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Campe, Joachim Heinrich: Theophron oder der erfahrne Rathgeber für die unerfahrne Jugend. Bd. 2. Hamburg, 1783.

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andern die Leute nicht bewirthet sein wollen, son-
dern jeder völlig überzeugt ist, daß er selbst be-
zahlen kan.)

(Geschichte erzähle selten, und schlechterdings
niemahls, als wenn sie überaus artig und sehr
kurz sind. Jeden unerheblichen Umstand laß weg,
und hüte dich vor Ausschweifungen! Seine Zu-
flucht oft zu Erzählungen nehmen, das verräth
einen großen Mangel an Einbildungskraft.)

(Fasse niemanden beim Knopfe oder bei der
Hand, damit er dich aushören sol! Denn sind
die Leute nicht willig, dich zu hören, so mußt du
lieber deine Zunge halten, als sie. Die meisten
großen Schwäzer suchen sich irgend einen unglük-
lichen Man in der Geselschaft, (insgemein den,
von dem sie merken, daß er am stilsten ist) oder
den nächsten Nachbar aus, dem sie ins Ohr reden,
oder wenigstens leise ein beständiges Geschwäze
zuflüstern können. Das ist nun überaus unge-
zogen, und gewissermaaßen ein Betrug; denn
die Unterredung ist ein der ganzen Geselschaft ge-
meinschaftliches Gut.)

(Auf
D 2

andern die Leute nicht bewirthet ſein wollen, ſon-
dern jeder voͤllig uͤberzeugt iſt, daß er ſelbſt be-
zahlen kan.)

(Geſchichte erzaͤhle ſelten, und ſchlechterdings
niemahls, als wenn ſie uͤberaus artig und ſehr
kurz ſind. Jeden unerheblichen Umſtand laß weg,
und huͤte dich vor Ausſchweifungen! Seine Zu-
flucht oft zu Erzaͤhlungen nehmen, das verraͤth
einen großen Mangel an Einbildungskraft.)

(Faſſe niemanden beim Knopfe oder bei der
Hand, damit er dich aushoͤren ſol! Denn ſind
die Leute nicht willig, dich zu hoͤren, ſo mußt du
lieber deine Zunge halten, als ſie. Die meiſten
großen Schwaͤzer ſuchen ſich irgend einen ungluͤk-
lichen Man in der Geſelſchaft, (insgemein den,
von dem ſie merken, daß er am ſtilſten iſt) oder
den naͤchſten Nachbar aus, dem ſie ins Ohr reden,
oder wenigſtens leiſe ein beſtaͤndiges Geſchwaͤze
zufluͤſtern koͤnnen. Das iſt nun uͤberaus unge-
zogen, und gewiſſermaaßen ein Betrug; denn
die Unterredung iſt ein der ganzen Geſelſchaft ge-
meinſchaftliches Gut.)

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[51/0057] andern die Leute nicht bewirthet ſein wollen, ſon- dern jeder voͤllig uͤberzeugt iſt, daß er ſelbſt be- zahlen kan.) (Geſchichte erzaͤhle ſelten, und ſchlechterdings niemahls, als wenn ſie uͤberaus artig und ſehr kurz ſind. Jeden unerheblichen Umſtand laß weg, und huͤte dich vor Ausſchweifungen! Seine Zu- flucht oft zu Erzaͤhlungen nehmen, das verraͤth einen großen Mangel an Einbildungskraft.) (Faſſe niemanden beim Knopfe oder bei der Hand, damit er dich aushoͤren ſol! Denn ſind die Leute nicht willig, dich zu hoͤren, ſo mußt du lieber deine Zunge halten, als ſie. Die meiſten großen Schwaͤzer ſuchen ſich irgend einen ungluͤk- lichen Man in der Geſelſchaft, (insgemein den, von dem ſie merken, daß er am ſtilſten iſt) oder den naͤchſten Nachbar aus, dem ſie ins Ohr reden, oder wenigſtens leiſe ein beſtaͤndiges Geſchwaͤze zufluͤſtern koͤnnen. Das iſt nun uͤberaus unge- zogen, und gewiſſermaaßen ein Betrug; denn die Unterredung iſt ein der ganzen Geſelſchaft ge- meinſchaftliches Gut.) (Auf D 2

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Zitationshilfe: Campe, Joachim Heinrich: Theophron oder der erfahrne Rathgeber für die unerfahrne Jugend. Bd. 2. Hamburg, 1783, S. 51. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/campe_theophron02_1783/57>, abgerufen am 28.11.2024.