Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Campe, Joachim Heinrich: Theophron oder der erfahrne Rathgeber für die unerfahrne Jugend. Bd. 2. Hamburg, 1783.

Bild:
<< vorherige Seite

dafür, Cicero hätte ihn nicht der Rede werth
geachtet, die er zu seinem Vortheile hielt. Die
Worte sind uns verliehen, unsre Gedanken da-
durch mitzutheilen. Es ist unbegreiflich unge-
reimt, sie auf solche Art auszustoßen, daß die
Leute sie entweder nicht verstehen, oder nicht zu
verstehen begehren. Ich sage dir aufrichtig, daß
ich nach deiner annehmlichen oder unannehmlichen
Aussprache von deinen Geistesgaben urtheilen
werde. Hast du welche, so wirst du eher nicht
ruhen, bis daß du eine Fertigkeit erlangt hast,
höchst annehmlich zu reden. Denn ich behaupte,
daß das in deiner Macht steht.)

(Du wirst deinen Führer bitten, daß er dich
täglich ihm laut vorlesen lasse, und dich, so oft
du zu geschwind liesest, die gehörigen Unterschei-
dungszeichen nicht beobachtest, oder einen falschen
Nachdruk auf ein Wort legest, unterbreche und
verbessere. Du wirst Sorge tragen, die Zähne
beim Reden von einander zu thun, jedes Wort
deutlich auszusprechen, und jeden deiner Freunde
zu bitten, dich zu erinnern und anzuhalten, wenn
du jemahls auf das hastige, unverständliche Ge-

murmele

dafuͤr, Cicero haͤtte ihn nicht der Rede werth
geachtet, die er zu ſeinem Vortheile hielt. Die
Worte ſind uns verliehen, unſre Gedanken da-
durch mitzutheilen. Es iſt unbegreiflich unge-
reimt, ſie auf ſolche Art auszuſtoßen, daß die
Leute ſie entweder nicht verſtehen, oder nicht zu
verſtehen begehren. Ich ſage dir aufrichtig, daß
ich nach deiner annehmlichen oder unannehmlichen
Ausſprache von deinen Geiſtesgaben urtheilen
werde. Haſt du welche, ſo wirſt du eher nicht
ruhen, bis daß du eine Fertigkeit erlangt haſt,
hoͤchſt annehmlich zu reden. Denn ich behaupte,
daß das in deiner Macht ſteht.)

(Du wirſt deinen Fuͤhrer bitten, daß er dich
taͤglich ihm laut vorleſen laſſe, und dich, ſo oft
du zu geſchwind lieſeſt, die gehoͤrigen Unterſchei-
dungszeichen nicht beobachteſt, oder einen falſchen
Nachdruk auf ein Wort legeſt, unterbreche und
verbeſſere. Du wirſt Sorge tragen, die Zaͤhne
beim Reden von einander zu thun, jedes Wort
deutlich auszuſprechen, und jeden deiner Freunde
zu bitten, dich zu erinnern und anzuhalten, wenn
du jemahls auf das haſtige, unverſtaͤndliche Ge-

murmele
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0108" n="102"/>
dafu&#x0364;r, <hi rendition="#fr">Cicero</hi> ha&#x0364;tte ihn nicht der Rede werth<lb/>
geachtet, die er zu &#x017F;einem Vortheile hielt. Die<lb/>
Worte &#x017F;ind uns verliehen, un&#x017F;re Gedanken da-<lb/>
durch mitzutheilen. Es i&#x017F;t unbegreiflich unge-<lb/>
reimt, &#x017F;ie auf &#x017F;olche Art auszu&#x017F;toßen, daß die<lb/>
Leute &#x017F;ie entweder nicht ver&#x017F;tehen, oder nicht zu<lb/>
ver&#x017F;tehen begehren. Ich &#x017F;age dir aufrichtig, daß<lb/>
ich nach deiner annehmlichen oder unannehmlichen<lb/>
Aus&#x017F;prache von deinen Gei&#x017F;tesgaben urtheilen<lb/>
werde. Ha&#x017F;t du welche, &#x017F;o wir&#x017F;t du eher nicht<lb/>
ruhen, bis daß du eine Fertigkeit erlangt ha&#x017F;t,<lb/>
ho&#x0364;ch&#x017F;t annehmlich zu reden. Denn ich behaupte,<lb/>
daß das in deiner Macht &#x017F;teht.)</p><lb/>
        <p>(Du wir&#x017F;t deinen Fu&#x0364;hrer bitten, daß er dich<lb/>
ta&#x0364;glich ihm laut vorle&#x017F;en la&#x017F;&#x017F;e, und dich, &#x017F;o oft<lb/>
du zu ge&#x017F;chwind lie&#x017F;e&#x017F;t, die geho&#x0364;rigen Unter&#x017F;chei-<lb/>
dungszeichen nicht beobachte&#x017F;t, oder einen fal&#x017F;chen<lb/>
Nachdruk auf ein Wort lege&#x017F;t, unterbreche und<lb/>
verbe&#x017F;&#x017F;ere. Du wir&#x017F;t Sorge tragen, die Za&#x0364;hne<lb/>
beim Reden von einander zu thun, jedes Wort<lb/>
deutlich auszu&#x017F;prechen, und jeden deiner Freunde<lb/>
zu bitten, dich zu erinnern und anzuhalten, wenn<lb/>
du jemahls auf das ha&#x017F;tige, unver&#x017F;ta&#x0364;ndliche Ge-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">murmele</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[102/0108] dafuͤr, Cicero haͤtte ihn nicht der Rede werth geachtet, die er zu ſeinem Vortheile hielt. Die Worte ſind uns verliehen, unſre Gedanken da- durch mitzutheilen. Es iſt unbegreiflich unge- reimt, ſie auf ſolche Art auszuſtoßen, daß die Leute ſie entweder nicht verſtehen, oder nicht zu verſtehen begehren. Ich ſage dir aufrichtig, daß ich nach deiner annehmlichen oder unannehmlichen Ausſprache von deinen Geiſtesgaben urtheilen werde. Haſt du welche, ſo wirſt du eher nicht ruhen, bis daß du eine Fertigkeit erlangt haſt, hoͤchſt annehmlich zu reden. Denn ich behaupte, daß das in deiner Macht ſteht.) (Du wirſt deinen Fuͤhrer bitten, daß er dich taͤglich ihm laut vorleſen laſſe, und dich, ſo oft du zu geſchwind lieſeſt, die gehoͤrigen Unterſchei- dungszeichen nicht beobachteſt, oder einen falſchen Nachdruk auf ein Wort legeſt, unterbreche und verbeſſere. Du wirſt Sorge tragen, die Zaͤhne beim Reden von einander zu thun, jedes Wort deutlich auszuſprechen, und jeden deiner Freunde zu bitten, dich zu erinnern und anzuhalten, wenn du jemahls auf das haſtige, unverſtaͤndliche Ge- murmele

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/campe_theophron02_1783
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/campe_theophron02_1783/108
Zitationshilfe: Campe, Joachim Heinrich: Theophron oder der erfahrne Rathgeber für die unerfahrne Jugend. Bd. 2. Hamburg, 1783, S. 102. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/campe_theophron02_1783/108>, abgerufen am 07.05.2024.