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Burdel, Édouard: Die Trunksucht. (Übers. Heinrich Gauss). Weimar, 1855.

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geistige Getränke zu sich zu nehmen, selbst dann, wenn man nicht betrunken wird, nicht ohne Gefahr sei. Zwar wird sich die schädliche Wirkung derselben mehr oder weniger langsam erweisen, jenachdem die Constitution des betreffenden Individuums mehr oder minder kräftig ist, aber verderbenbringend wird sie jedenfalls; ihre zerstörenden Aeußerungen werden nicht weniger gewiß sich geltend machen.

Um von den traurigen Folgen der Trunkenheit und von den physischen Verletzungen, welche dieselbe in dem menschlichen Organismus hervorbringt, ein möglichst treues Bild zu entwerfen, werde ich sie hier sämmtlich die Revue passiren lassen und bei jeder Function nach den Modificationen forschen, welche durch den Mißbrauch dieser berauschenden Getränke bewirkt werden.

Der Verdauungsapparat. - Auf den Magen und die Organe, welche zu den Functionen der Verdauung mit dienen, machen sich gleich von Vornherein die zerstörenden Wirkungen der alkoholischen Getränke bemerkbar, und zwar sowohl bei denen, welche nüchtern weißen Wein, Schnaps oder Liqueure trinken, als besonders bei den Trinkern von Wermuthbranntwein. Bei ihnen nämlich verrichtet der Magen seine Dienste gar nicht mehr oder doch nur sehr mühsam und höchst unvollkommen. Sie ermangeln alles Appetits, und selbst das Wenige, was sie genießen, kann nur unter Beschwerden verdaut werden. Uebrigens wird die Verdauung auch durch saures Aufstoßen oder durch Sodbrennen, sowie durch Magenkrämpfe gestört. Jeden Morgen sieht man sie mit heftigen Anstrengungen zum Erbrechen sich abquälen, wonach sie dann einen fadenziehenden Stoff von sich geben, den sie Schleim nennen. Diese Flüssigkeit ist aber nichts Anderes, als ein krankhaftes Erzeugniß, eine normwidrige Abscheidung eines kranken Organs, und dieses Organ ist eben der Magen. Und das ist noch nicht Alles, denn so groß und tyrannisch ist die Herrschaft dieser Neigung, daß, um dem Uebel, woran sie leiden, abzuhelfen, die Unglücklichen das Heilmittel

geistige Getränke zu sich zu nehmen, selbst dann, wenn man nicht betrunken wird, nicht ohne Gefahr sei. Zwar wird sich die schädliche Wirkung derselben mehr oder weniger langsam erweisen, jenachdem die Constitution des betreffenden Individuums mehr oder minder kräftig ist, aber verderbenbringend wird sie jedenfalls; ihre zerstörenden Aeußerungen werden nicht weniger gewiß sich geltend machen.

Um von den traurigen Folgen der Trunkenheit und von den physischen Verletzungen, welche dieselbe in dem menschlichen Organismus hervorbringt, ein möglichst treues Bild zu entwerfen, werde ich sie hier sämmtlich die Revue passiren lassen und bei jeder Function nach den Modificationen forschen, welche durch den Mißbrauch dieser berauschenden Getränke bewirkt werden.

Der Verdauungsapparat. – Auf den Magen und die Organe, welche zu den Functionen der Verdauung mit dienen, machen sich gleich von Vornherein die zerstörenden Wirkungen der alkoholischen Getränke bemerkbar, und zwar sowohl bei denen, welche nüchtern weißen Wein, Schnaps oder Liqueure trinken, als besonders bei den Trinkern von Wermuthbranntwein. Bei ihnen nämlich verrichtet der Magen seine Dienste gar nicht mehr oder doch nur sehr mühsam und höchst unvollkommen. Sie ermangeln alles Appetits, und selbst das Wenige, was sie genießen, kann nur unter Beschwerden verdaut werden. Uebrigens wird die Verdauung auch durch saures Aufstoßen oder durch Sodbrennen, sowie durch Magenkrämpfe gestört. Jeden Morgen sieht man sie mit heftigen Anstrengungen zum Erbrechen sich abquälen, wonach sie dann einen fadenziehenden Stoff von sich geben, den sie Schleim nennen. Diese Flüssigkeit ist aber nichts Anderes, als ein krankhaftes Erzeugniß, eine normwidrige Abscheidung eines kranken Organs, und dieses Organ ist eben der Magen. Und das ist noch nicht Alles, denn so groß und tyrannisch ist die Herrschaft dieser Neigung, daß, um dem Uebel, woran sie leiden, abzuhelfen, die Unglücklichen das Heilmittel

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[27/0037] geistige Getränke zu sich zu nehmen, selbst dann, wenn man nicht betrunken wird, nicht ohne Gefahr sei. Zwar wird sich die schädliche Wirkung derselben mehr oder weniger langsam erweisen, jenachdem die Constitution des betreffenden Individuums mehr oder minder kräftig ist, aber verderbenbringend wird sie jedenfalls; ihre zerstörenden Aeußerungen werden nicht weniger gewiß sich geltend machen. Um von den traurigen Folgen der Trunkenheit und von den physischen Verletzungen, welche dieselbe in dem menschlichen Organismus hervorbringt, ein möglichst treues Bild zu entwerfen, werde ich sie hier sämmtlich die Revue passiren lassen und bei jeder Function nach den Modificationen forschen, welche durch den Mißbrauch dieser berauschenden Getränke bewirkt werden. Der Verdauungsapparat. – Auf den Magen und die Organe, welche zu den Functionen der Verdauung mit dienen, machen sich gleich von Vornherein die zerstörenden Wirkungen der alkoholischen Getränke bemerkbar, und zwar sowohl bei denen, welche nüchtern weißen Wein, Schnaps oder Liqueure trinken, als besonders bei den Trinkern von Wermuthbranntwein. Bei ihnen nämlich verrichtet der Magen seine Dienste gar nicht mehr oder doch nur sehr mühsam und höchst unvollkommen. Sie ermangeln alles Appetits, und selbst das Wenige, was sie genießen, kann nur unter Beschwerden verdaut werden. Uebrigens wird die Verdauung auch durch saures Aufstoßen oder durch Sodbrennen, sowie durch Magenkrämpfe gestört. Jeden Morgen sieht man sie mit heftigen Anstrengungen zum Erbrechen sich abquälen, wonach sie dann einen fadenziehenden Stoff von sich geben, den sie Schleim nennen. Diese Flüssigkeit ist aber nichts Anderes, als ein krankhaftes Erzeugniß, eine normwidrige Abscheidung eines kranken Organs, und dieses Organ ist eben der Magen. Und das ist noch nicht Alles, denn so groß und tyrannisch ist die Herrschaft dieser Neigung, daß, um dem Uebel, woran sie leiden, abzuhelfen, die Unglücklichen das Heilmittel

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Zitationshilfe: Burdel, Édouard: Die Trunksucht. (Übers. Heinrich Gauss). Weimar, 1855, S. 27. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burdel_trunksucht_1855/37>, abgerufen am 20.04.2024.