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Buri, Maximilian von: Ueber Causalität und deren Verantwortung. Leipzig, 1873.

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bereits vorhandenen Entschluß des B bestärkt, so ist diesem
intellectuellen Einfluß auch nur ein Theil des Thatantheils
des B als von ihm verursacht zuzumessen, so daß A neben
seinem eigenen Thatantheil lediglich einen Theil des That-
antheils des B -- also nicht das Ganze -- zu verantworten
hätte. Selbst angenommen aber, in Folge seiner intellectuellen
Beihülfe falle der Thatantheil des B in vollem Umfange
auf A, so könnte, wenn dieser Begriff in seiner (objectiven)
Verschiedenheit von demjenigen der Anstiftung nicht ganz
aufgehoben werden soll (s. u.), die lediglich beihelfende
Thätigkeit des A für ihn doch auch nur eine Zurechnung
des Thatantheils des B zur bloßen Beihülfe aufkommen
lassen, so daß er also Urheber in Ansehung seines eigenen
und Gehülfe in Ansehung des Thatantheils des B wäre.
Das würde wiederum kein volles Ganzes geben.

Wie kommt denn nun der Thatantheil des A auf die
Rechnung des B? Natürlich nicht durch Anstiftung; denn
als A den B austiftete, hatte er bereits einen festen Entschluß,
konnte selbst also nicht mehr bestimmt werden. Eine gegen-
seitige Anstiftung ist nicht möglich (m. Abh. Archiv für
praktische RW. B. VI 1859). Man sagt hier, indem B dem
A seine Zusage ertheile, mache er sich einer intellectuellen
Rückeinwirkung auf denselben schuldig, und es falle somit
die Schuld des A sowie der aus derselben entspringende
Thatantheil des A auf ihn. Allein diese Rückeinwirkung
könnte doch höchstens eine intellectuelle Beihülfe darstellen.
Und es kann auch A einer solchen Rückeinwirkung sogar
ganz unzugänglich gewesen sein. Er kann etwa von vorn-
herein mit solcher Bestimmtheit auf die Zusage gerechnet
haben, daß die wirkliche Ertheilung derselben einen bestärken-
den Einfluß auf ihn nicht mehr zu äußern vermochte. -- Von
Mitthäterschaft könnte überhaupt keine Rede sein. Denn

bereits vorhandenen Entſchluß des B beſtärkt, ſo iſt dieſem
intellectuellen Einfluß auch nur ein Theil des Thatantheils
des B als von ihm verurſacht zuzumeſſen, ſo daß A neben
ſeinem eigenen Thatantheil lediglich einen Theil des That-
antheils des B — alſo nicht das Ganze — zu verantworten
hätte. Selbſt angenommen aber, in Folge ſeiner intellectuellen
Beihülfe falle der Thatantheil des B in vollem Umfange
auf A, ſo könnte, wenn dieſer Begriff in ſeiner (objectiven)
Verſchiedenheit von demjenigen der Anſtiftung nicht ganz
aufgehoben werden ſoll (ſ. u.), die lediglich beihelfende
Thätigkeit des A für ihn doch auch nur eine Zurechnung
des Thatantheils des B zur bloßen Beihülfe aufkommen
laſſen, ſo daß er alſo Urheber in Anſehung ſeines eigenen
und Gehülfe in Anſehung des Thatantheils des B wäre.
Das würde wiederum kein volles Ganzes geben.

Wie kommt denn nun der Thatantheil des A auf die
Rechnung des B? Natürlich nicht durch Anſtiftung; denn
als A den B auſtiftete, hatte er bereits einen feſten Entſchluß,
konnte ſelbſt alſo nicht mehr beſtimmt werden. Eine gegen-
ſeitige Anſtiftung iſt nicht möglich (m. Abh. Archiv für
praktiſche RW. B. VI 1859). Man ſagt hier, indem B dem
A ſeine Zuſage ertheile, mache er ſich einer intellectuellen
Rückeinwirkung auf denſelben ſchuldig, und es falle ſomit
die Schuld des A ſowie der aus derſelben entſpringende
Thatantheil des A auf ihn. Allein dieſe Rückeinwirkung
könnte doch höchſtens eine intellectuelle Beihülfe darſtellen.
Und es kann auch A einer ſolchen Rückeinwirkung ſogar
ganz unzugänglich geweſen ſein. Er kann etwa von vorn-
herein mit ſolcher Beſtimmtheit auf die Zuſage gerechnet
haben, daß die wirkliche Ertheilung derſelben einen beſtärken-
den Einfluß auf ihn nicht mehr zu äußern vermochte. — Von
Mitthäterſchaft könnte überhaupt keine Rede ſein. Denn

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[108/0112] bereits vorhandenen Entſchluß des B beſtärkt, ſo iſt dieſem intellectuellen Einfluß auch nur ein Theil des Thatantheils des B als von ihm verurſacht zuzumeſſen, ſo daß A neben ſeinem eigenen Thatantheil lediglich einen Theil des That- antheils des B — alſo nicht das Ganze — zu verantworten hätte. Selbſt angenommen aber, in Folge ſeiner intellectuellen Beihülfe falle der Thatantheil des B in vollem Umfange auf A, ſo könnte, wenn dieſer Begriff in ſeiner (objectiven) Verſchiedenheit von demjenigen der Anſtiftung nicht ganz aufgehoben werden ſoll (ſ. u.), die lediglich beihelfende Thätigkeit des A für ihn doch auch nur eine Zurechnung des Thatantheils des B zur bloßen Beihülfe aufkommen laſſen, ſo daß er alſo Urheber in Anſehung ſeines eigenen und Gehülfe in Anſehung des Thatantheils des B wäre. Das würde wiederum kein volles Ganzes geben. Wie kommt denn nun der Thatantheil des A auf die Rechnung des B? Natürlich nicht durch Anſtiftung; denn als A den B auſtiftete, hatte er bereits einen feſten Entſchluß, konnte ſelbſt alſo nicht mehr beſtimmt werden. Eine gegen- ſeitige Anſtiftung iſt nicht möglich (m. Abh. Archiv für praktiſche RW. B. VI 1859). Man ſagt hier, indem B dem A ſeine Zuſage ertheile, mache er ſich einer intellectuellen Rückeinwirkung auf denſelben ſchuldig, und es falle ſomit die Schuld des A ſowie der aus derſelben entſpringende Thatantheil des A auf ihn. Allein dieſe Rückeinwirkung könnte doch höchſtens eine intellectuelle Beihülfe darſtellen. Und es kann auch A einer ſolchen Rückeinwirkung ſogar ganz unzugänglich geweſen ſein. Er kann etwa von vorn- herein mit ſolcher Beſtimmtheit auf die Zuſage gerechnet haben, daß die wirkliche Ertheilung derſelben einen beſtärken- den Einfluß auf ihn nicht mehr zu äußern vermochte. — Von Mitthäterſchaft könnte überhaupt keine Rede ſein. Denn

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Zitationshilfe: Buri, Maximilian von: Ueber Causalität und deren Verantwortung. Leipzig, 1873, S. 108. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buri_causalitaet_1873/112>, abgerufen am 24.11.2024.