Johannes. Weil ich jezt einsehe, daß es eine unverständige Frage war?
Vater. Warum eine unverständige?
Johannes. Ja, weil Gott am besten weiß, warum er etwas thut, und weil wir das nicht wissen können!
Vater. Der liebe Gott hatte also ohnstrei- tig seine weisen und gütigen Ursachen, warum er die ganze Schifsgeselschaft umkommen, und nur den Robinson allein am Leben lies aber wir können diese Ursachen nicht begreifen. Vermuthen können wir wohl so etwas, aber wir müssen uns nie einbilden, daß wir es getroffen haben.
Gott konte z. E. vorher sehen, daß den Leuten, die er ertrinken ließ, ein längeres Leben mehr schädlich, als nüzlich sein würde; daß sie in große Noth gerathen, oder gar, daß sie lasterhaft werden würden: deswegen nahm er sie von der Erde weg und führte ihre unsterblichen Selen an einen Ort, wo
sie
Johannes. Nein!
Vater. Warum nicht?
Johannes. Weil ich jezt einſehe, daß es eine unverſtaͤndige Frage war?
Vater. Warum eine unverſtaͤndige?
Johannes. Ja, weil Gott am beſten weiß, warum er etwas thut, und weil wir das nicht wiſſen koͤnnen!
Vater. Der liebe Gott hatte alſo ohnſtrei- tig ſeine weiſen und guͤtigen Urſachen, warum er die ganze Schifsgeſelſchaft umkommen, und nur den Robinſon allein am Leben lies aber wir koͤnnen dieſe Urſachen nicht begreifen. Vermuthen koͤnnen wir wohl ſo etwas, aber wir muͤſſen uns nie einbilden, daß wir es getroffen haben.
Gott konte z. E. vorher ſehen, daß den Leuten, die er ertrinken ließ, ein laͤngeres Leben mehr ſchaͤdlich, als nuͤzlich ſein wuͤrde; daß ſie in große Noth gerathen, oder gar, daß ſie laſterhaft werden wuͤrden: deswegen nahm er ſie von der Erde weg und fuͤhrte ihre unſterblichen Selen an einen Ort, wo
ſie
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0100"n="60"/><p><hirendition="#fr">Johannes.</hi> Nein!</p><lb/><p><hirendition="#fr">Vater.</hi> Warum nicht?</p><lb/><p><hirendition="#fr">Johannes.</hi> Weil ich jezt einſehe, daß<lb/>
es eine unverſtaͤndige Frage war?</p><lb/><p><hirendition="#fr">Vater.</hi> Warum eine unverſtaͤndige?</p><lb/><p><hirendition="#fr">Johannes.</hi> Ja, weil Gott am beſten<lb/>
weiß, warum er etwas thut, und weil wir<lb/>
das nicht wiſſen koͤnnen!</p><lb/><p><hirendition="#fr">Vater.</hi> Der liebe Gott hatte alſo ohnſtrei-<lb/>
tig ſeine weiſen und guͤtigen Urſachen, warum<lb/>
er die ganze Schifsgeſelſchaft umkommen, und<lb/>
nur den <hirendition="#fr">Robinſon</hi> allein am Leben lies aber<lb/>
wir koͤnnen dieſe Urſachen nicht begreifen.<lb/>
Vermuthen koͤnnen wir wohl ſo etwas, aber<lb/>
wir muͤſſen uns nie einbilden, daß wir es<lb/>
getroffen haben.</p><lb/><p>Gott konte z. E. vorher ſehen, daß den<lb/>
Leuten, die er ertrinken ließ, ein laͤngeres<lb/>
Leben mehr ſchaͤdlich, als nuͤzlich ſein wuͤrde;<lb/>
daß ſie in große Noth gerathen, oder gar,<lb/>
daß ſie laſterhaft werden wuͤrden: deswegen<lb/>
nahm er ſie von der Erde weg und fuͤhrte<lb/>
ihre unſterblichen Selen an einen Ort, wo<lb/><fwplace="bottom"type="catch">ſie</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[60/0100]
Johannes. Nein!
Vater. Warum nicht?
Johannes. Weil ich jezt einſehe, daß
es eine unverſtaͤndige Frage war?
Vater. Warum eine unverſtaͤndige?
Johannes. Ja, weil Gott am beſten
weiß, warum er etwas thut, und weil wir
das nicht wiſſen koͤnnen!
Vater. Der liebe Gott hatte alſo ohnſtrei-
tig ſeine weiſen und guͤtigen Urſachen, warum
er die ganze Schifsgeſelſchaft umkommen, und
nur den Robinſon allein am Leben lies aber
wir koͤnnen dieſe Urſachen nicht begreifen.
Vermuthen koͤnnen wir wohl ſo etwas, aber
wir muͤſſen uns nie einbilden, daß wir es
getroffen haben.
Gott konte z. E. vorher ſehen, daß den
Leuten, die er ertrinken ließ, ein laͤngeres
Leben mehr ſchaͤdlich, als nuͤzlich ſein wuͤrde;
daß ſie in große Noth gerathen, oder gar,
daß ſie laſterhaft werden wuͤrden: deswegen
nahm er ſie von der Erde weg und fuͤhrte
ihre unſterblichen Selen an einen Ort, wo
ſie
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Campe, Joachim Heinrich: Robinson der Jüngere. Bd. 1. Hamburg, 1779, S. 60. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/campe_robinson01_1779/100>, abgerufen am 27.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.