Burckhardt, Jacob: Die Cultur der Renaissance in Italien. Ein Versuch. Basel, 1860.6. Abschnitt.es zu merken, ein ganz wohlerhaltenes Stück antiker My- Gespenster 1) Poggii facetiae, fol. 160. cf. Pausanias IX, 20. 2) Varchi III, p. 195. Zwei Verdächtige entschließen sich 1529 zur Flucht aus dem Staate, weil sie Virg. Aen. III, vs. 44 aufschlugen. 3) Phantasien von Gelehrten wie z. B. den splendor und den spiritus
des Cardanus und den Daemon familiaris seines Vaters lassen wir auf sich beruhen. Vgl. Cardanus, de propria vita, cap. 4. 38. 47. Er selber war Gegner der Magie, cap. 39. Die Prodigien und Gespenster die ihm begegnet, cap. 37. 41. -- Wie weit die Gespensterfurcht des letzten Visconti ging, vgl. Decembrio, bei Mu- ratori XX, Col. 1016. 6. Abſchnitt.es zu merken, ein ganz wohlerhaltenes Stück antiker My- Geſpenſter 1) Poggii facetiæ, fol. 160. cf. Pausanias IX, 20. 2) Varchi III, p. 195. Zwei Verdächtige entſchließen ſich 1529 zur Flucht aus dem Staate, weil ſie Virg. Aen. III, vs. 44 aufſchlugen. 3) Phantaſien von Gelehrten wie z. B. den splendor und den spiritus
des Cardanus und den Dæmon familiaris ſeines Vaters laſſen wir auf ſich beruhen. Vgl. Cardanus, de propria vita, cap. 4. 38. 47. Er ſelber war Gegner der Magie, cap. 39. Die Prodigien und Geſpenſter die ihm begegnet, cap. 37. 41. — Wie weit die Geſpenſterfurcht des letzten Visconti ging, vgl. Decembrio, bei Mu- ratori XX, Col. 1016. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0538" n="528"/><note place="left"><hi rendition="#b"><hi rendition="#u">6. Abſchnitt.</hi></hi></note>es zu merken, ein ganz wohlerhaltenes Stück antiker My-<lb/> thologie. An der dalmatiniſchen Küſte nämlich erſcheint ein<lb/> Triton, bärtig und mit Hörnchen, als echter Meerſatyr,<lb/> unten in Floſſen und einen Fiſchleib ausgehend; er fängt<lb/> Kinder und Weiber vom Ufer weg, bis ihn fünf tapfere<lb/> Waſchfrauen mit Steinen und Prügeln tödten <note place="foot" n="1)"><hi rendition="#aq">Poggii facetiæ, fol. 160. cf. Pausanias IX,</hi> 20.</note>. Ein<lb/> hölzernes Modell des Ungethüms, welches man in Ferrara<lb/> zeigt, macht dem Poggio die Sache völlig glaublich. Zwar<lb/> Orakel gab es keine mehr und Götter konnte man nicht<lb/> mehr befragen, aber das Aufſchlagen des Virgil und die<lb/> ominöſe Deutung der Stelle auf die man traf (<hi rendition="#aq">sortes<lb/> virgilianæ</hi>) wurde wieder Mode <note place="foot" n="2)"><hi rendition="#aq">Varchi III, p.</hi> 195. Zwei Verdächtige entſchließen ſich 1529 zur<lb/> Flucht aus dem Staate, weil ſie <hi rendition="#aq">Virg. Aen. III, vs.</hi> 44 aufſchlugen.</note>. Außerdem blieb der<lb/> Dämonenglauben des ſpäteſten Alterthums gewiß nicht ohne<lb/> Einfluß auf denjenigen der Renaiſſance. Die Schrift des<lb/> Jamblichus oder Abammon über die Myſterien der Aegypter,<lb/> welche hiezu dienen konnte, iſt ſchon zu Ende des <hi rendition="#aq">XV.</hi><lb/> Jahrhunderts in lateiniſcher Ueberſetzung gedruckt worden.<lb/> Sogar die platoniſche Academie in Florenz z. B. iſt von<lb/> ſolchem und ähnlichem neuplatoniſchem Wahn der ſinkenden<lb/> Römerzeit nicht ganz frei geblieben. Von dieſem Glauben<lb/> an die Dämonen und dem damit zuſammenhängenden Zauber<lb/> muß nunmehr die Rede ſein.</p><lb/> <p><note place="left">Geſpenſter<lb/> Verſtorbener.</note>Der Populärglaube an das was man die Geiſterwelt<lb/> nennt <note place="foot" n="3)">Phantaſien von Gelehrten wie z. B. den <hi rendition="#aq">splendor</hi> und den <hi rendition="#aq">spiritus</hi><lb/> des Cardanus und den <hi rendition="#aq">Dæmon familiaris</hi> ſeines Vaters laſſen wir<lb/> auf ſich beruhen. Vgl. <hi rendition="#aq">Cardanus, de propria vita, cap.</hi> 4. 38.<lb/> 47. Er ſelber war Gegner der Magie, <hi rendition="#aq">cap.</hi> 39. Die Prodigien<lb/> und Geſpenſter die ihm begegnet, <hi rendition="#aq">cap.</hi> 37. 41. — Wie weit die<lb/> Geſpenſterfurcht des letzten Visconti ging, vgl. <hi rendition="#aq">Decembrio,</hi> bei <hi rendition="#aq">Mu-<lb/> ratori XX, Col.</hi> 1016.</note>, iſt in Italien ſo ziemlich derſelbe wie im übrigen<lb/> Europa. Zunächſt giebt es auch dort Geſpenſter, d. h. Er-<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [528/0538]
es zu merken, ein ganz wohlerhaltenes Stück antiker My-
thologie. An der dalmatiniſchen Küſte nämlich erſcheint ein
Triton, bärtig und mit Hörnchen, als echter Meerſatyr,
unten in Floſſen und einen Fiſchleib ausgehend; er fängt
Kinder und Weiber vom Ufer weg, bis ihn fünf tapfere
Waſchfrauen mit Steinen und Prügeln tödten 1). Ein
hölzernes Modell des Ungethüms, welches man in Ferrara
zeigt, macht dem Poggio die Sache völlig glaublich. Zwar
Orakel gab es keine mehr und Götter konnte man nicht
mehr befragen, aber das Aufſchlagen des Virgil und die
ominöſe Deutung der Stelle auf die man traf (sortes
virgilianæ) wurde wieder Mode 2). Außerdem blieb der
Dämonenglauben des ſpäteſten Alterthums gewiß nicht ohne
Einfluß auf denjenigen der Renaiſſance. Die Schrift des
Jamblichus oder Abammon über die Myſterien der Aegypter,
welche hiezu dienen konnte, iſt ſchon zu Ende des XV.
Jahrhunderts in lateiniſcher Ueberſetzung gedruckt worden.
Sogar die platoniſche Academie in Florenz z. B. iſt von
ſolchem und ähnlichem neuplatoniſchem Wahn der ſinkenden
Römerzeit nicht ganz frei geblieben. Von dieſem Glauben
an die Dämonen und dem damit zuſammenhängenden Zauber
muß nunmehr die Rede ſein.
6. Abſchnitt.
Der Populärglaube an das was man die Geiſterwelt
nennt 3), iſt in Italien ſo ziemlich derſelbe wie im übrigen
Europa. Zunächſt giebt es auch dort Geſpenſter, d. h. Er-
Geſpenſter
Verſtorbener.
1) Poggii facetiæ, fol. 160. cf. Pausanias IX, 20.
2) Varchi III, p. 195. Zwei Verdächtige entſchließen ſich 1529 zur
Flucht aus dem Staate, weil ſie Virg. Aen. III, vs. 44 aufſchlugen.
3) Phantaſien von Gelehrten wie z. B. den splendor und den spiritus
des Cardanus und den Dæmon familiaris ſeines Vaters laſſen wir
auf ſich beruhen. Vgl. Cardanus, de propria vita, cap. 4. 38.
47. Er ſelber war Gegner der Magie, cap. 39. Die Prodigien
und Geſpenſter die ihm begegnet, cap. 37. 41. — Wie weit die
Geſpenſterfurcht des letzten Visconti ging, vgl. Decembrio, bei Mu-
ratori XX, Col. 1016.
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