Butschky, Samuel von: Die Hochdeutsche Kantzeley. Breslau u. a., [1652].Die Kerkermeisterin sol Jch habe meine Augenlieder nie vor denSchein meines Unglükkes zugeschlossen; weil ie und allezeit Jch der ungezweifelten Beglaubung gestanden/ daß mein Hertze von dessen Empfindung/ als unrechtmäßig geehret wirde, und bedacht/ daß die Wahr- heit hierdurch den Gebrauch der Rede/ üm solches selbst von sich zu stellen/ und die/ ob- wohl sonst mächtige Vernunft eine neue Kraft/ solche es der gantzen Welt zu bere- den/ mich unterwinden; da doch/ Genädiger Herr/ kein Mensch/ als Er einig und allei- ne daran im wenigsten zweifelt: und in die- sem Zweifel/ hat Er mich zur gefänglichen Haft zubringen/ Befehl er gehen lassen: und geschiehet solches vielleicht darüm/ daß/ weil Jch hiebevor E. Gn. selbst in meinem Gefängnüsse zu halten/ die Ehre gehabt/ an mier itzo ihre Abgeltung zu nehmen. Aufs wenigste erinnere Jch mich/ daß/ als E. Gn. in mein Gefängnüß gerathen/ dero mein Hertz zu einem süßen Kerker gedienet/ von derselben anitzo gleichmäßige Verfah- rung zu hoffen/ oder mich dessen zu getrösten/ solches verbieten mier nicht allein meine al- zuviel an mier befindliche Mängel und Ge- brechen; sondern das/ mich itzo betreffen- de/ und darin befindende schwehre Unglük/ benimt mier alle Hofnung. Zu welcher Zu- friedenheit werde Jch denn endlich gelan- gen können? Zu keiner andern/ als alles/ was
Die Kerkermeiſterin ſol Jch habe meine Augenlieder nie vor denSchein meines Ungluͤkkes zugeſchloſſen; weil ie und allezeit Jch der ungezweifelten Beglaubung geſtanden/ daß mein Hertze von deſſen Empfindung/ als unrechtmaͤßig geehret wirde, und bedacht/ daß die Wahr- heit hierdurch den Gebrauch der Réde/ uͤm ſolches ſelbſt von ſich zu ſtellen/ und die/ ob- wohl ſonſt maͤchtige Vernunft eine neue Kraft/ ſolche es der gantzen Welt zu beré- den/ mich unterwinden; da doch/ Genaͤdiger Herr/ kein Menſch/ als Er einig und allei- ne daran im wenigſten zweifelt: und in die- ſem Zweifel/ hat Er mich zur gefaͤnglichen Haft zubringen/ Befehl er gehen laſſen: und geſchiehet ſolches vielleicht daruͤm/ daß/ weil Jch hiebevor E. Gn. ſelbſt in meinem Gefaͤngnuͤſſe zu halten/ die Ehre gehabt/ an mier itzo ihre Abgeltung zu nehmen. Aufs wenigſte erinnere Jch mich/ daß/ als E. Gn. in mein Gefaͤngnuͤß gerathen/ dero mein Hertz zu einem ſuͤßen Kerker gedienet/ von derſelben anitzo gleichmaͤßige Verfah- rung zu hoffen/ oder mich deſſen zu getroͤſten/ ſolches verbieten mier nicht allein meine al- zuviel an mier befindliche Maͤngel und Ge- brechen; ſondern das/ mich itzo betreffen- de/ und darin befindende ſchwehre Ungluͤk/ benimt mier alle Hofnung. Zu welcher Zu- friedenheit werde Jch denn endlich gelan- gen koͤnnen? Zu keiner andern/ als alles/ was
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Die Kerkermeiſterin ſol
Jch habe meine Augenlieder nie vor den
Schein meines Ungluͤkkes zugeſchloſſen;
weil ie und allezeit Jch der ungezweifelten
Beglaubung geſtanden/ daß mein Hertze
von deſſen Empfindung/ als unrechtmaͤßig
geehret wirde, und bedacht/ daß die Wahr-
heit hierdurch den Gebrauch der Réde/ uͤm
ſolches ſelbſt von ſich zu ſtellen/ und die/ ob-
wohl ſonſt maͤchtige Vernunft eine neue
Kraft/ ſolche es der gantzen Welt zu beré-
den/ mich unterwinden; da doch/ Genaͤdiger
Herr/ kein Menſch/ als Er einig und allei-
ne daran im wenigſten zweifelt: und in die-
ſem Zweifel/ hat Er mich zur gefaͤnglichen
Haft zubringen/ Befehl er gehen laſſen: und
geſchiehet ſolches vielleicht daruͤm/ daß/
weil Jch hiebevor E. Gn. ſelbſt in meinem
Gefaͤngnuͤſſe zu halten/ die Ehre gehabt/ an
mier itzo ihre Abgeltung zu nehmen. Aufs
wenigſte erinnere Jch mich/ daß/ als E.
Gn. in mein Gefaͤngnuͤß gerathen/ dero
mein Hertz zu einem ſuͤßen Kerker gedienet/
von derſelben anitzo gleichmaͤßige Verfah-
rung zu hoffen/ oder mich deſſen zu getroͤſten/
ſolches verbieten mier nicht allein meine al-
zuviel an mier befindliche Maͤngel und Ge-
brechen; ſondern das/ mich itzo betreffen-
de/ und darin befindende ſchwehre Ungluͤk/
benimt mier alle Hofnung. Zu welcher Zu-
friedenheit werde Jch denn endlich gelan-
gen koͤnnen? Zu keiner andern/ als alles/
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