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Campe, Joachim Heinrich: Robinson der Jüngere. Bd. 2. Hamburg, 1780.

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das ist alles!" -- "Also, erwiederte Robin-
son
, weil du und ich mit unsern kurzsichtigen
Augen keine andere Wirkung des Sturms, als
die Wegführung des Kahns, wahrnehmen; so
glaubst du, daß auch Gott, der Alweise, keine
andere Ursache, ihn zuschikken, gehabt habe?
Unverständiger, wie kanst du dich erkühnen,
die Absichten des großen Gottes beurtheilen zu
wollen! --

"Ja, aber was könt' er denn auch wohl für
Nuzen für uns gehabt haben? "fragte Frei-
tag
. "Must du mich darum fragen? ant-
worte Robinson. Bin ich alwissend, um die
Absichten des Weltregenten verstehen zu können?
Vermuthen kann ich freilich dies und das: aber
wer sagt mir, ob ich's getroffen habe? Viel-
leicht hatten auf unserer Insel sich so viele unge-
sunde Dünste gesammelt, daß ein Sturmwind
nöthig war, um sie zu zerstreuen, wenn wir
beide nicht krank werden, oder sterben solten!
Vielleicht hätte der Kahn, wär' er geblieben,
uns ins Verderben geführt! Vielleicht -- Doch
wozu alle diese vielleichts, da es uns genug

sein

das iſt alles!„ — „Alſo, erwiederte Robin-
ſon
, weil du und ich mit unſern kurzſichtigen
Augen keine andere Wirkung des Sturms, als
die Wegfuͤhrung des Kahns, wahrnehmen; ſo
glaubſt du, daß auch Gott, der Alweiſe, keine
andere Urſache, ihn zuſchikken, gehabt habe?
Unverſtaͤndiger, wie kanſt du dich erkuͤhnen,
die Abſichten des großen Gottes beurtheilen zu
wollen! —

„Ja, aber was koͤnt' er denn auch wohl fuͤr
Nuzen fuͤr uns gehabt haben? „fragte Frei-
tag
. „Muſt du mich darum fragen? ant-
worte Robinſon. Bin ich alwiſſend, um die
Abſichten des Weltregenten verſtehen zu koͤnnen?
Vermuthen kann ich freilich dies und das: aber
wer ſagt mir, ob ich's getroffen habe? Viel-
leicht hatten auf unſerer Inſel ſich ſo viele unge-
ſunde Duͤnſte geſammelt, daß ein Sturmwind
noͤthig war, um ſie zu zerſtreuen, wenn wir
beide nicht krank werden, oder ſterben ſolten!
Vielleicht haͤtte der Kahn, waͤr' er geblieben,
uns ins Verderben gefuͤhrt! Vielleicht — Doch
wozu alle dieſe vielleichts, da es uns genug

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[190/0196] das iſt alles!„ — „Alſo, erwiederte Robin- ſon, weil du und ich mit unſern kurzſichtigen Augen keine andere Wirkung des Sturms, als die Wegfuͤhrung des Kahns, wahrnehmen; ſo glaubſt du, daß auch Gott, der Alweiſe, keine andere Urſache, ihn zuſchikken, gehabt habe? Unverſtaͤndiger, wie kanſt du dich erkuͤhnen, die Abſichten des großen Gottes beurtheilen zu wollen! — „Ja, aber was koͤnt' er denn auch wohl fuͤr Nuzen fuͤr uns gehabt haben? „fragte Frei- tag. „Muſt du mich darum fragen? ant- worte Robinſon. Bin ich alwiſſend, um die Abſichten des Weltregenten verſtehen zu koͤnnen? Vermuthen kann ich freilich dies und das: aber wer ſagt mir, ob ich's getroffen habe? Viel- leicht hatten auf unſerer Inſel ſich ſo viele unge- ſunde Duͤnſte geſammelt, daß ein Sturmwind noͤthig war, um ſie zu zerſtreuen, wenn wir beide nicht krank werden, oder ſterben ſolten! Vielleicht haͤtte der Kahn, waͤr' er geblieben, uns ins Verderben gefuͤhrt! Vielleicht — Doch wozu alle dieſe vielleichts, da es uns genug ſein

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Zitationshilfe: Campe, Joachim Heinrich: Robinson der Jüngere. Bd. 2. Hamburg, 1780, S. 190. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/campe_robinson02_1780/196>, abgerufen am 02.05.2024.