Burckhardt, Jacob: Die Cultur der Renaissance in Italien. Ein Versuch. Basel, 1860.6. Abschnitt.Luft erbebte 1) von dem Geschrei des ganzen Volkes: mi- Gewaltsame, mit sich zerfallene Gemüther faßten häufig 1) Pareva che l'aria si fendesse, heißt es irgendwo. 2) Jac. Volaterran. bei Murat. XXIII, Col. 167. Es wird nicht ausdrücklich gesagt, daß er sich mit dieser Fehde abgab, allein wir dürfen nicht daran zweifeln. -- Auch Jacopo della Marca hatte einst (1445) nach ungeheuren Erfolgen kaum Perugia verlassen, als ein schrecklicher Rachemord in der Familie Ranieri geschah. Vgl. Graziani, l. c. pag. 565, s. -- Bei diesem Anlaß muß darauf hingewiesen werden, daß jene Stadt auffallend oft von solchen Pre- digern besucht wird, vgl. pag. 597, 626, 631, 637, 647. 3) Capistrano kleidete nach einer Predigt fünfzig Soldaten ein; Stor.
6. Abſchnitt.Luft erbebte 1) von dem Geſchrei des ganzen Volkes: mi- Gewaltſame, mit ſich zerfallene Gemüther faßten häufig 1) Pareva che l'aria si fendesse, heißt es irgendwo. 2) Jac. Volaterran. bei Murat. XXIII, Col. 167. Es wird nicht ausdrücklich geſagt, daß er ſich mit dieſer Fehde abgab, allein wir dürfen nicht daran zweifeln. — Auch Jacopo della Marca hatte einſt (1445) nach ungeheuren Erfolgen kaum Perugia verlaſſen, als ein ſchrecklicher Rachemord in der Familie Ranieri geſchah. Vgl. Graziani, l. c. pag. 565, s. — Bei dieſem Anlaß muß darauf hingewieſen werden, daß jene Stadt auffallend oft von ſolchen Pre- digern beſucht wird, vgl. pag. 597, 626, 631, 637, 647. 3) Capiſtrano kleidete nach einer Predigt fünfzig Soldaten ein; Stor.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0482" n="472"/><note place="left"><hi rendition="#b"><hi rendition="#u">6. Abſchnitt.</hi></hi></note>Luft erbebte <note place="foot" n="1)"><hi rendition="#aq">Pareva che l'aria si fendesse,</hi> heißt es irgendwo.</note> von dem Geſchrei des ganzen Volkes: <hi rendition="#aq">mi-<lb/> sericordia!</hi> — Da kam es zu jenen feierlichen Friedens-<lb/> ſchlüſſen und Umarmungen, auch wenn ſchon Wechſelmord<lb/> zwiſchen den ſtreitenden Parteien lag. Man ließ wohl die<lb/> bereits Verbannten zu ſo heiligem Vorhaben abſichtlich in<lb/> die Stadt kommen. Es ſcheint, daß ſolche „<hi rendition="#aq">paci</hi>“ im<lb/> Ganzen beobachtet worden ſind, auch wenn die gehobene<lb/> Stimmung vorüber war, und dann blieb das Andenken<lb/> des Mönches im Segen auf viele Geſchlechter hinaus. Aber<lb/><note place="left">Grenzen der<lb/> Wirkung.</note>es gab wilde, furchtbare Criſen wie die der Familien della<lb/> Valle und Croce zu Rom (1482), wobei ſelbſt der große<lb/> Roberto da Lecce ſeine Stimme umſonſt erhob <note place="foot" n="2)"><hi rendition="#aq">Jac. Volaterran.</hi> bei <hi rendition="#aq">Murat. XXIII, Col.</hi> 167. Es wird nicht<lb/> ausdrücklich geſagt, daß er ſich mit dieſer Fehde abgab, allein wir<lb/> dürfen nicht daran zweifeln. — Auch Jacopo della Marca hatte<lb/> einſt (1445) nach ungeheuren Erfolgen kaum Perugia verlaſſen, als<lb/> ein ſchrecklicher Rachemord in der Familie Ranieri geſchah. Vgl.<lb/><hi rendition="#aq">Graziani, l. c. pag. 565, s.</hi> — Bei dieſem Anlaß muß darauf<lb/> hingewieſen werden, daß jene Stadt auffallend oft von ſolchen Pre-<lb/> digern beſucht wird, vgl. <hi rendition="#aq">pag. 597, 626, 631, 637, 647.</hi></note>. Kurz<lb/> vor der Charwoche hatte er noch auf dem Platz vor der<lb/> Minerva zahlloſem Volke gepredigt; da erfolgte in der<lb/> Nacht vor dem grünen Donnerſtag die ſchreckliche Straßen-<lb/> ſchlacht vor Palazzo della Valle beim Ghetto; am Morgen<lb/> gab Papſt Sixtus den Befehl zu deſſen Schleifung, und<lb/> hielt dann die gewohnten Ceremonien dieſes Tages ab; am<lb/> Charfreitag predigte Roberto wieder, in den Händen ein<lb/> Crucifix; er und ſeine Zuhörer konnten aber nichts als<lb/> weinen.</p><lb/> <p>Gewaltſame, mit ſich zerfallene Gemüther faßten häufig<lb/> unter dem Eindruck der Bußpredigten den Entſchluß, ins<lb/> Kloſter zu treten. Es waren darunter Räuber und Ver-<lb/> brecher aller Art, auch wohl brodloſe Soldaten <note xml:id="seg2pn_33_1" next="#seg2pn_33_2" place="foot" n="3)">Capiſtrano kleidete nach einer Predigt fünfzig Soldaten ein; <hi rendition="#aq">Stor.</hi></note>. Dabei<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [472/0482]
Luft erbebte 1) von dem Geſchrei des ganzen Volkes: mi-
sericordia! — Da kam es zu jenen feierlichen Friedens-
ſchlüſſen und Umarmungen, auch wenn ſchon Wechſelmord
zwiſchen den ſtreitenden Parteien lag. Man ließ wohl die
bereits Verbannten zu ſo heiligem Vorhaben abſichtlich in
die Stadt kommen. Es ſcheint, daß ſolche „paci“ im
Ganzen beobachtet worden ſind, auch wenn die gehobene
Stimmung vorüber war, und dann blieb das Andenken
des Mönches im Segen auf viele Geſchlechter hinaus. Aber
es gab wilde, furchtbare Criſen wie die der Familien della
Valle und Croce zu Rom (1482), wobei ſelbſt der große
Roberto da Lecce ſeine Stimme umſonſt erhob 2). Kurz
vor der Charwoche hatte er noch auf dem Platz vor der
Minerva zahlloſem Volke gepredigt; da erfolgte in der
Nacht vor dem grünen Donnerſtag die ſchreckliche Straßen-
ſchlacht vor Palazzo della Valle beim Ghetto; am Morgen
gab Papſt Sixtus den Befehl zu deſſen Schleifung, und
hielt dann die gewohnten Ceremonien dieſes Tages ab; am
Charfreitag predigte Roberto wieder, in den Händen ein
Crucifix; er und ſeine Zuhörer konnten aber nichts als
weinen.
6. Abſchnitt.
Grenzen der
Wirkung.
Gewaltſame, mit ſich zerfallene Gemüther faßten häufig
unter dem Eindruck der Bußpredigten den Entſchluß, ins
Kloſter zu treten. Es waren darunter Räuber und Ver-
brecher aller Art, auch wohl brodloſe Soldaten 3). Dabei
1) Pareva che l'aria si fendesse, heißt es irgendwo.
2) Jac. Volaterran. bei Murat. XXIII, Col. 167. Es wird nicht
ausdrücklich geſagt, daß er ſich mit dieſer Fehde abgab, allein wir
dürfen nicht daran zweifeln. — Auch Jacopo della Marca hatte
einſt (1445) nach ungeheuren Erfolgen kaum Perugia verlaſſen, als
ein ſchrecklicher Rachemord in der Familie Ranieri geſchah. Vgl.
Graziani, l. c. pag. 565, s. — Bei dieſem Anlaß muß darauf
hingewieſen werden, daß jene Stadt auffallend oft von ſolchen Pre-
digern beſucht wird, vgl. pag. 597, 626, 631, 637, 647.
3) Capiſtrano kleidete nach einer Predigt fünfzig Soldaten ein; Stor.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |