Gewitter schlug nemlich in den Baum, wel- cher über seiner Höle stand, und zerschmetter- te ihn mit einem so entsezlichen Krachen, daß dem armen Robinson Sehen und Hören verging und daß er sich einbildete, er wäre selbst erschlagen worden.
Lange blieb er liegen, ohne sich seiner selbst bewust zu sein. Endlich, da er merkte, daß er noch lebte, richtete er sich wieder auf; und das erste, was er vor der Thür seiner Höle erblikte, war ein Theil des Baums, den der Wetterschlag zerschmettert und herab geworfen hatte. Ein neues Unglük für ihn! Woran solte er nun seine Strikleiter befesti- gen, wenn der ganze Baum, wie er glaubte, zerschlagen war?
Da der Regen indessen gänzlich nachgelas- sen hatte, und auch kein Donner weiter ge- hört wurde: so wagte er's endlich, hinaus zu gehen. Und was erblikte er nun?
Etwas, welches ihn auf einmahl wieder mit Dank und Liebe gegen Gott und mit tiefer Schaam über seine vorige Kleinmüthig-
keit
Gewitter ſchlug nemlich in den Baum, wel- cher uͤber ſeiner Hoͤle ſtand, und zerſchmetter- te ihn mit einem ſo entſezlichen Krachen, daß dem armen Robinſon Sehen und Hoͤren verging und daß er ſich einbildete, er waͤre ſelbſt erſchlagen worden.
Lange blieb er liegen, ohne ſich ſeiner ſelbſt bewuſt zu ſein. Endlich, da er merkte, daß er noch lebte, richtete er ſich wieder auf; und das erſte, was er vor der Thuͤr ſeiner Hoͤle erblikte, war ein Theil des Baums, den der Wetterſchlag zerſchmettert und herab geworfen hatte. Ein neues Ungluͤk fuͤr ihn! Woran ſolte er nun ſeine Strikleiter befeſti- gen, wenn der ganze Baum, wie er glaubte, zerſchlagen war?
Da der Regen indeſſen gaͤnzlich nachgelaſ- ſen hatte, und auch kein Donner weiter ge- hoͤrt wurde: ſo wagte er's endlich, hinaus zu gehen. Und was erblikte er nun?
Etwas, welches ihn auf einmahl wieder mit Dank und Liebe gegen Gott und mit tiefer Schaam uͤber ſeine vorige Kleinmuͤthig-
keit
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0180"n="140"/>
Gewitter ſchlug nemlich in den Baum, wel-<lb/>
cher uͤber ſeiner Hoͤle ſtand, und zerſchmetter-<lb/>
te ihn mit einem ſo entſezlichen Krachen, daß<lb/>
dem armen <hirendition="#fr">Robinſon</hi> Sehen und Hoͤren<lb/>
verging und daß er ſich einbildete, er waͤre<lb/>ſelbſt erſchlagen worden.</p><lb/><p>Lange blieb er liegen, ohne ſich ſeiner ſelbſt<lb/>
bewuſt zu ſein. Endlich, da er merkte, daß<lb/>
er noch lebte, richtete er ſich wieder auf;<lb/>
und das erſte, was er vor der Thuͤr ſeiner<lb/>
Hoͤle erblikte, war ein Theil des Baums,<lb/>
den der Wetterſchlag zerſchmettert und herab<lb/>
geworfen hatte. Ein neues Ungluͤk fuͤr ihn!<lb/>
Woran ſolte er nun ſeine Strikleiter befeſti-<lb/>
gen, wenn der ganze Baum, wie er glaubte,<lb/>
zerſchlagen war?</p><lb/><p>Da der Regen indeſſen gaͤnzlich nachgelaſ-<lb/>ſen hatte, und auch kein Donner weiter ge-<lb/>
hoͤrt wurde: ſo wagte er's endlich, hinaus zu<lb/>
gehen. Und was erblikte er nun?</p><lb/><p>Etwas, welches ihn auf einmahl wieder<lb/>
mit Dank und Liebe gegen Gott und mit<lb/>
tiefer Schaam uͤber ſeine vorige Kleinmuͤthig-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">keit</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[140/0180]
Gewitter ſchlug nemlich in den Baum, wel-
cher uͤber ſeiner Hoͤle ſtand, und zerſchmetter-
te ihn mit einem ſo entſezlichen Krachen, daß
dem armen Robinſon Sehen und Hoͤren
verging und daß er ſich einbildete, er waͤre
ſelbſt erſchlagen worden.
Lange blieb er liegen, ohne ſich ſeiner ſelbſt
bewuſt zu ſein. Endlich, da er merkte, daß
er noch lebte, richtete er ſich wieder auf;
und das erſte, was er vor der Thuͤr ſeiner
Hoͤle erblikte, war ein Theil des Baums,
den der Wetterſchlag zerſchmettert und herab
geworfen hatte. Ein neues Ungluͤk fuͤr ihn!
Woran ſolte er nun ſeine Strikleiter befeſti-
gen, wenn der ganze Baum, wie er glaubte,
zerſchlagen war?
Da der Regen indeſſen gaͤnzlich nachgelaſ-
ſen hatte, und auch kein Donner weiter ge-
hoͤrt wurde: ſo wagte er's endlich, hinaus zu
gehen. Und was erblikte er nun?
Etwas, welches ihn auf einmahl wieder
mit Dank und Liebe gegen Gott und mit
tiefer Schaam uͤber ſeine vorige Kleinmuͤthig-
keit
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Campe, Joachim Heinrich: Robinson der Jüngere. Bd. 1. Hamburg, 1779, S. 140. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/campe_robinson01_1779/180>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.