3) Freyheit von irgend einer Voraussetzung, oder ir- gend einem Vorurtheile, fester Wille, nicht mehr und nicht weniger zu finden, als die Natur zeigen wird.
§ 739.
4) Angestrengte und ungestörte Aufmerksamkeit auf den Kranken, auf alle seine Aeußerungen, seine gegenwärtigen und vorhergegangenen Verhältnisse.
§ 740.
5) Man muß langsam und bedächtig bey der Beobach- tung zu Werke gehen; von allen Schwierigkeiten derselben überzeugt seyn, und sie zu bekämpfen wissen; so lange an der Beobachtung zweifeln, bis sie von allen Seiten und auf verschiedenen Wegen zur Gewißheit erhoben ist, dabey me- thodisch verfahren, um nicht den Faden der Untersuchung zu verlieren, keinen Umstand für zu geringfügig ansehen *), aber das Wesentliche von dem Unwesentlichen unterscheiden, die einzelnen Umstände bis in ihr innerstes Detail verfol- gen, und sich dann erst ein allgemeines Bild von dem Ganzen entwerfen.
*)Plaz progr. II de minutiis non semper a medico post- habendis. Lips. 773 -- 74. 4.
§ 741.
Die Beobachtungskunst erwirbt man sich nun dadurch, 1) daß man diese Erfordernisse kennt, zu erfüllen sucht, und mit beständiger Hinsicht auf dieselben am Krankenbette sich übt.
§ 742.
Dritter Theil.
§ 738.
3) Freyheit von irgend einer Vorausſetzung, oder ir- gend einem Vorurtheile, feſter Wille, nicht mehr und nicht weniger zu finden, als die Natur zeigen wird.
§ 739.
4) Angeſtrengte und ungeſtoͤrte Aufmerkſamkeit auf den Kranken, auf alle ſeine Aeußerungen, ſeine gegenwaͤrtigen und vorhergegangenen Verhaͤltniſſe.
§ 740.
5) Man muß langſam und bedaͤchtig bey der Beobach- tung zu Werke gehen; von allen Schwierigkeiten derſelben uͤberzeugt ſeyn, und ſie zu bekaͤmpfen wiſſen; ſo lange an der Beobachtung zweifeln, bis ſie von allen Seiten und auf verſchiedenen Wegen zur Gewißheit erhoben iſt, dabey me- thodiſch verfahren, um nicht den Faden der Unterſuchung zu verlieren, keinen Umſtand fuͤr zu geringfuͤgig anſehen *), aber das Weſentliche von dem Unweſentlichen unterſcheiden, die einzelnen Umſtaͤnde bis in ihr innerſtes Detail verfol- gen, und ſich dann erſt ein allgemeines Bild von dem Ganzen entwerfen.
*)Plaz progr. II de minutiis non ſemper a medico poſt- habendis. Lipſ. 773 — 74. 4.
§ 741.
Die Beobachtungskunſt erwirbt man ſich nun dadurch, 1) daß man dieſe Erforderniſſe kennt, zu erfuͤllen ſucht, und mit beſtaͤndiger Hinſicht auf dieſelben am Krankenbette ſich uͤbt.
§ 742.
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Dritter Theil.
§ 738.
3) Freyheit von irgend einer Vorausſetzung, oder ir-
gend einem Vorurtheile, feſter Wille, nicht mehr und nicht
weniger zu finden, als die Natur zeigen wird.
§ 739.
4) Angeſtrengte und ungeſtoͤrte Aufmerkſamkeit auf den
Kranken, auf alle ſeine Aeußerungen, ſeine gegenwaͤrtigen
und vorhergegangenen Verhaͤltniſſe.
§ 740.
5) Man muß langſam und bedaͤchtig bey der Beobach-
tung zu Werke gehen; von allen Schwierigkeiten derſelben
uͤberzeugt ſeyn, und ſie zu bekaͤmpfen wiſſen; ſo lange an
der Beobachtung zweifeln, bis ſie von allen Seiten und auf
verſchiedenen Wegen zur Gewißheit erhoben iſt, dabey me-
thodiſch verfahren, um nicht den Faden der Unterſuchung
zu verlieren, keinen Umſtand fuͤr zu geringfuͤgig anſehen *),
aber das Weſentliche von dem Unweſentlichen unterſcheiden,
die einzelnen Umſtaͤnde bis in ihr innerſtes Detail verfol-
gen, und ſich dann erſt ein allgemeines Bild von dem
Ganzen entwerfen.
*⁾ Plaz progr. II de minutiis non ſemper a medico poſt-
habendis. Lipſ. 773 — 74. 4.
§ 741.
Die Beobachtungskunſt erwirbt man ſich nun dadurch,
1) daß man dieſe Erforderniſſe kennt, zu erfuͤllen ſucht, und
mit beſtaͤndiger Hinſicht auf dieſelben am Krankenbette ſich
uͤbt.
§ 742.
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Burdach, Karl Friedrich: Propädeutik zum Studium der gesammten Heilkunst. Leipzig, 1800, S. 234. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burdach_propaedeutik_1800/252>, abgerufen am 16.07.2024.
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