als dieselben erwartet hatten. Eine besondere Impietät1. Abschnitt. war dabei nicht beabsichtigt; die Mörder Galeazzo's beteten noch vor der That zu dem Heiligen der betreffenden Kirche und hörten noch die erste Messe daselbst. Doch war es bei der Verschwörung der Pazzi gegen Lorenzo und Giuliano Medici (1478) eine Ursache des theilweisen Mißlingens, daß der Bandit Montesecco sich zwar für die Ermordung bei einem Gastmahl verdungen hatte, den Vollzug im Dom von Florenz dagegen verweigerte; an seiner Stelle verstan- den sich dann Geistliche dazu, "welche der heiligen Orte gewohnt waren und sich deßhalb nicht scheuten." 1)
Was das Alterthum betrifft, dessen Einwirkung aufEinwirkung des Alterthums. die sittlichen und speciell auf die politischen Fragen noch öfter berührt werden wird, so gaben die Herrscher selbst das Beispiel, indem sie in ihrer Staatsidee sowohl als in ihrem Benehmen das alte römische Imperium oft ausdrück- lich zum Vorbild nahmen. Ebenso schlossen sich nun ihre Gegner, sobald sie mit theoretischer Besinnung zu Werke gingen, den antiken Tyrannenmördern an. Es wird schwer zu beweisen sein, daß sie in der Hauptsache, im Entschluß zur That selbst, durch dieß Vorbild seien bestimmt worden, aber reine Phrase und Stylsache blieb die Berufung auf das Alterthum doch nicht. Die merkwürdigsten Aufschlüsse sind über die Mörder Galeazzo Sforza's, Lampugnani, Olgiati und Visconti vorhanden. 2) Sie hatten alle drei ganz persönliche Motive und doch kam der Entschluß viel- leicht aus einem allgemeinern Grunde. Ein Humanist und Lehrer der Eloquenz, Cola de' Montani, hatte unter einer Schaar von sehr jungen mailändischen Adlichen eine unklare Begier nach Ruhm und nach großen Thaten für das Vater- land entzündet und war endlich gegen die zwei erstgenannten
als dieſelben erwartet hatten. Eine beſondere Impietät1. Abſchnitt. war dabei nicht beabſichtigt; die Mörder Galeazzo's beteten noch vor der That zu dem Heiligen der betreffenden Kirche und hörten noch die erſte Meſſe daſelbſt. Doch war es bei der Verſchwörung der Pazzi gegen Lorenzo und Giuliano Medici (1478) eine Urſache des theilweiſen Mißlingens, daß der Bandit Monteſecco ſich zwar für die Ermordung bei einem Gaſtmahl verdungen hatte, den Vollzug im Dom von Florenz dagegen verweigerte; an ſeiner Stelle verſtan- den ſich dann Geiſtliche dazu, „welche der heiligen Orte gewohnt waren und ſich deßhalb nicht ſcheuten.“ 1)
Was das Alterthum betrifft, deſſen Einwirkung aufEinwirkung des Alterthums. die ſittlichen und ſpeciell auf die politiſchen Fragen noch öfter berührt werden wird, ſo gaben die Herrſcher ſelbſt das Beiſpiel, indem ſie in ihrer Staatsidee ſowohl als in ihrem Benehmen das alte römiſche Imperium oft ausdrück- lich zum Vorbild nahmen. Ebenſo ſchloſſen ſich nun ihre Gegner, ſobald ſie mit theoretiſcher Beſinnung zu Werke gingen, den antiken Tyrannenmördern an. Es wird ſchwer zu beweiſen ſein, daß ſie in der Hauptſache, im Entſchluß zur That ſelbſt, durch dieß Vorbild ſeien beſtimmt worden, aber reine Phraſe und Stylſache blieb die Berufung auf das Alterthum doch nicht. Die merkwürdigſten Aufſchlüſſe ſind über die Mörder Galeazzo Sforza's, Lampugnani, Olgiati und Visconti vorhanden. 2) Sie hatten alle drei ganz perſönliche Motive und doch kam der Entſchluß viel- leicht aus einem allgemeinern Grunde. Ein Humaniſt und Lehrer der Eloquenz, Cola de' Montani, hatte unter einer Schaar von ſehr jungen mailändiſchen Adlichen eine unklare Begier nach Ruhm und nach großen Thaten für das Vater- land entzündet und war endlich gegen die zwei erſtgenannten
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als dieſelben erwartet hatten. Eine beſondere Impietät
war dabei nicht beabſichtigt; die Mörder Galeazzo's beteten
noch vor der That zu dem Heiligen der betreffenden Kirche
und hörten noch die erſte Meſſe daſelbſt. Doch war es bei
der Verſchwörung der Pazzi gegen Lorenzo und Giuliano
Medici (1478) eine Urſache des theilweiſen Mißlingens,
daß der Bandit Monteſecco ſich zwar für die Ermordung
bei einem Gaſtmahl verdungen hatte, den Vollzug im Dom
von Florenz dagegen verweigerte; an ſeiner Stelle verſtan-
den ſich dann Geiſtliche dazu, „welche der heiligen Orte
gewohnt waren und ſich deßhalb nicht ſcheuten.“ 1)
1. Abſchnitt.
Was das Alterthum betrifft, deſſen Einwirkung auf
die ſittlichen und ſpeciell auf die politiſchen Fragen noch
öfter berührt werden wird, ſo gaben die Herrſcher ſelbſt
das Beiſpiel, indem ſie in ihrer Staatsidee ſowohl als in
ihrem Benehmen das alte römiſche Imperium oft ausdrück-
lich zum Vorbild nahmen. Ebenſo ſchloſſen ſich nun ihre
Gegner, ſobald ſie mit theoretiſcher Beſinnung zu Werke
gingen, den antiken Tyrannenmördern an. Es wird ſchwer
zu beweiſen ſein, daß ſie in der Hauptſache, im Entſchluß
zur That ſelbſt, durch dieß Vorbild ſeien beſtimmt worden,
aber reine Phraſe und Stylſache blieb die Berufung auf
das Alterthum doch nicht. Die merkwürdigſten Aufſchlüſſe
ſind über die Mörder Galeazzo Sforza's, Lampugnani,
Olgiati und Visconti vorhanden. 2) Sie hatten alle drei
ganz perſönliche Motive und doch kam der Entſchluß viel-
leicht aus einem allgemeinern Grunde. Ein Humaniſt und
Lehrer der Eloquenz, Cola de' Montani, hatte unter einer
Schaar von ſehr jungen mailändiſchen Adlichen eine unklare
Begier nach Ruhm und nach großen Thaten für das Vater-
land entzündet und war endlich gegen die zwei erſtgenannten
Einwirkung des
Alterthums.
1) So das Citat aus Gallus, bei Sismondi XI, 93.
2) Corio, fol. 422. — Allegretto, Diarî Sanesi, bei Murat. XXIII,
Col. 777.
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Burckhardt, Jacob: Die Cultur der Renaissance in Italien. Ein Versuch. Basel, 1860, S. 57. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_renaissance_1860/67>, abgerufen am 24.11.2024.
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