stehen, wie du, und denen er, so lange sie ge- genwärtig sind, eben so viel Achtung, Freund- schaft und Vertrauen, als dir, erweiset. Sind diese früher, als du, aus seiner Geselschaft gegangen, (und ich rathe dir, es geflissentlich darauf anzulegen, daß dieses geschehen mag) und erkenst du nun aus seinem Hohnlächeln, aus seinem Achselzukken, aus seinem beissenden Urtheil über sie, wie alle die vorhergehenden Aeußerungen einer herzlichen Zuneigung und einer überschwenglichen Hochach- tung gemeint waren: so weißt du zugleich, wenn du dich nicht selber täuschen wilst, was du von seiner angeblichen Achtung und Ergebenheit auch gegen dich zu halten habest. Es ist unglaublich, wie weit die Unvorsichtigkeit der feinsten Weltleute in diesem Stük zu gehen pflegt. Sie lassen ge- meiniglich ohne Bedenken eine Maske nach der andern fallen, so wie diejenigen abtreten, um derentwillen sie dieselben vorgestekt hatten, nur diejenige nicht, welche auf uns, die wir noch zu- gegen sind, gemünzet war. Die armseeligen Gaukler! Ob sie uns etwa gar kein Vermögen, von anderer Schiksal auf das unsrige zu schließen,
oder
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ſtehen, wie du, und denen er, ſo lange ſie ge- genwaͤrtig ſind, eben ſo viel Achtung, Freund- ſchaft und Vertrauen, als dir, erweiſet. Sind dieſe fruͤher, als du, aus ſeiner Geſelſchaft gegangen, (und ich rathe dir, es gefliſſentlich darauf anzulegen, daß dieſes geſchehen mag) und erkenſt du nun aus ſeinem Hohnlaͤcheln, aus ſeinem Achſelzukken, aus ſeinem beiſſenden Urtheil uͤber ſie, wie alle die vorhergehenden Aeußerungen einer herzlichen Zuneigung und einer uͤberſchwenglichen Hochach- tung gemeint waren: ſo weißt du zugleich, wenn du dich nicht ſelber taͤuſchen wilſt, was du von ſeiner angeblichen Achtung und Ergebenheit auch gegen dich zu halten habeſt. Es iſt unglaublich, wie weit die Unvorſichtigkeit der feinſten Weltleute in dieſem Stuͤk zu gehen pflegt. Sie laſſen ge- meiniglich ohne Bedenken eine Maske nach der andern fallen, ſo wie diejenigen abtreten, um derentwillen ſie dieſelben vorgeſtekt hatten, nur diejenige nicht, welche auf uns, die wir noch zu- gegen ſind, gemuͤnzet war. Die armſeeligen Gaukler! Ob ſie uns etwa gar kein Vermoͤgen, von anderer Schikſal auf das unſrige zu ſchließen,
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ſtehen, wie du, und denen er, ſo lange ſie ge-
genwaͤrtig ſind, eben ſo viel Achtung, Freund-
ſchaft und Vertrauen, als dir, erweiſet. Sind
dieſe fruͤher, als du, aus ſeiner Geſelſchaft gegangen,
(und ich rathe dir, es gefliſſentlich darauf anzulegen,
daß dieſes geſchehen mag) und erkenſt du nun
aus ſeinem Hohnlaͤcheln, aus ſeinem Achſelzukken,
aus ſeinem beiſſenden Urtheil uͤber ſie, wie alle
die vorhergehenden Aeußerungen einer herzlichen
Zuneigung und einer uͤberſchwenglichen Hochach-
tung gemeint waren: ſo weißt du zugleich, wenn
du dich nicht ſelber taͤuſchen wilſt, was du von
ſeiner angeblichen Achtung und Ergebenheit auch
gegen dich zu halten habeſt. Es iſt unglaublich,
wie weit die Unvorſichtigkeit der feinſten Weltleute
in dieſem Stuͤk zu gehen pflegt. Sie laſſen ge-
meiniglich ohne Bedenken eine Maske nach der
andern fallen, ſo wie diejenigen abtreten, um
derentwillen ſie dieſelben vorgeſtekt hatten, nur
diejenige nicht, welche auf uns, die wir noch zu-
gegen ſind, gemuͤnzet war. Die armſeeligen
Gaukler! Ob ſie uns etwa gar kein Vermoͤgen,
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Campe, Joachim Heinrich: Theophron oder der erfahrne Rathgeber für die unerfahrne Jugend. Bd. 1. Hamburg, 1783, S. 151. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/campe_theophron01_1783/181>, abgerufen am 25.11.2024.
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