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Campe, Joachim Heinrich: Robinson der Jüngere. Bd. 2. Hamburg, 1780.

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Abscheulichkeit er ganz und gar keinen Begrif
hatte.

Jezt waren sie bei der Feuerstelle angekom-
men. Welch ein Anblik! Hier lagen Knochen,
dort halb zernagte Fleischstükken von Menschen
und an verschiedenen Stellen war der Boden
mit Blut gefärbt. Robinson muste seine Au-
gen davon abkehren. Er befahl Freitag, al-
les auf einen Haufen zu werfen, dan ein Loch
in die Erde zu graben, und die traurigen Ueber-
bleibsel der Unmenschlichkeit seiner Landsleute
darin zu verscharren; und Freitag gehorchte.

Robinson suchte unterdeß mit grosser Sorg-
falt die Asche durch, ob nicht vielleicht ein Fünk-
chen Feuer mögte übrig geblieben sein? Aber
umsonst! Es war gänzlich erloschen. Das war
nun sehr traurig für ihn; denn nach dem der
Himmel ihm einen Geselschafter verliehen hatte,
blieb ihm vor der Hand fast nichts zu wünschen
übrig, als -- Feuer. Indem er nun mit ge-
senktem Kopfe da stand und mit traurigen Blik-
ken die todte Asche betrachtete: machte Freitag,
der ihm eine Zeitlang aufmerksam zugesehen

hatte,

Abſcheulichkeit er ganz und gar keinen Begrif
hatte.

Jezt waren ſie bei der Feuerſtelle angekom-
men. Welch ein Anblik! Hier lagen Knochen,
dort halb zernagte Fleiſchſtuͤkken von Menſchen
und an verſchiedenen Stellen war der Boden
mit Blut gefaͤrbt. Robinſon muſte ſeine Au-
gen davon abkehren. Er befahl Freitag, al-
les auf einen Haufen zu werfen, dan ein Loch
in die Erde zu graben, und die traurigen Ueber-
bleibſel der Unmenſchlichkeit ſeiner Landsleute
darin zu verſcharren; und Freitag gehorchte.

Robinſon ſuchte unterdeß mit groſſer Sorg-
falt die Aſche durch, ob nicht vielleicht ein Fuͤnk-
chen Feuer moͤgte uͤbrig geblieben ſein? Aber
umſonſt! Es war gaͤnzlich erloſchen. Das war
nun ſehr traurig fuͤr ihn; denn nach dem der
Himmel ihm einen Geſelſchafter verliehen hatte,
blieb ihm vor der Hand faſt nichts zu wuͤnſchen
uͤbrig, als — Feuer. Indem er nun mit ge-
ſenktem Kopfe da ſtand und mit traurigen Blik-
ken die todte Aſche betrachtete: machte Freitag,
der ihm eine Zeitlang aufmerkſam zugeſehen

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[96/0102] Abſcheulichkeit er ganz und gar keinen Begrif hatte. Jezt waren ſie bei der Feuerſtelle angekom- men. Welch ein Anblik! Hier lagen Knochen, dort halb zernagte Fleiſchſtuͤkken von Menſchen und an verſchiedenen Stellen war der Boden mit Blut gefaͤrbt. Robinſon muſte ſeine Au- gen davon abkehren. Er befahl Freitag, al- les auf einen Haufen zu werfen, dan ein Loch in die Erde zu graben, und die traurigen Ueber- bleibſel der Unmenſchlichkeit ſeiner Landsleute darin zu verſcharren; und Freitag gehorchte. Robinſon ſuchte unterdeß mit groſſer Sorg- falt die Aſche durch, ob nicht vielleicht ein Fuͤnk- chen Feuer moͤgte uͤbrig geblieben ſein? Aber umſonſt! Es war gaͤnzlich erloſchen. Das war nun ſehr traurig fuͤr ihn; denn nach dem der Himmel ihm einen Geſelſchafter verliehen hatte, blieb ihm vor der Hand faſt nichts zu wuͤnſchen uͤbrig, als — Feuer. Indem er nun mit ge- ſenktem Kopfe da ſtand und mit traurigen Blik- ken die todte Aſche betrachtete: machte Freitag, der ihm eine Zeitlang aufmerkſam zugeſehen hatte,

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Zitationshilfe: Campe, Joachim Heinrich: Robinson der Jüngere. Bd. 2. Hamburg, 1780, S. 96. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/campe_robinson02_1780/102>, abgerufen am 04.05.2024.