stand aber bald wieder stille, trat abermahls etwas näher und stand von neuem stille und zwar mit sichtbarer Angst und in der Stellung eines Betenden. Robinson gab ihm alle er- sinliche Zeichen von Freundschaftsbezeugung und winkte ihm abermahls herzu zu treten. Er thats; doch kniete er alle zehn oder zwölf Schritte mit den demüthigsten Gebehrden nieder, als wenn er ihm danken, und zugleich ihm huldigen wolte.
Robinson nahm hierauf seine Maske ab um ihm ein menschliches und freundliches Ge- sicht zu zeigen; worauf er ohne Bedenken näher trat, vor ihm niederkniete, den Boden küßte, sich plat niederlegte und Robinsons Fuß auf seinen Nakken sezte, vermuthlich zur Versiche- rung, daß er sein Sklav sein wolle. Unser Held, dem es mehr um einen Freund, als um einen Sklaven zu thun war, hob ihn liebreich auf, und suchte ihn auf jede nur mögliche Weise zu überzeugen, daß er nichts als Gutes und Liebes von ihm zu erwarten habe. Allein da war noch mehr zu thun.
Einer
ſtand aber bald wieder ſtille, trat abermahls etwas naͤher und ſtand von neuem ſtille und zwar mit ſichtbarer Angſt und in der Stellung eines Betenden. Robinſon gab ihm alle er- ſinliche Zeichen von Freundſchaftsbezeugung und winkte ihm abermahls herzu zu treten. Er thats; doch kniete er alle zehn oder zwoͤlf Schritte mit den demuͤthigſten Gebehrden nieder, als wenn er ihm danken, und zugleich ihm huldigen wolte.
Robinſon nahm hierauf ſeine Maſke ab um ihm ein menſchliches und freundliches Ge- ſicht zu zeigen; worauf er ohne Bedenken naͤher trat, vor ihm niederkniete, den Boden kuͤßte, ſich plat niederlegte und Robinſons Fuß auf ſeinen Nakken ſezte, vermuthlich zur Verſiche- rung, daß er ſein Sklav ſein wolle. Unſer Held, dem es mehr um einen Freund, als um einen Sklaven zu thun war, hob ihn liebreich auf, und ſuchte ihn auf jede nur moͤgliche Weiſe zu uͤberzeugen, daß er nichts als Gutes und Liebes von ihm zu erwarten habe. Allein da war noch mehr zu thun.
Einer
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0080"n="74"/>ſtand aber bald wieder ſtille, trat abermahls<lb/>
etwas naͤher und ſtand von neuem ſtille und<lb/>
zwar mit ſichtbarer Angſt und in der Stellung<lb/>
eines Betenden. <hirendition="#fr">Robinſon</hi> gab ihm alle er-<lb/>ſinliche Zeichen von Freundſchaftsbezeugung und<lb/>
winkte ihm abermahls herzu zu treten. Er thats;<lb/>
doch kniete er alle zehn oder zwoͤlf Schritte mit<lb/>
den demuͤthigſten Gebehrden nieder, als wenn<lb/>
er ihm danken, und zugleich ihm huldigen<lb/>
wolte.</p><lb/><p><hirendition="#fr">Robinſon</hi> nahm hierauf ſeine Maſke ab<lb/>
um ihm ein menſchliches und freundliches Ge-<lb/>ſicht zu zeigen; worauf er ohne Bedenken naͤher<lb/>
trat, vor ihm niederkniete, den Boden kuͤßte,<lb/>ſich plat niederlegte und <hirendition="#fr">Robinſons</hi> Fuß auf<lb/>ſeinen Nakken ſezte, vermuthlich zur Verſiche-<lb/>
rung, daß er ſein Sklav ſein wolle. Unſer<lb/>
Held, dem es mehr um einen Freund, als um<lb/>
einen Sklaven zu thun war, hob ihn liebreich<lb/>
auf, und ſuchte ihn auf jede nur moͤgliche Weiſe<lb/>
zu uͤberzeugen, daß er nichts als Gutes und<lb/>
Liebes von ihm zu erwarten habe. Allein da<lb/>
war noch mehr zu thun.</p><lb/><fwplace="bottom"type="catch">Einer</fw><lb/></div></div></body></text></TEI>
[74/0080]
ſtand aber bald wieder ſtille, trat abermahls
etwas naͤher und ſtand von neuem ſtille und
zwar mit ſichtbarer Angſt und in der Stellung
eines Betenden. Robinſon gab ihm alle er-
ſinliche Zeichen von Freundſchaftsbezeugung und
winkte ihm abermahls herzu zu treten. Er thats;
doch kniete er alle zehn oder zwoͤlf Schritte mit
den demuͤthigſten Gebehrden nieder, als wenn
er ihm danken, und zugleich ihm huldigen
wolte.
Robinſon nahm hierauf ſeine Maſke ab
um ihm ein menſchliches und freundliches Ge-
ſicht zu zeigen; worauf er ohne Bedenken naͤher
trat, vor ihm niederkniete, den Boden kuͤßte,
ſich plat niederlegte und Robinſons Fuß auf
ſeinen Nakken ſezte, vermuthlich zur Verſiche-
rung, daß er ſein Sklav ſein wolle. Unſer
Held, dem es mehr um einen Freund, als um
einen Sklaven zu thun war, hob ihn liebreich
auf, und ſuchte ihn auf jede nur moͤgliche Weiſe
zu uͤberzeugen, daß er nichts als Gutes und
Liebes von ihm zu erwarten habe. Allein da
war noch mehr zu thun.
Einer
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Campe, Joachim Heinrich: Robinson der Jüngere. Bd. 2. Hamburg, 1780, S. 74. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/campe_robinson02_1780/80>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.