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Campe, Joachim Heinrich: Theophron oder der erfahrne Rathgeber für die unerfahrne Jugend. Bd. 2. Hamburg, 1783.

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"ich besorge zwar, daß ich ihnen mit meinen Fra-
"gen beschwerlich falle; niemand aber kan mich
"so gut belehren als Sie;" oder etwas der-
gleichen.)

Deine Aufmerksamkeit muß aber (und das
kan sie, so bald du wilst) eine gewisse Geschmei-
digkeit haben, das ist, du mußt sie augenbliklich
von einem Gegenstande auf den andern, von einer
Person auf die andere, so wie sie vorkommen,
richten können. Bedenke, daß du ohne eine solche
Aufmerksamkeit nie geschikt bist, in guter Gesel-
schaft, oder nur in Geselschaft überhaupt zu leben,
und das beste was du in diesem Falle thun köntest,
wäre, ein Kartheuser zu werden.


Wenn du zum erstenmahl dich in einer Gesel-
schaft zeigst, oder von andern eingeführt wirst, so
thue dein Aeusserstes, daß der erste Eindruk, den
du machst, so vortheilhaft, als möglich sei. Was
du dazu thun kanst, besteht in Dingen, welche
gründlich denkende Leute Kleinigkeiten zu nennen
pflegen, nemlich in der Mine, der Kleidung, der
Anrede. Hier, rathe ich dir, flehe die Grazien

um

“ich beſorge zwar, daß ich ihnen mit meinen Fra-
“gen beſchwerlich falle; niemand aber kan mich
“ſo gut belehren als Sie;„ oder etwas der-
gleichen.)

Deine Aufmerkſamkeit muß aber (und das
kan ſie, ſo bald du wilſt) eine gewiſſe Geſchmei-
digkeit haben, das iſt, du mußt ſie augenbliklich
von einem Gegenſtande auf den andern, von einer
Perſon auf die andere, ſo wie ſie vorkommen,
richten koͤnnen. Bedenke, daß du ohne eine ſolche
Aufmerkſamkeit nie geſchikt biſt, in guter Geſel-
ſchaft, oder nur in Geſelſchaft uͤberhaupt zu leben,
und das beſte was du in dieſem Falle thun koͤnteſt,
waͤre, ein Kartheuſer zu werden.


Wenn du zum erſtenmahl dich in einer Geſel-
ſchaft zeigſt, oder von andern eingefuͤhrt wirſt, ſo
thue dein Aeuſſerſtes, daß der erſte Eindruk, den
du machſt, ſo vortheilhaft, als moͤglich ſei. Was
du dazu thun kanſt, beſteht in Dingen, welche
gruͤndlich denkende Leute Kleinigkeiten zu nennen
pflegen, nemlich in der Mine, der Kleidung, der
Anrede. Hier, rathe ich dir, flehe die Grazien

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[20/0026] “ich beſorge zwar, daß ich ihnen mit meinen Fra- “gen beſchwerlich falle; niemand aber kan mich “ſo gut belehren als Sie;„ oder etwas der- gleichen.) Deine Aufmerkſamkeit muß aber (und das kan ſie, ſo bald du wilſt) eine gewiſſe Geſchmei- digkeit haben, das iſt, du mußt ſie augenbliklich von einem Gegenſtande auf den andern, von einer Perſon auf die andere, ſo wie ſie vorkommen, richten koͤnnen. Bedenke, daß du ohne eine ſolche Aufmerkſamkeit nie geſchikt biſt, in guter Geſel- ſchaft, oder nur in Geſelſchaft uͤberhaupt zu leben, und das beſte was du in dieſem Falle thun koͤnteſt, waͤre, ein Kartheuſer zu werden. Wenn du zum erſtenmahl dich in einer Geſel- ſchaft zeigſt, oder von andern eingefuͤhrt wirſt, ſo thue dein Aeuſſerſtes, daß der erſte Eindruk, den du machſt, ſo vortheilhaft, als moͤglich ſei. Was du dazu thun kanſt, beſteht in Dingen, welche gruͤndlich denkende Leute Kleinigkeiten zu nennen pflegen, nemlich in der Mine, der Kleidung, der Anrede. Hier, rathe ich dir, flehe die Grazien um

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Zitationshilfe: Campe, Joachim Heinrich: Theophron oder der erfahrne Rathgeber für die unerfahrne Jugend. Bd. 2. Hamburg, 1783, S. 20. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/campe_theophron02_1783/26>, abgerufen am 25.04.2024.