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Campe, Joachim Heinrich: Theophron oder der erfahrne Rathgeber für die unerfahrne Jugend. Bd. 2. Hamburg, 1783.

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cher dem wahren Verhältniß zwischen Männern
und Weibern, Aeltern und Kindern, einem Freunde
und dem andern, insgemein sehr zuwider ist, daß
man bei der besten Absicht von der Welt oft unan-
genehme Fehler begeht.)


(Merke, daß in den meisten vermischten Ge-
selschaften Wiz, Laune und Scherz blos an den
Ort gebunden sind! Sie kommen auf dem und
jenem Boden fort, lassen sich aber nicht leicht
verpflanzen. Jede Geselschaft ist in besondern
Umständen, und hat ihre besondre Sprache. Das
kan in derselben Anlaß zu Wiz und Lustigkeit ge-
ben, würde aber in jeder andern mat und un-
schmakhaft scheinen, und läßt sich daher nicht wie-
derholen. Nichts macht, daß man einfältiger
aussieht, als eine von der Geselschaft nicht ver-
standene oder nicht gebilligte Scherzrede. Findet
man nun tiefes Stilschweigen, indem man alge-
meinen Beifal erwartet, oder was noch ärger ist,
wird man ersucht, das Wizige seiner Reden zu
erklären: so läßt sich der ungeschikte, verlegne

Zustand,

cher dem wahren Verhaͤltniß zwiſchen Maͤnnern
und Weibern, Aeltern und Kindern, einem Freunde
und dem andern, insgemein ſehr zuwider iſt, daß
man bei der beſten Abſicht von der Welt oft unan-
genehme Fehler begeht.)


(Merke, daß in den meiſten vermiſchten Ge-
ſelſchaften Wiz, Laune und Scherz blos an den
Ort gebunden ſind! Sie kommen auf dem und
jenem Boden fort, laſſen ſich aber nicht leicht
verpflanzen. Jede Geſelſchaft iſt in beſondern
Umſtaͤnden, und hat ihre beſondre Sprache. Das
kan in derſelben Anlaß zu Wiz und Luſtigkeit ge-
ben, wuͤrde aber in jeder andern mat und un-
ſchmakhaft ſcheinen, und laͤßt ſich daher nicht wie-
derholen. Nichts macht, daß man einfaͤltiger
ausſieht, als eine von der Geſelſchaft nicht ver-
ſtandene oder nicht gebilligte Scherzrede. Findet
man nun tiefes Stilſchweigen, indem man alge-
meinen Beifal erwartet, oder was noch aͤrger iſt,
wird man erſucht, das Wizige ſeiner Reden zu
erklaͤren: ſo laͤßt ſich der ungeſchikte, verlegne

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[45/0051] cher dem wahren Verhaͤltniß zwiſchen Maͤnnern und Weibern, Aeltern und Kindern, einem Freunde und dem andern, insgemein ſehr zuwider iſt, daß man bei der beſten Abſicht von der Welt oft unan- genehme Fehler begeht.) (Merke, daß in den meiſten vermiſchten Ge- ſelſchaften Wiz, Laune und Scherz blos an den Ort gebunden ſind! Sie kommen auf dem und jenem Boden fort, laſſen ſich aber nicht leicht verpflanzen. Jede Geſelſchaft iſt in beſondern Umſtaͤnden, und hat ihre beſondre Sprache. Das kan in derſelben Anlaß zu Wiz und Luſtigkeit ge- ben, wuͤrde aber in jeder andern mat und un- ſchmakhaft ſcheinen, und laͤßt ſich daher nicht wie- derholen. Nichts macht, daß man einfaͤltiger ausſieht, als eine von der Geſelſchaft nicht ver- ſtandene oder nicht gebilligte Scherzrede. Findet man nun tiefes Stilſchweigen, indem man alge- meinen Beifal erwartet, oder was noch aͤrger iſt, wird man erſucht, das Wizige ſeiner Reden zu erklaͤren: ſo laͤßt ſich der ungeſchikte, verlegne Zuſtand,

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Zitationshilfe: Campe, Joachim Heinrich: Theophron oder der erfahrne Rathgeber für die unerfahrne Jugend. Bd. 2. Hamburg, 1783, S. 45. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/campe_theophron02_1783/51>, abgerufen am 04.05.2024.