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[Calvi, François de]: Beutelschneider, oder newe warhaffte vnd eigentliche Beschreibung der Diebs Historien. [Bd. 1]. Frankfurt (Main), 1627.

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Beutelschneider/ oder
Gesellschafft/ der jhn in arglistigkeit hette übertrof-
fen: Dann er erdachte allzeit newe grieff/ daß er
auch die aller verschlageneste über den Dölpel
warffe/ ja es wurde manchmal einer von jhm er-
dappet/ der frey stillschweigens darvon gienge/ wie
ein Hund/ der den Schwantz zwischen den Bey-
nen träget. Ich würde es gar zu lang machen/
wann ich wolte erzehlen alle vnterschiedliche Bu-
benstück/ welche er in seinem gantzen Leben hat be-
gangen: Welches ich für dißmal gar mit still-
schweigen wil übergehen/ wil euch nur allein erzeh-
len/ wie er ist gefangen vnnd hingerichtet worden/
welches dann eben so schrecklich/ als sein Leben böß
ist gewesen.

Der Krug gehet so lang zum Brunnen/ biß daß
er bricht/ sagt man in dem Sprichwort: Vnnd
wann wir meynen/ wir sitzen gar oben auff dem
Glücksrad/ so läst Gott das Rad herumber gehen/
daß wir heraber fallen/ von vnserer fälschlich ein-
gebildeten Hochheit/ vnnd darauff gerahten wir
manchmals in grosses Vnglück/ daß wir darüber
so bestürtzet vnnd betrübet werden/ als wir zuvor
frölich vnnd lustig gewesen/ da wir oben auff dem
Glückrad gesessen haben. La Fleur war nun mehr
zu vnterschiedlichen malen darvon kommen/ aber
endlich ist er auch hangen blieben.

La Fleur kennete wol einen vornemen Bür-
ger von Rennes/ welcher fleissig zu Paris ware/
vnnd sich bey einem Rentmeister inn der Gassen
Sainet Martin/ dieweil er sein Blutsfreund vnd
Verwandter war/ auffzuhalten pflegte: Da dich-

tet

Beutelſchneider/ oder
Geſellſchafft/ der jhn in argliſtigkeit hette uͤbertrof-
fen: Dann er erdachte allzeit newe grieff/ daß er
auch die aller verſchlageneſte uͤber den Doͤlpel
warffe/ ja es wurde manchmal einer von jhm er-
dappet/ der frey ſtillſchweigens darvon gienge/ wie
ein Hund/ der den Schwantz zwiſchen den Bey-
nen traͤget. Ich wuͤrde es gar zu lang machen/
wann ich wolte erzehlen alle vnterſchiedliche Bu-
benſtuͤck/ welche er in ſeinem gantzen Leben hat be-
gangen: Welches ich fuͤr dißmal gar mit ſtill-
ſchweigen wil uͤbergehen/ wil euch nur allein erzeh-
len/ wie er iſt gefangen vnnd hingerichtet worden/
welches dann eben ſo ſchrecklich/ als ſein Leben boͤß
iſt geweſen.

Der Krug gehet ſo lang zum Brunnen/ biß daß
er bricht/ ſagt man in dem Sprichwort: Vnnd
wann wir meynen/ wir ſitzen gar oben auff dem
Gluͤcksrad/ ſo laͤſt Gott das Rad herumber gehen/
daß wir heraber fallen/ von vnſerer faͤlſchlich ein-
gebildeten Hochheit/ vnnd darauff gerahten wir
manchmals in groſſes Vngluͤck/ daß wir daruͤber
ſo beſtuͤrtzet vnnd betruͤbet werden/ als wir zuvor
froͤlich vnnd luſtig geweſen/ da wir oben auff dem
Gluͤckrad geſeſſen haben. La Fleur war nun mehr
zu vnterſchiedlichen malen darvon kommen/ aber
endlich iſt er auch hangen blieben.

La Fleur kennete wol einen vornemen Buͤr-
ger von Rennes/ welcher fleiſſig zu Paris ware/
vnnd ſich bey einem Rentmeiſter inn der Gaſſen
Sainet Martin/ dieweil er ſein Blutsfreund vnd
Verwandter war/ auffzuhalten pflegte: Da dich-

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[174/0186] Beutelſchneider/ oder Geſellſchafft/ der jhn in argliſtigkeit hette uͤbertrof- fen: Dann er erdachte allzeit newe grieff/ daß er auch die aller verſchlageneſte uͤber den Doͤlpel warffe/ ja es wurde manchmal einer von jhm er- dappet/ der frey ſtillſchweigens darvon gienge/ wie ein Hund/ der den Schwantz zwiſchen den Bey- nen traͤget. Ich wuͤrde es gar zu lang machen/ wann ich wolte erzehlen alle vnterſchiedliche Bu- benſtuͤck/ welche er in ſeinem gantzen Leben hat be- gangen: Welches ich fuͤr dißmal gar mit ſtill- ſchweigen wil uͤbergehen/ wil euch nur allein erzeh- len/ wie er iſt gefangen vnnd hingerichtet worden/ welches dann eben ſo ſchrecklich/ als ſein Leben boͤß iſt geweſen. Der Krug gehet ſo lang zum Brunnen/ biß daß er bricht/ ſagt man in dem Sprichwort: Vnnd wann wir meynen/ wir ſitzen gar oben auff dem Gluͤcksrad/ ſo laͤſt Gott das Rad herumber gehen/ daß wir heraber fallen/ von vnſerer faͤlſchlich ein- gebildeten Hochheit/ vnnd darauff gerahten wir manchmals in groſſes Vngluͤck/ daß wir daruͤber ſo beſtuͤrtzet vnnd betruͤbet werden/ als wir zuvor froͤlich vnnd luſtig geweſen/ da wir oben auff dem Gluͤckrad geſeſſen haben. La Fleur war nun mehr zu vnterſchiedlichen malen darvon kommen/ aber endlich iſt er auch hangen blieben. La Fleur kennete wol einen vornemen Buͤr- ger von Rennes/ welcher fleiſſig zu Paris ware/ vnnd ſich bey einem Rentmeiſter inn der Gaſſen Sainet Martin/ dieweil er ſein Blutsfreund vnd Verwandter war/ auffzuhalten pflegte: Da dich- tet

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Zitationshilfe: [Calvi, François de]: Beutelschneider, oder newe warhaffte vnd eigentliche Beschreibung der Diebs Historien. [Bd. 1]. Frankfurt (Main), 1627, S. 174. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/calvi_beutelschneider01_1627/186>, abgerufen am 04.05.2024.