Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Butschky, Samuel von: Die Hochdeutsche Kantzeley. Breslau u. a., [1652].

Bild:
<< vorherige Seite

Paramuthia.
Pfeil Uns alle beyde zugleich/ in höchsttrau-
erliches Ungelükke gestürtzet. Euer Sohn
ist tod; seine Gebuhrt hat euch/ wie nicht un-
billich/ diesen unvermeidlichen Zufall/ zu-
vor sagen sollen; denn sein Leben hat dessen
Absterben auff dem Rükken geführet: aber/
Er wird vieleicht gar zu eine wenige Zeit
gelebet haben? Mit nichten/ denn/ wann
ihr seine/ mit ruhmwürdigen Verfahr- und
Handlungen zugebrachte Lebenstage zeh-
let/ so werdet ihr befinden/ daß seines Le-
bens nicht länger seyn mögen. Wer wohl
lebet/ der hat lange genug gelebet; und ist viel
bässer jung/ und darzu mit Weisheit begabt
sterben/ als in hohem Alter; dieweil/ wer
auf solche Maß sein Ende beschleusst/ mit
Jhme zugleich den Ruhm/ daß der Erndte
des Alters in solcher vorkommen/ hinweg
trägt/ und durch Vorteil allen diesem ehr-
würdigen Alter zustehende Vorteil gäntzlich
aus dem Wege verwirft: Und zwar/ als
euer Sohn allen diesen Vorteil in seiner
zarten Jugend/ genüslich empfunden/ so ist
auch nicht nöhtig gewesen/ daß Er eben eue-
rer Zufriedenheit halben/ sein Alter verlän-
gern sollen/ weil albereit seine Tugenden
Jhn als einen alten Greiß vorgestellet: o-
der saget Jhr/ es sey euch doch nichts min-
ders sein Ableiben unerträglich/ weil Jhr
seiner gegenwart solt beraubet seyn: Auf die-

ses

Παϱαμύθια.
Pfeil Uns alle beyde zugleich/ in hoͤchſttrau-
erliches Ungeluͤkke geſtuͤrtzet. Euer Sohn
iſt tod; ſeine Gebuhrt hat euch/ wie nicht un-
billich/ dieſen unvermeidlichen Zufall/ zu-
vor ſagen ſollen; denn ſein Lében hat deſſen
Abſterben auff dem Ruͤkken gefuͤhret: aber/
Er wird vieleicht gar zu eine wenige Zeit
gelébet haben? Mit nichten/ denn/ wann
ihr ſeine/ mit ruhmwuͤrdigen Verfahr- und
Handlungen zugebrachte Lébenstage zéh-
let/ ſo werdet ihr befinden/ daß ſeines Lé-
bens nicht laͤnger ſeyn moͤgen. Wer wohl
lébet/ der hat lange genug gelébet; und iſt viel
baͤſſer jung/ und darzu mit Weisheit begabt
ſterben/ als in hohem Alter; dieweil/ wer
auf ſolche Maß ſein Ende beſchleuſſt/ mit
Jhme zugleich den Ruhm/ daß der Erndte
des Alters in ſolcher vorkommen/ hinweg
traͤgt/ und durch Vorteil allen dieſem ehr-
wuͤrdigen Alter zuſtehende Vorteil gaͤntzlich
aus dem Wége verwirft: Und zwar/ als
euer Sohn allen dieſen Vorteil in ſeiner
zarten Jugend/ genuͤslich empfunden/ ſo iſt
auch nicht noͤhtig geweſen/ daß Er ében eue-
rer Zufriedenheit halben/ ſein Alter verlaͤn-
gern ſollen/ weil albereit ſeine Tugenden
Jhn als einen alten Greiß vorgeſtellet: o-
der ſaget Jhr/ es ſey euch doch nichts min-
ders ſein Ableiben unertraͤglich/ weil Jhr
ſeiner gegenwart ſolt beraubet ſeyn: Auf die-

ſes
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0140" n="138"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">&#x03A0;&#x03B1;&#x03F1;&#x03B1;&#x03BC;&#x03CD;&#x03B8;&#x03B9;&#x03B1;.</hi></fw><lb/>
Pfeil Uns alle beyde zugleich/ in ho&#x0364;ch&#x017F;ttrau-<lb/>
erliches Ungelu&#x0364;kke ge&#x017F;tu&#x0364;rtzet. Euer Sohn<lb/>
i&#x017F;t tod; &#x017F;eine Gebuhrt hat euch/ wie nicht un-<lb/>
billich/ die&#x017F;en unvermeidlichen Zufall/ zu-<lb/>
vor &#x017F;agen &#x017F;ollen; denn &#x017F;ein L<hi rendition="#aq">é</hi>ben hat de&#x017F;&#x017F;en<lb/>
Ab&#x017F;terben auff dem Ru&#x0364;kken gefu&#x0364;hret: aber/<lb/>
Er wird vieleicht gar zu eine wenige Zeit<lb/>
gel<hi rendition="#aq">é</hi>bet haben? Mit nichten/ denn/ wann<lb/>
ihr &#x017F;eine/ mit ruhmwu&#x0364;rdigen Verfahr- und<lb/>
Handlungen zugebrachte L<hi rendition="#aq">é</hi>benstage z<hi rendition="#aq">é</hi>h-<lb/>
let/ &#x017F;o werdet ihr befinden/ daß &#x017F;eines L<hi rendition="#aq">é</hi>-<lb/>
bens nicht la&#x0364;nger &#x017F;eyn mo&#x0364;gen. Wer wohl<lb/>
l<hi rendition="#aq">é</hi>bet/ der hat lange genug gel<hi rendition="#aq">é</hi>bet; und i&#x017F;t viel<lb/>
ba&#x0364;&#x017F;&#x017F;er jung/ und darzu mit Weisheit begabt<lb/>
&#x017F;terben/ als in hohem Alter; dieweil/ wer<lb/>
auf &#x017F;olche Maß &#x017F;ein Ende be&#x017F;chleu&#x017F;&#x017F;t/ mit<lb/>
Jhme zugleich den Ruhm/ daß der Erndte<lb/>
des Alters in &#x017F;olcher vorkommen/ hinweg<lb/>
tra&#x0364;gt/ und durch Vorteil allen die&#x017F;em ehr-<lb/>
wu&#x0364;rdigen Alter zu&#x017F;tehende Vorteil ga&#x0364;ntzlich<lb/>
aus dem W<hi rendition="#aq">é</hi>ge verwirft: Und zwar/ als<lb/>
euer Sohn allen die&#x017F;en Vorteil in &#x017F;einer<lb/>
zarten Jugend/ genu&#x0364;slich empfunden/ &#x017F;o i&#x017F;t<lb/>
auch nicht no&#x0364;htig gewe&#x017F;en/ daß Er <hi rendition="#aq">é</hi>ben eue-<lb/>
rer Zufriedenheit halben/ &#x017F;ein Alter verla&#x0364;n-<lb/>
gern &#x017F;ollen/ weil albereit &#x017F;eine Tugenden<lb/>
Jhn als einen alten Greiß vorge&#x017F;tellet: o-<lb/>
der &#x017F;aget Jhr/ es &#x017F;ey euch doch nichts min-<lb/>
ders &#x017F;ein Ableiben unertra&#x0364;glich/ weil Jhr<lb/>
&#x017F;einer gegenwart &#x017F;olt beraubet &#x017F;eyn: Auf die-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x017F;es</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[138/0140] Παϱαμύθια. Pfeil Uns alle beyde zugleich/ in hoͤchſttrau- erliches Ungeluͤkke geſtuͤrtzet. Euer Sohn iſt tod; ſeine Gebuhrt hat euch/ wie nicht un- billich/ dieſen unvermeidlichen Zufall/ zu- vor ſagen ſollen; denn ſein Lében hat deſſen Abſterben auff dem Ruͤkken gefuͤhret: aber/ Er wird vieleicht gar zu eine wenige Zeit gelébet haben? Mit nichten/ denn/ wann ihr ſeine/ mit ruhmwuͤrdigen Verfahr- und Handlungen zugebrachte Lébenstage zéh- let/ ſo werdet ihr befinden/ daß ſeines Lé- bens nicht laͤnger ſeyn moͤgen. Wer wohl lébet/ der hat lange genug gelébet; und iſt viel baͤſſer jung/ und darzu mit Weisheit begabt ſterben/ als in hohem Alter; dieweil/ wer auf ſolche Maß ſein Ende beſchleuſſt/ mit Jhme zugleich den Ruhm/ daß der Erndte des Alters in ſolcher vorkommen/ hinweg traͤgt/ und durch Vorteil allen dieſem ehr- wuͤrdigen Alter zuſtehende Vorteil gaͤntzlich aus dem Wége verwirft: Und zwar/ als euer Sohn allen dieſen Vorteil in ſeiner zarten Jugend/ genuͤslich empfunden/ ſo iſt auch nicht noͤhtig geweſen/ daß Er ében eue- rer Zufriedenheit halben/ ſein Alter verlaͤn- gern ſollen/ weil albereit ſeine Tugenden Jhn als einen alten Greiß vorgeſtellet: o- der ſaget Jhr/ es ſey euch doch nichts min- ders ſein Ableiben unertraͤglich/ weil Jhr ſeiner gegenwart ſolt beraubet ſeyn: Auf die- ſes

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/butschky_kantzeley_1649
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/butschky_kantzeley_1649/140
Zitationshilfe: Butschky, Samuel von: Die Hochdeutsche Kantzeley. Breslau u. a., [1652], S. 138. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/butschky_kantzeley_1649/140>, abgerufen am 09.05.2024.