dig lernen, jede Stelle zu erklären, d. i. mit andern ihnen durchaus verständlichen Ausdrü- cken so begreiflich zu machen, daß sie hinwie- derum im Stand sind, den Eltern oder andern Kindern dieselbe zu wiederholen. --"
"Ueberhaupt, meine lieben Mitväter und Mitfreunde der theuren christlichen Jugend, ligt es mir gar sehr am Herzen, Euch und mir den Gedanken recht wichtig und heilig zu machen -- dem Kinde so wenig, als möglich, zu sagen; es so wenig, als möglich lernen zu lassen; was es nicht verstehen kann. Bey allem Fleiß, den ich darauf gewendet habe, deutlich und einfältig zu seyn, kann ich doch nicht hoffen und glauben, daß alle alles verstehen werden. Nun ist nicht der geringste wahre erbauliche Nutzen davon zu erwarten, sondern vielmehr ein beträchtlicher Schaden, wenn man die Kinder an Gebets-Uebungen, an Religions- Uebungen, an Religions-Unterricht, an mo- ralische Lehren und Sprüche gewöhnet, wo- bey sie nichts denken können. Man tadelt es mit Recht an Kindern, wenn sie im gemeinen Leben etwas reden, was sie selbst nicht verstehen; wenn sie etwas von ihren El- tern begehren, ohne zu wissen was sie eigentlich wollen. Wie viel tadelnswürdiger ist es denn, es mit Fleiß so einzurichten, daß sie mit dem allmächtigen Schöpfer und Vater der Men- schen auf eine solche Weise reden, daß sie gar nichts davon verstehen. Lieber nur Ein Ge-
betlein,
b 3
Eltern und Lehrer.
dig lernen, jede Stelle zu erklaͤren, d. i. mit andern ihnen durchaus verſtaͤndlichen Ausdruͤ- cken ſo begreiflich zu machen, daß ſie hinwie- derum im Stand ſind, den Eltern oder andern Kindern dieſelbe zu wiederholen. —„
„Ueberhaupt, meine lieben Mitvaͤter und Mitfreunde der theuren chriſtlichen Jugend, ligt es mir gar ſehr am Herzen, Euch und mir den Gedanken recht wichtig und heilig zu machen — dem Kinde ſo wenig, als moͤglich, zu ſagen; es ſo wenig, als moͤglich lernen zu laſſen; was es nicht verſtehen kann. Bey allem Fleiß, den ich darauf gewendet habe, deutlich und einfaͤltig zu ſeyn, kann ich doch nicht hoffen und glauben, daß alle alles verſtehen werden. Nun iſt nicht der geringſte wahre erbauliche Nutzen davon zu erwarten, ſondern vielmehr ein betraͤchtlicher Schaden, wenn man die Kinder an Gebets-Uebungen, an Religions- Uebungen, an Religions-Unterricht, an mo- raliſche Lehren und Spruͤche gewoͤhnet, wo- bey ſie nichts denken koͤnnen. Man tadelt es mit Recht an Kindern, wenn ſie im gemeinen Leben etwas reden, was ſie ſelbſt nicht verſtehen; wenn ſie etwas von ihren El- tern begehren, ohne zu wiſſen was ſie eigentlich wollen. Wie viel tadelnswuͤrdiger iſt es denn, es mit Fleiß ſo einzurichten, daß ſie mit dem allmaͤchtigen Schoͤpfer und Vater der Men- ſchen auf eine ſolche Weiſe reden, daß ſie gar nichts davon verſtehen. Lieber nur Ein Ge-
betlein,
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[XXI/0025]
Eltern und Lehrer.
dig lernen, jede Stelle zu erklaͤren, d. i. mit
andern ihnen durchaus verſtaͤndlichen Ausdruͤ-
cken ſo begreiflich zu machen, daß ſie hinwie-
derum im Stand ſind, den Eltern oder andern
Kindern dieſelbe zu wiederholen. —„
„Ueberhaupt, meine lieben Mitvaͤter und
Mitfreunde der theuren chriſtlichen Jugend,
ligt es mir gar ſehr am Herzen, Euch und
mir den Gedanken recht wichtig und heilig zu
machen — dem Kinde ſo wenig, als
moͤglich, zu ſagen; es ſo wenig, als
moͤglich lernen zu laſſen; was es
nicht verſtehen kann. Bey allem Fleiß,
den ich darauf gewendet habe, deutlich und
einfaͤltig zu ſeyn, kann ich doch nicht hoffen und
glauben, daß alle alles verſtehen werden.
Nun iſt nicht der geringſte wahre erbauliche
Nutzen davon zu erwarten, ſondern vielmehr
ein betraͤchtlicher Schaden, wenn man die
Kinder an Gebets-Uebungen, an Religions-
Uebungen, an Religions-Unterricht, an mo-
raliſche Lehren und Spruͤche gewoͤhnet, wo-
bey ſie nichts denken koͤnnen. Man
tadelt es mit Recht an Kindern, wenn ſie im
gemeinen Leben etwas reden, was ſie ſelbſt
nicht verſtehen; wenn ſie etwas von ihren El-
tern begehren, ohne zu wiſſen was ſie eigentlich
wollen. Wie viel tadelnswuͤrdiger iſt es denn,
es mit Fleiß ſo einzurichten, daß ſie mit dem
allmaͤchtigen Schoͤpfer und Vater der Men-
ſchen auf eine ſolche Weiſe reden, daß ſie gar
nichts davon verſtehen. Lieber nur Ein Ge-
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Matthias Boenig, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Li Xang: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription.
(2023-05-24T12:24:22Z)
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Burk, Johann Albrecht: Gebet- und Lieder-Buch zum Privat-Gebrauch für Kinder und für junge Christen reiferen Alters. Tübingen, 1775, S. XXI. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burk_gebet_1775/25>, abgerufen am 03.07.2024.
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