Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Campe, Joachim Heinrich: Robinson der Jüngere. Bd. 1. Hamburg, 1779.

Bild:
<< vorherige Seite

den, sondern an Krankheiten und vor Alter
stürben; weil sie sich einander nicht so helfen
können, als die Menschen sich einander helfen!

Vater. Und dan, so müssen wir auch
nicht glauben, daß der Tod, den wir den Thie-
ren anthun, ihnen so viel Schmerz verursa-
che, als es uns wohl vorkömt. Sie wissen nicht
vorher, daß sie geschlachtet werden sollen, sind
daher ruhig und zufrieden bis auf den lezten
Augenblik, und die Empfindung des Schmer-
zes, während daß sie getödtet werden, ist
bald vorüber.

In dem Augenblikke, da Robinson das
junge Lama erschlagen hatte, fiel ihm erst die
Frage ein: wie er nun mit der Zubereitung
des Fleisches würde zu Stande kommen können?

Lotte. I kont' ers denn nicht kochen
oder braten?

Vater. Das hätte er gern gethan; aber
es fehlte ihm unglüklicher Weise an Allem,
was er dazu nöthig hatte. Er hatte keinen
Topf und keinen Bratspieß, und, was das
Schlimste war, -- er hatte nicht einmahl Feuer?

Lotte.

den, ſondern an Krankheiten und vor Alter
ſtuͤrben; weil ſie ſich einander nicht ſo helfen
koͤnnen, als die Menſchen ſich einander helfen!

Vater. Und dan, ſo muͤſſen wir auch
nicht glauben, daß der Tod, den wir den Thie-
ren anthun, ihnen ſo viel Schmerz verurſa-
che, als es uns wohl vorkoͤmt. Sie wiſſen nicht
vorher, daß ſie geſchlachtet werden ſollen, ſind
daher ruhig und zufrieden bis auf den lezten
Augenblik, und die Empfindung des Schmer-
zes, waͤhrend daß ſie getoͤdtet werden, iſt
bald voruͤber.

In dem Augenblikke, da Robinſon das
junge Lama erſchlagen hatte, fiel ihm erſt die
Frage ein: wie er nun mit der Zubereitung
des Fleiſches wuͤrde zu Stande kommen koͤnnen?

Lotte. I kont' ers denn nicht kochen
oder braten?

Vater. Das haͤtte er gern gethan; aber
es fehlte ihm ungluͤklicher Weiſe an Allem,
was er dazu noͤthig hatte. Er hatte keinen
Topf und keinen Bratſpieß, und, was das
Schlimſte war, — er hatte nicht einmahl Feuer?

Lotte.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0163" n="123"/>
den, &#x017F;ondern an Krankheiten und vor Alter<lb/>
&#x017F;tu&#x0364;rben; weil &#x017F;ie &#x017F;ich einander nicht &#x017F;o helfen<lb/>
ko&#x0364;nnen, als die Men&#x017F;chen &#x017F;ich einander helfen!</p><lb/>
          <p><hi rendition="#fr">Vater.</hi> Und dan, &#x017F;o mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en wir auch<lb/>
nicht glauben, daß der Tod, den wir den Thie-<lb/>
ren anthun, ihnen &#x017F;o viel Schmerz verur&#x017F;a-<lb/>
che, als es uns wohl vorko&#x0364;mt. Sie wi&#x017F;&#x017F;en nicht<lb/>
vorher, daß &#x017F;ie ge&#x017F;chlachtet werden &#x017F;ollen, &#x017F;ind<lb/>
daher ruhig und zufrieden bis auf den lezten<lb/>
Augenblik, und die Empfindung des Schmer-<lb/>
zes, wa&#x0364;hrend daß &#x017F;ie geto&#x0364;dtet werden, i&#x017F;t<lb/>
bald voru&#x0364;ber.</p><lb/>
          <p>In dem Augenblikke, da <hi rendition="#fr">Robin&#x017F;on</hi> das<lb/>
junge Lama er&#x017F;chlagen hatte, fiel ihm er&#x017F;t die<lb/>
Frage ein: wie er nun mit der Zubereitung<lb/>
des Flei&#x017F;ches wu&#x0364;rde zu Stande kommen ko&#x0364;nnen?</p><lb/>
          <p><hi rendition="#fr">Lotte.</hi> I kont' ers denn nicht kochen<lb/>
oder braten?</p><lb/>
          <p><hi rendition="#fr">Vater.</hi> Das ha&#x0364;tte er gern gethan; aber<lb/>
es fehlte ihm unglu&#x0364;klicher Wei&#x017F;e an Allem,<lb/>
was er dazu no&#x0364;thig hatte. Er hatte keinen<lb/>
Topf und keinen Brat&#x017F;pieß, und, was das<lb/>
Schlim&#x017F;te war, &#x2014; er hatte nicht einmahl Feuer?</p><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">Lotte.</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[123/0163] den, ſondern an Krankheiten und vor Alter ſtuͤrben; weil ſie ſich einander nicht ſo helfen koͤnnen, als die Menſchen ſich einander helfen! Vater. Und dan, ſo muͤſſen wir auch nicht glauben, daß der Tod, den wir den Thie- ren anthun, ihnen ſo viel Schmerz verurſa- che, als es uns wohl vorkoͤmt. Sie wiſſen nicht vorher, daß ſie geſchlachtet werden ſollen, ſind daher ruhig und zufrieden bis auf den lezten Augenblik, und die Empfindung des Schmer- zes, waͤhrend daß ſie getoͤdtet werden, iſt bald voruͤber. In dem Augenblikke, da Robinſon das junge Lama erſchlagen hatte, fiel ihm erſt die Frage ein: wie er nun mit der Zubereitung des Fleiſches wuͤrde zu Stande kommen koͤnnen? Lotte. I kont' ers denn nicht kochen oder braten? Vater. Das haͤtte er gern gethan; aber es fehlte ihm ungluͤklicher Weiſe an Allem, was er dazu noͤthig hatte. Er hatte keinen Topf und keinen Bratſpieß, und, was das Schlimſte war, — er hatte nicht einmahl Feuer? Lotte.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/campe_robinson01_1779
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/campe_robinson01_1779/163
Zitationshilfe: Campe, Joachim Heinrich: Robinson der Jüngere. Bd. 1. Hamburg, 1779, S. 123. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/campe_robinson01_1779/163>, abgerufen am 24.04.2024.