͤnf-
tigen Auferſtehung bekannt gemacht. Hier-
uͤber ſey Odem in eine Dankſagung ausge-
brochen, und habe geſaget: ... nach
ſo vielen Mannsaltern haben meine Nach-
kommen endlich meinen wahren und eigentli-
[Spaltenumbruch]
chen Sohn hervorgebracht, der der letzte Pro-
phet iſt, um deſſentwillen Gott die Welt und
mich erſchaffen hat. ... Nach Mu-
haͤmmeds Tode (oder, wie die Tuͤrken reden,
deſſen Hidſchret oder Flucht* aus dieſer Welt)
ſey dieſer reine und unbefleckte Geiſt in den
Himmel verſetzet worden, da derſelbe das
ſelige Anſchauen Gottes genieße.
7 kuͤſſet] Die Tuͤrken ſind zwar der Mei-
nung, daß die Verſtorbenen, und unter die-
ſen auch ſelbſt die Heiligen, den Lebendigen
keine Huͤlfe leiſteten (daraus die Ketzer unſe-
rer Zeiten ihr Gift geſogen haben2*): ſie ge-
ben aber doch zu, daß Muhaͤmmeds Seele
das Gebet der Menſchen hoͤre und vor den
Thron Gottes bringe, und glauben, daß ihm
dieſer Vorzug vor allen andern Geſchoͤpfen
allein zukomme; und hierinnen ſcheinen ſie
mit den Rechtglaubigen uͤbereinzuſtimmen.

ſich
* Abzuge.
2* Die griechiſche Kirche lehret, daß die Heiligen das Gebet der Glaubigen aus
goͤttlicher Offenbarung wiſſen, daſſelbe vor Gott bringen, und ihn bitten, es um des Verdienſtes Chriſti
willen zu erhoͤren: und in ſo weit ſind dieſelben, ihrer Meinung nach, anzurufen, ob ſie gleich eigent-
lich keine Helfer ſind. Das Vorgeben, daß die Proteſtanten, die von Anrufung der Heiligen nichts
halten, dieſes von den Muhaͤmmediſchen entlehnet haͤtten, iſt ungereimt, wie iedermann, dem die
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[115/0197] 6. Murad der II “ſelbſt und dem geſamten Heere der Muͤſuͤlmanen gewogen machen koͤnne.„ Sejd Bechar verſpricht Murad, ihm in ſeinem Verlangen zu willfahren, und wird die folgende Nacht darauf durch eine Entzuͤckung (man verzeihe mir die Anfuͤhrung dieſer Fabel) in den Himmel erhoben. Hier ſiehet er den reinen und unbefleckten Geiſt Muhaͤmmeds ⁶ , kuͤſſet ⁷ dreymal den Staub ſeiner Fuͤße, und flehet ihn auf das demuͤthigſte an, durch ſein machtvolles Gebet Murad den Sieg uͤber ſeine ruchloſen Feinde von Gott zuwege zu bringen. Auf dieſe Bitte, welche dreymal wiederholet wurde, giebt Muhaͤmmed endlich folgende Antwort: “Um meinet willen,„ ſaget er, “hat die goͤttliche Majeſtaͤt Murads Gebet “erhoͤret. Sage ihm daher, Gott werde ihm beyſtehen und ihm den Sieg “verleihen.„ Des andern Morgens in aller Fruͤhe laͤſſet Sejd Bechar, dem Befehle des Propheten zu Folge, Murad Nachricht ſagen, wie wohl ſeine Botſchaft aufgenommen worden ſey. Dieſer wird daruͤber fuͤr Freude außer ſich dergeſtalt aus der Acht gelaſſen habe, daß er da- hin verfallen, Weizen zu eſſen: ſo ſey er ſogleich gewahr geworden, daß er etwas toͤdliches hinunter geſchlucket; habe aber auch dabey gefuͤhlet, daß der Geiſt Muhaͤmmeds in ihm lebe, und zugleich gewußt, daß derſelbe die Urſache ſeiner kuͤnftigen Auferſtehung ſeyn werde. Nach der Zeit ſey Odem geſtorben, und habe niemals von ſeiner Herkunft, noch von dem Tode ſeiner Nachkommenſchaft et- was zu wiſſen bekommen, bis Muhaͤmmed geboren worden: alsdann habe das Theil- chen von Muhaͤmmeds Geiſte in ihm gehuͤp- fet, und kraft einer geheimen Verwandtſchaft ihm, und zugleich auch ſeinen Nachkommen, die ewige Seligkeit und die Gnade der zukuͤnf- tigen Auferſtehung bekannt gemacht. Hier- uͤber ſey Odem in eine Dankſagung ausge- brochen, und habe geſaget: ... nach ſo vielen Mannsaltern haben meine Nach- kommen endlich meinen wahren und eigentli- chen Sohn hervorgebracht, der der letzte Pro- phet iſt, um deſſentwillen Gott die Welt und mich erſchaffen hat. ... Nach Mu- haͤmmeds Tode (oder, wie die Tuͤrken reden, deſſen Hidſchret oder Flucht * aus dieſer Welt) ſey dieſer reine und unbefleckte Geiſt in den Himmel verſetzet worden, da derſelbe das ſelige Anſchauen Gottes genieße. ⁷ kuͤſſet] Die Tuͤrken ſind zwar der Mei- nung, daß die Verſtorbenen, und unter die- ſen auch ſelbſt die Heiligen, den Lebendigen keine Huͤlfe leiſteten (daraus die Ketzer unſe- rer Zeiten ihr Gift geſogen haben 2*): ſie ge- ben aber doch zu, daß Muhaͤmmeds Seele das Gebet der Menſchen hoͤre und vor den Thron Gottes bringe, und glauben, daß ihm dieſer Vorzug vor allen andern Geſchoͤpfen allein zukomme; und hierinnen ſcheinen ſie mit den Rechtglaubigen uͤbereinzuſtimmen. * Abzuge. 2* Die griechiſche Kirche lehret, daß die Heiligen das Gebet der Glaubigen aus goͤttlicher Offenbarung wiſſen, daſſelbe vor Gott bringen, und ihn bitten, es um des Verdienſtes Chriſti willen zu erhoͤren: und in ſo weit ſind dieſelben, ihrer Meinung nach, anzurufen, ob ſie gleich eigent- lich keine Helfer ſind. Das Vorgeben, daß die Proteſtanten, die von Anrufung der Heiligen nichts halten, dieſes von den Muhaͤmmediſchen entlehnet haͤtten, iſt ungereimt, wie iedermann, dem die Geſchichte der Religionsverbeſſerung bekannt iſt, ſogleich erkennen muß. P 2

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Zitationshilfe: Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745, S. 115. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cantemir_geschichte_1745/197>, abgerufen am 10.05.2024.