Aber bei dieser Warnung vor dem Abschaum der Menschheit und vor groben thierischen Aus- schweifungen darf ich es nicht bewenden lassen, wenn ich dir nicht die Hälfte der Gefahr, welche deiner Glükseeligkeit droht, verhelen wil. Wisse also, daß auch der Umgang mit wirklich tugend- haften Frauenzimmern für deine Unschuld und für dein Wohlergehn gefährlich werden kan, sobald du die Schranken der Hochachtung oder einer ehr- erbietigen Freundschaft überschreitest, und solchen Empfindungen Raum gibst, welche allein das Band der Ehe heiligen und für unsern Wachs- thum an Volkommenheit und Glükseeligkeit wohl- thätig machen kan. Glaube die Versicherung eines Mannes, der einen ansehnlichen Theil seines Lebens dazu angewandt hat, die Natur des Menschen zu beobachten und zu merken, was ihr nüzlich und was ihr schädlich werden kan; die Versicherung: daß auch die reinste
und
Aber bei dieſer Warnung vor dem Abſchaum der Menſchheit und vor groben thieriſchen Aus- ſchweifungen darf ich es nicht bewenden laſſen, wenn ich dir nicht die Haͤlfte der Gefahr, welche deiner Gluͤkſeeligkeit droht, verhelen wil. Wiſſe alſo, daß auch der Umgang mit wirklich tugend- haften Frauenzimmern fuͤr deine Unſchuld und fuͤr dein Wohlergehn gefaͤhrlich werden kan, ſobald du die Schranken der Hochachtung oder einer ehr- erbietigen Freundſchaft uͤberſchreiteſt, und ſolchen Empfindungen Raum gibſt, welche allein das Band der Ehe heiligen und fuͤr unſern Wachs- thum an Volkommenheit und Gluͤkſeeligkeit wohl- thaͤtig machen kan. Glaube die Verſicherung eines Mannes, der einen anſehnlichen Theil ſeines Lebens dazu angewandt hat, die Natur des Menſchen zu beobachten und zu merken, was ihr nuͤzlich und was ihr ſchaͤdlich werden kan; die Verſicherung: daß auch die reinſte
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Aber bei dieſer Warnung vor dem Abſchaum
der Menſchheit und vor groben thieriſchen Aus-
ſchweifungen darf ich es nicht bewenden laſſen,
wenn ich dir nicht die Haͤlfte der Gefahr, welche
deiner Gluͤkſeeligkeit droht, verhelen wil. Wiſſe
alſo, daß auch der Umgang mit wirklich tugend-
haften Frauenzimmern fuͤr deine Unſchuld und fuͤr
dein Wohlergehn gefaͤhrlich werden kan, ſobald
du die Schranken der Hochachtung oder einer ehr-
erbietigen Freundſchaft uͤberſchreiteſt, und ſolchen
Empfindungen Raum gibſt, welche allein das
Band der Ehe heiligen und fuͤr unſern Wachs-
thum an Volkommenheit und Gluͤkſeeligkeit wohl-
thaͤtig machen kan. Glaube die Verſicherung
eines Mannes, der einen anſehnlichen Theil
ſeines Lebens dazu angewandt hat, die Natur
des Menſchen zu beobachten und zu merken,
was ihr nuͤzlich und was ihr ſchaͤdlich werden
kan; die Verſicherung: daß auch die reinſte
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Campe, Joachim Heinrich: Theophron oder der erfahrne Rathgeber für die unerfahrne Jugend. Bd. 1. Hamburg, 1783, S. 262. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/campe_theophron01_1783/292>, abgerufen am 11.06.2024.
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