Um dieses Unglük -- das größte, welches einen Menschen hienieden treffen kan, weil es ihn zu jeder Art von wahrer Glükseeligkeit durch- aus unfähig macht! -- zu vermeiden, laß meinen Rath mit glühenden Buchstaben deinem Gedächt- nisse eingeschrieben sein: Beglükke die Lieben, welche Gott mit dir verbinden wird, so sehr du immer kanst; erwirb dir dadurch einen Schaz von häuslicher Glükseeligkeit, zu dem du jedesmahl deine Zuflucht nehmen könnest, so oft du einer Ermunterung bedarfst; diesen Schaz dir zu er- halten und zu vergrößern, laß allewege deine an- gelegentlichste Sorge sein; geneuß daneben in vollen Zügen, so oft du immer kanst, der un- schuldigen, wohlthätigen Freuden der Natur, die sie so mütterlich darbietet allen ihren Kin- dern, welche davon genießen wollen; übe deine Sele täglich, das Schöne, das Große, das Un- aussprechliche, welches ihr Anblik gewährt, im- mer lebendiger und inniger zu empfinden; laß in dieser Absicht keine der unzähligen schönen Verwandlungen dieser immer regen, immer schöpferischen Natur, welche täglich neu in ihren
Dekora-
Um dieſes Ungluͤk — das groͤßte, welches einen Menſchen hienieden treffen kan, weil es ihn zu jeder Art von wahrer Gluͤkſeeligkeit durch- aus unfaͤhig macht! — zu vermeiden, laß meinen Rath mit gluͤhenden Buchſtaben deinem Gedaͤcht- niſſe eingeſchrieben ſein: Begluͤkke die Lieben, welche Gott mit dir verbinden wird, ſo ſehr du immer kanſt; erwirb dir dadurch einen Schaz von haͤuslicher Gluͤkſeeligkeit, zu dem du jedesmahl deine Zuflucht nehmen koͤnneſt, ſo oft du einer Ermunterung bedarfſt; dieſen Schaz dir zu er- halten und zu vergroͤßern, laß allewege deine an- gelegentlichſte Sorge ſein; geneuß daneben in vollen Zuͤgen, ſo oft du immer kanſt, der un- ſchuldigen, wohlthaͤtigen Freuden der Natur, die ſie ſo muͤtterlich darbietet allen ihren Kin- dern, welche davon genießen wollen; uͤbe deine Sele taͤglich, das Schoͤne, das Große, das Un- ausſprechliche, welches ihr Anblik gewaͤhrt, im- mer lebendiger und inniger zu empfinden; laß in dieſer Abſicht keine der unzaͤhligen ſchoͤnen Verwandlungen dieſer immer regen, immer ſchoͤpferiſchen Natur, welche taͤglich neu in ihren
Dekora-
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Um dieſes Ungluͤk — das groͤßte, welches
einen Menſchen hienieden treffen kan, weil es
ihn zu jeder Art von wahrer Gluͤkſeeligkeit durch-
aus unfaͤhig macht! — zu vermeiden, laß meinen
Rath mit gluͤhenden Buchſtaben deinem Gedaͤcht-
niſſe eingeſchrieben ſein: Begluͤkke die Lieben,
welche Gott mit dir verbinden wird, ſo ſehr du
immer kanſt; erwirb dir dadurch einen Schaz von
haͤuslicher Gluͤkſeeligkeit, zu dem du jedesmahl
deine Zuflucht nehmen koͤnneſt, ſo oft du einer
Ermunterung bedarfſt; dieſen Schaz dir zu er-
halten und zu vergroͤßern, laß allewege deine an-
gelegentlichſte Sorge ſein; geneuß daneben in
vollen Zuͤgen, ſo oft du immer kanſt, der un-
ſchuldigen, wohlthaͤtigen Freuden der Natur,
die ſie ſo muͤtterlich darbietet allen ihren Kin-
dern, welche davon genießen wollen; uͤbe deine
Sele taͤglich, das Schoͤne, das Große, das Un-
ausſprechliche, welches ihr Anblik gewaͤhrt, im-
mer lebendiger und inniger zu empfinden; laß
in dieſer Abſicht keine der unzaͤhligen ſchoͤnen
Verwandlungen dieſer immer regen, immer
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Campe, Joachim Heinrich: Theophron oder der erfahrne Rathgeber für die unerfahrne Jugend. Bd. 1. Hamburg, 1783, S. 72. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/campe_theophron01_1783/102>, abgerufen am 22.11.2024.
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