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Butschky, Samuel von: Die Hochdeutsche Kantzeley. Breslau u. a., [1652].

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Ein schön Lob keuscher Liebe:
stellet ihrer Zuneigung kein ander/ als der
Tugend Ziel; und liebet das/ was man Ur-
sach zu lieben: aber die Falsche fället aller
Ohrten ohne Unterscheid an/ und folget/ als
blind/ keinen andern Weg/ als ihres eigenen
Sinnes: Aller Uberflus geschiehet gewalt-
tähtiger Weise; erkennet auch kein andere
Vernunft/ als ihrer selbst Empfindnüs.

Und dieses ist die Liebe/ so man eine Pein
nennet/ als welche von allen Gebrechen an-
gefüllet; und welche wier nicht unbillich in
Vermeidung dessen/ so es verursachet/ flie-
hen/ und aus dem Wege treten sollen. Denn
anfänglich machet sie sich zu einer Meiste-
rin unserer Sinne/ üm damit die Kräfte un-
serer Selen/ welche durch Sie beweget/ hin
und wieder gewieben werden/ angestrenget/
ihrer Bewegung/ wie bös und schändlich
Sie auch sey/ zu folgen; dadurch wier dann
von Uns selbst zu leibeigenen Kuechten ge-
macht werden. Wier tragen in unserem
Busen/ unsere Ketten und schwehre Ge-
fängnüße Unsere Freyheit hat nichts an-
ders/ als mit seiner Dienstbarkeit zu frieden
zu seyn; und unsere Vermmft in eben selbi-
gen Ketten ein gefesselt/ wird verächt- und
spötlicher Weise in Triumf eingeführet; ja
welches noch das argste/ mus es seiner Jr-
kinn selbst bestärken/ und gutheissen. Ach/
was überflüßige Heftigkeit der Tyranney
ist dieses! Nichts wenigers so seyn auch

dieses

Ein ſchoͤn Lob keuſcher Liebe:
ſtellet ihrer Zúneigung kein ander/ als der
Tugend Ziel; und liebet das/ was man Ur-
ſach zu lieben: aber die Falſche faͤllet aller
Ohrten ohne Unterſcheid an/ und folget/ als
blind/ keinen andern Weg/ als ihres eigenen
Sinnes: Aller Ůberflus geſchiehet gewalt-
taͤhtiger Weiſe; erkennet auch kein andere
Vernunft/ als ihrer ſelbſt Empfindnuͤs.

Und dieſes iſt die Liebe/ ſo man eine Pein
nennet/ als welche von allen Gebrechen an-
gefuͤllet; und welche wier nicht unbillich in
Vermeidung deſſen/ ſo es verurſachet/ flie-
hen/ und aus dem Wége treten ſollen. Deñ
anfaͤnglich machet ſie ſich zu einer Meiſte-
rin unſerer Sinne/ uͤm damit die Kraͤfte un-
ſerer Selen/ welche durch Sie bewéget/ hin
und wieder gewieben werden/ angeſtrenget/
ihrer Bewégung/ wie boͤs und ſchaͤndlich
Sie auch ſey/ zu folgen; dadurch wier dann
von Uns ſelbſt zu leibeigenen Kuechten ge-
macht werden. Wier tragen in unſerem
Búſen/ unſere Ketten und ſchwehre Ge-
faͤngnuͤße Unſere Freyheit hat nichts an-
ders/ als mit ſeiner Dienſtbarkeit zu frieden
zu ſeyn; und unſere Vermmft in ében ſelbi-
gen Ketten ein gefeſſelt/ wird veraͤcht- und
ſpoͤtlicher Weiſe in Triumf eingefuͤhret; ja
welches noch das argſte/ mus es ſeiner Jr-
kinn ſelbſt beſtaͤrken/ und gutheiſſen. Ach/
was uͤberfluͤßige Heftigkeit der Tyranney
iſt dieſes! Nichts wenigers ſo ſeyn auch

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[198/0364] Ein ſchoͤn Lob keuſcher Liebe: ſtellet ihrer Zúneigung kein ander/ als der Tugend Ziel; und liebet das/ was man Ur- ſach zu lieben: aber die Falſche faͤllet aller Ohrten ohne Unterſcheid an/ und folget/ als blind/ keinen andern Weg/ als ihres eigenen Sinnes: Aller Ůberflus geſchiehet gewalt- taͤhtiger Weiſe; erkennet auch kein andere Vernunft/ als ihrer ſelbſt Empfindnuͤs. Und dieſes iſt die Liebe/ ſo man eine Pein nennet/ als welche von allen Gebrechen an- gefuͤllet; und welche wier nicht unbillich in Vermeidung deſſen/ ſo es verurſachet/ flie- hen/ und aus dem Wége treten ſollen. Deñ anfaͤnglich machet ſie ſich zu einer Meiſte- rin unſerer Sinne/ uͤm damit die Kraͤfte un- ſerer Selen/ welche durch Sie bewéget/ hin und wieder gewieben werden/ angeſtrenget/ ihrer Bewégung/ wie boͤs und ſchaͤndlich Sie auch ſey/ zu folgen; dadurch wier dann von Uns ſelbſt zu leibeigenen Kuechten ge- macht werden. Wier tragen in unſerem Búſen/ unſere Ketten und ſchwehre Ge- faͤngnuͤße Unſere Freyheit hat nichts an- ders/ als mit ſeiner Dienſtbarkeit zu frieden zu ſeyn; und unſere Vermmft in ében ſelbi- gen Ketten ein gefeſſelt/ wird veraͤcht- und ſpoͤtlicher Weiſe in Triumf eingefuͤhret; ja welches noch das argſte/ mus es ſeiner Jr- kinn ſelbſt beſtaͤrken/ und gutheiſſen. Ach/ was uͤberfluͤßige Heftigkeit der Tyranney iſt dieſes! Nichts wenigers ſo ſeyn auch dieſes

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Zitationshilfe: Butschky, Samuel von: Die Hochdeutsche Kantzeley. Breslau u. a., [1652], S. 198. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/butschky_kantzeley_1649/364>, abgerufen am 19.05.2024.