andern das verwilligt, was er zu fodern kein Recht hätte. Er gibt seinen Schuz, anstat seiner Freund- schaft, durch ein gnädiges Kopfnikken, anstat ei- ner gewöhnlichen Verbeugung, zu erkennen; und deutet vielmehr seine Genehmhaltung an, daß der andre mit ihm gehen, sizen, essen, oder trinken könne, als seine Einladung, daß er es thun solle.)
(Die zähe Freigebigkeit eines auf sein Geld stolzen Mannes beschimpft die Dürftigkeit, der sie zuweilen abhilft. Er sorgt dafür, daß der andre sein Unglük und den Unterschied zwischen ihrer beider Zustande empfinden muß, und gibt zu verstehen, beides wäre mit Recht verdient, des andern Armuth durch seine Thorheit, sein eigner Wohlstand durch seine Weisheit.)
(Der übermüthige Pedant theilt nicht seine Wissenschaft mit, sondern ruft sie aus. Er gibt sie einem nicht, sondern dringt sie auf. Er ist, wo möglich, begieriger, andern ihre Unwissenheit, als seine eigne Gelehrsamkeit zu zeigen.)
(Ein solches Verhalten pflegt nicht nur in den besondern von mir angeführten Umständen, son- dern auch in allen andern, den kleinen Stolz und
die
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andern das verwilligt, was er zu fodern kein Recht haͤtte. Er gibt ſeinen Schuz, anſtat ſeiner Freund- ſchaft, durch ein gnaͤdiges Kopfnikken, anſtat ei- ner gewoͤhnlichen Verbeugung, zu erkennen; und deutet vielmehr ſeine Genehmhaltung an, daß der andre mit ihm gehen, ſizen, eſſen, oder trinken koͤnne, als ſeine Einladung, daß er es thun ſolle.)
(Die zaͤhe Freigebigkeit eines auf ſein Geld ſtolzen Mannes beſchimpft die Duͤrftigkeit, der ſie zuweilen abhilft. Er ſorgt dafuͤr, daß der andre ſein Ungluͤk und den Unterſchied zwiſchen ihrer beider Zuſtande empfinden muß, und gibt zu verſtehen, beides waͤre mit Recht verdient, des andern Armuth durch ſeine Thorheit, ſein eigner Wohlſtand durch ſeine Weisheit.)
(Der uͤbermuͤthige Pedant theilt nicht ſeine Wiſſenſchaft mit, ſondern ruft ſie aus. Er gibt ſie einem nicht, ſondern dringt ſie auf. Er iſt, wo moͤglich, begieriger, andern ihre Unwiſſenheit, als ſeine eigne Gelehrſamkeit zu zeigen.)
(Ein ſolches Verhalten pflegt nicht nur in den beſondern von mir angefuͤhrten Umſtaͤnden, ſon- dern auch in allen andern, den kleinen Stolz und
die
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andern das verwilligt, was er zu fodern kein Recht
haͤtte. Er gibt ſeinen Schuz, anſtat ſeiner Freund-
ſchaft, durch ein gnaͤdiges Kopfnikken, anſtat ei-
ner gewoͤhnlichen Verbeugung, zu erkennen; und
deutet vielmehr ſeine Genehmhaltung an, daß der
andre mit ihm gehen, ſizen, eſſen, oder trinken
koͤnne, als ſeine Einladung, daß er es thun ſolle.)
(Die zaͤhe Freigebigkeit eines auf ſein Geld
ſtolzen Mannes beſchimpft die Duͤrftigkeit, der
ſie zuweilen abhilft. Er ſorgt dafuͤr, daß der
andre ſein Ungluͤk und den Unterſchied zwiſchen
ihrer beider Zuſtande empfinden muß, und gibt
zu verſtehen, beides waͤre mit Recht verdient,
des andern Armuth durch ſeine Thorheit, ſein
eigner Wohlſtand durch ſeine Weisheit.)
(Der uͤbermuͤthige Pedant theilt nicht ſeine
Wiſſenſchaft mit, ſondern ruft ſie aus. Er gibt
ſie einem nicht, ſondern dringt ſie auf. Er iſt,
wo moͤglich, begieriger, andern ihre Unwiſſenheit,
als ſeine eigne Gelehrſamkeit zu zeigen.)
(Ein ſolches Verhalten pflegt nicht nur in den
beſondern von mir angefuͤhrten Umſtaͤnden, ſon-
dern auch in allen andern, den kleinen Stolz und
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Campe, Joachim Heinrich: Theophron oder der erfahrne Rathgeber für die unerfahrne Jugend. Bd. 2. Hamburg, 1783, S. 69. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/campe_theophron02_1783/75>, abgerufen am 27.07.2024.
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