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Candidus, Karl: Der deutsche Christus. Fünfzehn Canzonen. Leipzig, 1844.

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Das ist der Sohn und jenes Wort das That ist,
Wodurch die Welt gemacht und was darinnen,
Das ist der Gottheit Glanz der glänzt und scheinet
In allem Endlichen, wenn unsern Sinnen
Dies selbe Wort ein inn'res Licht und Rat ist,
Wie das an allen Gläubigen erscheinet,
Die wonniglich vereinet
Mit Jesu, mit dem Bräut'gam ihrer Seelen,
Im schwebenden Gewölk, in Meerespsalmen,
In Blütenzier und Halmen
Ihn schau'n und haben, und sich innig quälen
Wenn irgend etwas, sei es was es möge,
Des Herzens fromme Sehnsucht je betröge.
Was wüßten wir von höchsten Eigenschaften,
Von Allmacht und Allgegenwart und Liebe
Und Weisheit, glänzten solche nicht im Sohne?
Das Dasein Gottes ganz zu Staub zerriebe
Der Winzigste von unsern "Wesenhaften,"
Wär's nicht ein heller Stein der Sohneskrone.
Der Sohn nur schirmt vor Hohne
Den alten deutschen Glauben an den Vater?
Ha! dächte ich den Sohn nicht, es verschlänge
Mir der Gedanken Menge
So wie sich selbst des Gottgedankens Krater,
Wo in der Dichtung zierlich leichtem Laube
Nun üppig schwillt der Wahrheit volle Traube.
Das iſt der Sohn und jenes Wort das That iſt,
Wodurch die Welt gemacht und was darinnen,
Das iſt der Gottheit Glanz der glänzt und ſcheinet
In allem Endlichen, wenn unſern Sinnen
Dies ſelbe Wort ein inn'res Licht und Rat iſt,
Wie das an allen Gläubigen erſcheinet,
Die wonniglich vereinet
Mit Jeſu, mit dem Bräut'gam ihrer Seelen,
Im ſchwebenden Gewölk, in Meerespſalmen,
In Blütenzier und Halmen
Ihn ſchau'n und haben, und ſich innig quälen
Wenn irgend etwas, ſei es was es möge,
Des Herzens fromme Sehnſucht je betröge.
Was wüßten wir von höchſten Eigenſchaften,
Von Allmacht und Allgegenwart und Liebe
Und Weisheit, glänzten ſolche nicht im Sohne?
Das Daſein Gottes ganz zu Staub zerriebe
Der Winzigſte von unſern „Weſenhaften,“
Wär's nicht ein heller Stein der Sohneskrone.
Der Sohn nur ſchirmt vor Hohne
Den alten deutſchen Glauben an den Vater?
Ha! dächte ich den Sohn nicht, es verſchlänge
Mir der Gedanken Menge
So wie ſich ſelbſt des Gottgedankens Krater,
Wo in der Dichtung zierlich leichtem Laube
Nun üppig ſchwillt der Wahrheit volle Traube.
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[19/0033] Das iſt der Sohn und jenes Wort das That iſt, Wodurch die Welt gemacht und was darinnen, Das iſt der Gottheit Glanz der glänzt und ſcheinet In allem Endlichen, wenn unſern Sinnen Dies ſelbe Wort ein inn'res Licht und Rat iſt, Wie das an allen Gläubigen erſcheinet, Die wonniglich vereinet Mit Jeſu, mit dem Bräut'gam ihrer Seelen, Im ſchwebenden Gewölk, in Meerespſalmen, In Blütenzier und Halmen Ihn ſchau'n und haben, und ſich innig quälen Wenn irgend etwas, ſei es was es möge, Des Herzens fromme Sehnſucht je betröge. Was wüßten wir von höchſten Eigenſchaften, Von Allmacht und Allgegenwart und Liebe Und Weisheit, glänzten ſolche nicht im Sohne? Das Daſein Gottes ganz zu Staub zerriebe Der Winzigſte von unſern „Weſenhaften,“ Wär's nicht ein heller Stein der Sohneskrone. Der Sohn nur ſchirmt vor Hohne Den alten deutſchen Glauben an den Vater? Ha! dächte ich den Sohn nicht, es verſchlänge Mir der Gedanken Menge So wie ſich ſelbſt des Gottgedankens Krater, Wo in der Dichtung zierlich leichtem Laube Nun üppig ſchwillt der Wahrheit volle Traube.

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Zitationshilfe: Candidus, Karl: Der deutsche Christus. Fünfzehn Canzonen. Leipzig, 1844, S. 19. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/candidus_christus_1854/33>, abgerufen am 19.04.2024.