Candidus, Karl: Der deutsche Christus. Fünfzehn Canzonen. Leipzig, 1844.Nur wo Natur in frommem Geist sich spiegelt, Als einem zu vermittelnden Gemüte, Tritt auf der Mittler, daß er sich ihm eine, Und da und dann nur treibt solch ew'ge Blüte, Die, aus beschränkter Anschauung entsiegelt. Im holden Duftkelch beut das Allgemeine. Doch ist das große Eine In der Natur dem Frommen allzugänglich, Weil es in Allem, was da endlich heißet, Uns mächtiglich ergleißet Als eben so beschränkt wie überschwänglich, Ein kleines Kind, ein großer Gott desgleichen, Der Weihrauch, Gold und Myrrhen uns will reichen. Grün-golden ruht ein Käfer mir zu Füßen Wie Spielzeug liegt in einer Kinderstube. Rings blinken tausend zarte Lieblichkeiten Und jeder Stein scheint eine Demantgrube. Es ist so deine Art, mit wundersüßen Geschenken, Jesuskind, Lust zu bereiten. So kommt ans blauen Weiten In jenem sinnig webenden Gedichte Ein himmlisch hoher Gast zu armen Hirten, Sobald die Lerchen schwirrten, Mit fremder Welten Offenbarungslichte, Doch sieh: all deine holde Wunderhabe Die bist du selbst, du lichter Himmelsknabe! Nur wo Natur in frommem Geiſt ſich ſpiegelt, Als einem zu vermittelnden Gemüte, Tritt auf der Mittler, daß er ſich ihm eine, Und da und dann nur treibt ſolch ew'ge Blüte, Die, aus beſchränkter Anſchauung entſiegelt. Im holden Duftkelch beut das Allgemeine. Doch iſt das große Eine In der Natur dem Frommen allzugänglich, Weil es in Allem, was da endlich heißet, Uns mächtiglich ergleißet Als eben ſo beſchränkt wie überſchwänglich, Ein kleines Kind, ein großer Gott desgleichen, Der Weihrauch, Gold und Myrrhen uns will reichen. Grün-golden ruht ein Käfer mir zu Füßen Wie Spielzeug liegt in einer Kinderſtube. Rings blinken tauſend zarte Lieblichkeiten Und jeder Stein ſcheint eine Demantgrube. Es iſt ſo deine Art, mit wunderſüßen Geſchenken, Jeſuskind, Luſt zu bereiten. So kommt ans blauen Weiten In jenem ſinnig webenden Gedichte Ein himmliſch hoher Gaſt zu armen Hirten, Sobald die Lerchen ſchwirrten, Mit fremder Welten Offenbarungslichte, Doch ſieh: all deine holde Wunderhabe Die biſt du ſelbſt, du lichter Himmelsknabe! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0043" n="29"/> <lg n="10"> <l>Nur wo Natur in frommem Geiſt ſich ſpiegelt,</l><lb/> <l>Als einem zu vermittelnden Gemüte,</l><lb/> <l>Tritt auf der Mittler, daß er ſich ihm eine,</l><lb/> <l>Und <hi rendition="#g">da</hi> und <hi rendition="#g">dann</hi> nur treibt ſolch ew'ge Blüte,</l><lb/> <l>Die, aus beſchränkter Anſchauung entſiegelt.</l><lb/> <l>Im holden Duftkelch beut das Allgemeine.</l><lb/> <l>Doch iſt das große Eine</l><lb/> <l>In der Natur dem Frommen allzugänglich,</l><lb/> <l>Weil es in Allem, was da endlich heißet,</l><lb/> <l>Uns mächtiglich ergleißet</l><lb/> <l>Als eben ſo beſchränkt wie überſchwänglich,</l><lb/> <l>Ein kleines Kind, ein großer Gott desgleichen,</l><lb/> <l>Der Weihrauch, Gold und Myrrhen <hi rendition="#g">uns</hi> will reichen.</l><lb/> </lg> <lg n="11"> <l>Grün-golden ruht ein Käfer mir zu Füßen</l><lb/> <l>Wie Spielzeug liegt in einer Kinderſtube.</l><lb/> <l>Rings blinken tauſend zarte Lieblichkeiten</l><lb/> <l>Und jeder Stein ſcheint eine Demantgrube.</l><lb/> <l>Es iſt ſo deine Art, mit wunderſüßen</l><lb/> <l>Geſchenken, Jeſuskind, Luſt zu bereiten.</l><lb/> <l>So kommt ans blauen Weiten</l><lb/> <l>In jenem ſinnig webenden Gedichte</l><lb/> <l>Ein himmliſch hoher Gaſt zu armen Hirten,</l><lb/> <l>Sobald die Lerchen ſchwirrten,</l><lb/> <l>Mit fremder Welten Offenbarungslichte,</l><lb/> <l>Doch ſieh: all deine holde Wunderhabe</l><lb/> <l>Die biſt du ſelbſt, du lichter Himmelsknabe!</l><lb/> </lg> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [29/0043]
Nur wo Natur in frommem Geiſt ſich ſpiegelt,
Als einem zu vermittelnden Gemüte,
Tritt auf der Mittler, daß er ſich ihm eine,
Und da und dann nur treibt ſolch ew'ge Blüte,
Die, aus beſchränkter Anſchauung entſiegelt.
Im holden Duftkelch beut das Allgemeine.
Doch iſt das große Eine
In der Natur dem Frommen allzugänglich,
Weil es in Allem, was da endlich heißet,
Uns mächtiglich ergleißet
Als eben ſo beſchränkt wie überſchwänglich,
Ein kleines Kind, ein großer Gott desgleichen,
Der Weihrauch, Gold und Myrrhen uns will reichen.
Grün-golden ruht ein Käfer mir zu Füßen
Wie Spielzeug liegt in einer Kinderſtube.
Rings blinken tauſend zarte Lieblichkeiten
Und jeder Stein ſcheint eine Demantgrube.
Es iſt ſo deine Art, mit wunderſüßen
Geſchenken, Jeſuskind, Luſt zu bereiten.
So kommt ans blauen Weiten
In jenem ſinnig webenden Gedichte
Ein himmliſch hoher Gaſt zu armen Hirten,
Sobald die Lerchen ſchwirrten,
Mit fremder Welten Offenbarungslichte,
Doch ſieh: all deine holde Wunderhabe
Die biſt du ſelbſt, du lichter Himmelsknabe!
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Zitationshilfe: | Candidus, Karl: Der deutsche Christus. Fünfzehn Canzonen. Leipzig, 1844, S. 29. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/candidus_christus_1854/43>, abgerufen am 05.07.2024. |