Burckhardt, Jacob: Die Cultur der Renaissance in Italien. Ein Versuch. Basel, 1860.Es ist nicht undenkbar, daß die Jubileen zum Theil ein-6. Abschnitt. Aber in schrecklichen Augenblicken erwacht hie und da 1) Entferntere Wallfahrten werden schon sehr selten. Diejenigen der Fürsten vom Hause Este nach Jerusalem, S. Yago und Vienne sind aufgezählt im Diario Ferrarese bei Murat. XXIV, Col. 182. 187. 190. 279. Die des Rinaldo Albizzi in's heil. Land bei Macchiavelli, stor. fior., L. V. Auch hier ist bisweilen die Ruhm- lust das Bestimmende; von Lionardo Frescobaldi, der mit einem Ge- fährten (gegen 1400) nach dem heil. Grabe pilgern wollte, sagt der Chronist Giov. Cavalcanti (II, p. 478): Stimarono di eternarsi nella mente degli uomini futuri. 2) Bursellis, annal. Bon. bei Murat. XXIII, Col. 890. 3) Allegretto, bei Murat. XXIII, Col. 855, s. 4) Burigozzo, Arch. stor. III, p. 486.
Es iſt nicht undenkbar, daß die Jubileen zum Theil ein-6. Abſchnitt. Aber in ſchrecklichen Augenblicken erwacht hie und da 1) Entferntere Wallfahrten werden ſchon ſehr ſelten. Diejenigen der Fürſten vom Hauſe Eſte nach Jeruſalem, S. Yago und Vienne ſind aufgezählt im Diario Ferrarese bei Murat. XXIV, Col. 182. 187. 190. 279. Die des Rinaldo Albizzi in's heil. Land bei Macchiavelli, stor. fior., L. V. Auch hier iſt bisweilen die Ruhm- luſt das Beſtimmende; von Lionardo Frescobaldi, der mit einem Ge- fährten (gegen 1400) nach dem heil. Grabe pilgern wollte, ſagt der Chroniſt Giov. Cavalcanti (II, p. 478): Stimarono di eternarsi nella mente degli uomini futuri. 2) Bursellis, annal. Bon. bei Murat. XXIII, Col. 890. 3) Allegretto, bei Murat. XXIII, Col. 855, s. 4) Burigozzo, Arch. stor. III, p. 486.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0501" n="491"/> Es iſt nicht undenkbar, daß die Jubileen zum Theil ein-<note place="right"><hi rendition="#b"><hi rendition="#u">6. Abſchnitt.</hi></hi></note><lb/> gerichtet wurden, um dieſen unheimlichen Wandertrieb re-<lb/> ligiös aufgeregter Maſſen möglichſt zu reguliren und un-<lb/> ſchädlich zu machen; auch zogen die inzwiſchen neu berühmt<lb/> gewordenen Wallfahrtsorte Italiens, wie z. B. Loreto, einen<lb/> Theil jener Aufregung an ſich <note place="foot" n="1)">Entferntere Wallfahrten werden ſchon ſehr ſelten. Diejenigen der<lb/> Fürſten vom Hauſe Eſte nach Jeruſalem, S. Yago und Vienne ſind<lb/> aufgezählt im <hi rendition="#aq">Diario Ferrarese</hi> bei <hi rendition="#aq">Murat. XXIV, Col. 182.<lb/> 187. 190. 279.</hi> Die des Rinaldo Albizzi in's heil. Land bei<lb/><hi rendition="#aq">Macchiavelli, stor. fior., L. V.</hi> Auch hier iſt bisweilen die Ruhm-<lb/> luſt das Beſtimmende; von Lionardo Frescobaldi, der mit einem Ge-<lb/> fährten (gegen 1400) nach dem heil. Grabe pilgern wollte, ſagt der<lb/> Chroniſt Giov. Cavalcanti <hi rendition="#aq">(II, p. 478): Stimarono di eternarsi<lb/> nella mente degli uomini futuri.</hi></note>.</p><lb/> <p>Aber in ſchrecklichen Augenblicken erwacht hie und da<lb/> ganz ſpät die Gluth der mittelalterlichen Buße, und das<lb/> geängſtigte Volk, zumal wenn Prodigien hinzukommen, will<lb/> mit Geißelungen und lautem Geſchrei um Barmherzigkeit<lb/> den Himmel erweichen. So war es bei der Peſt von 1457<lb/> zu Bologna <note place="foot" n="2)"><hi rendition="#aq">Bursellis, annal. Bon.</hi> bei <hi rendition="#aq">Murat. XXIII, Col. 890.</hi></note>, ſo bei den innern Wirren von 1496 in<lb/> Siena <note place="foot" n="3)"><hi rendition="#aq">Allegretto,</hi> bei <hi rendition="#aq">Murat. XXIII, Col. 855, s.</hi></note>, um aus zahlloſen Beiſpielen nur zwei zu wählen.<lb/> Wahrhaft erſchütternd aber iſt was 1529 zu Mailand ge-<note place="right">Die Buße von<lb/> Mailand.</note><lb/> ſchah, als die drei furchtbaren Geſchwiſter Krieg, Hunger<lb/> und Peſt ſammt der ſpaniſchen Ausſaugerei die höchſte Ver-<lb/> zweiflung über das Land gebracht hatten <note place="foot" n="4)"><hi rendition="#aq">Burigozzo, Arch. stor. III, p. 486.</hi></note>. Zufällig war<lb/> es ein ſpaniſcher Mönch, Fra Tommaſo Nieto, auf den man<lb/> jetzt hörte; bei den barfüßigen Proceſſionen von Alt und<lb/> Jung ließ er das Sacrament auf eine neue Weiſe mittragen,<lb/> nämlich befeſtigt auf einer geſchmückten Bahre, welche auf<lb/> den Schultern von vier Prieſtern im Linnengewande ruhte —<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [491/0501]
Es iſt nicht undenkbar, daß die Jubileen zum Theil ein-
gerichtet wurden, um dieſen unheimlichen Wandertrieb re-
ligiös aufgeregter Maſſen möglichſt zu reguliren und un-
ſchädlich zu machen; auch zogen die inzwiſchen neu berühmt
gewordenen Wallfahrtsorte Italiens, wie z. B. Loreto, einen
Theil jener Aufregung an ſich 1).
6. Abſchnitt.
Aber in ſchrecklichen Augenblicken erwacht hie und da
ganz ſpät die Gluth der mittelalterlichen Buße, und das
geängſtigte Volk, zumal wenn Prodigien hinzukommen, will
mit Geißelungen und lautem Geſchrei um Barmherzigkeit
den Himmel erweichen. So war es bei der Peſt von 1457
zu Bologna 2), ſo bei den innern Wirren von 1496 in
Siena 3), um aus zahlloſen Beiſpielen nur zwei zu wählen.
Wahrhaft erſchütternd aber iſt was 1529 zu Mailand ge-
ſchah, als die drei furchtbaren Geſchwiſter Krieg, Hunger
und Peſt ſammt der ſpaniſchen Ausſaugerei die höchſte Ver-
zweiflung über das Land gebracht hatten 4). Zufällig war
es ein ſpaniſcher Mönch, Fra Tommaſo Nieto, auf den man
jetzt hörte; bei den barfüßigen Proceſſionen von Alt und
Jung ließ er das Sacrament auf eine neue Weiſe mittragen,
nämlich befeſtigt auf einer geſchmückten Bahre, welche auf
den Schultern von vier Prieſtern im Linnengewande ruhte —
Die Buße von
Mailand.
1) Entferntere Wallfahrten werden ſchon ſehr ſelten. Diejenigen der
Fürſten vom Hauſe Eſte nach Jeruſalem, S. Yago und Vienne ſind
aufgezählt im Diario Ferrarese bei Murat. XXIV, Col. 182.
187. 190. 279. Die des Rinaldo Albizzi in's heil. Land bei
Macchiavelli, stor. fior., L. V. Auch hier iſt bisweilen die Ruhm-
luſt das Beſtimmende; von Lionardo Frescobaldi, der mit einem Ge-
fährten (gegen 1400) nach dem heil. Grabe pilgern wollte, ſagt der
Chroniſt Giov. Cavalcanti (II, p. 478): Stimarono di eternarsi
nella mente degli uomini futuri.
2) Bursellis, annal. Bon. bei Murat. XXIII, Col. 890.
3) Allegretto, bei Murat. XXIII, Col. 855, s.
4) Burigozzo, Arch. stor. III, p. 486.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |