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Burckhardt, Jacob: Die Cultur der Renaissance in Italien. Ein Versuch. Basel, 1860.

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5. Abschnitt.entstand die Landwohnung des wohlhabenden Städters,
die Villa. Ein köstliches Erbtheil des alten Römerthums
lebt hier wieder auf, sobald Gedeihen und Bildung im
Volke weit genug fortgeschritten sind.

Unser Autor findet auf seiner Villa lauter Glück und
Frieden, worüber man ihn freilich selber hören muß (S. 88).
Die öconomische Seite der Sache ist, daß ein und dasselbe
Gut womöglich Alles in sich enthalten soll: Korn, Wein,
Oel, Futterland und Waldung (S. 84), und daß man
solche Güter gerne theuer bezahlt, weil man nachher nichts
mehr auf dem Markt zu kaufen nöthig hat. Der höhere
Genuß aber verräth sich in den Worten der Einleitung zu
diesem Gegenstande: "Um Florenz liegen viele Villen in
"krystallheller Luft, in heiterer Landschaft, mit herrlicher
"Aussicht; da ist wenig Nebel, kein verderblicher Wind;
"Alles ist gut, auch das reine, gesunde Wasser; und von
"den zahllosen Bauten sind manche wie Fürstenpaläste,
"manche wie Schlösser anzuschauen, prachtvoll und kostbar."
Er meint jene in ihrer Art mustergültigen Landhäuser, von
welchen die meisten 1529 durch die Florentiner selbst der
Vertheidigung der Stadt -- vergebens -- geopfert wurden.

Geist des Land-
lebens.
In diesen Villen wie in denjenigen an der Brenta,
in den lombardischen Vorbergen, am Posilipp und Vomero
nahm dann auch die Geselligkeit einen freiern, ländlichen
Character an als in den Sälen der Stadtpaläste. Das
Zusammenwohnen der gastfrei Geladenen, die Jagd und
der übrige Verkehr im Freien werden hie und da ganz an-
muthig geschildert. Aber auch die tiefste Geistesarbeit und
das Edelste der Poesie ist bisweilen von einem solchen
Landaufenthalt datirt.


Die Feste.Es ist keine bloße Willkür, wenn wir an die Betrach-
tung des gesellschaftlichen Lebens die der festlichen Aufzüge
und Aufführungen anknüpfen. Die kunstvolle Pracht, welche

5. Abſchnitt.entſtand die Landwohnung des wohlhabenden Städters,
die Villa. Ein köſtliches Erbtheil des alten Römerthums
lebt hier wieder auf, ſobald Gedeihen und Bildung im
Volke weit genug fortgeſchritten ſind.

Unſer Autor findet auf ſeiner Villa lauter Glück und
Frieden, worüber man ihn freilich ſelber hören muß (S. 88).
Die öconomiſche Seite der Sache iſt, daß ein und daſſelbe
Gut womöglich Alles in ſich enthalten ſoll: Korn, Wein,
Oel, Futterland und Waldung (S. 84), und daß man
ſolche Güter gerne theuer bezahlt, weil man nachher nichts
mehr auf dem Markt zu kaufen nöthig hat. Der höhere
Genuß aber verräth ſich in den Worten der Einleitung zu
dieſem Gegenſtande: „Um Florenz liegen viele Villen in
„kryſtallheller Luft, in heiterer Landſchaft, mit herrlicher
„Ausſicht; da iſt wenig Nebel, kein verderblicher Wind;
„Alles iſt gut, auch das reine, geſunde Waſſer; und von
„den zahlloſen Bauten ſind manche wie Fürſtenpaläſte,
„manche wie Schlöſſer anzuſchauen, prachtvoll und koſtbar.“
Er meint jene in ihrer Art muſtergültigen Landhäuſer, von
welchen die meiſten 1529 durch die Florentiner ſelbſt der
Vertheidigung der Stadt — vergebens — geopfert wurden.

Geiſt des Land-
lebens.
In dieſen Villen wie in denjenigen an der Brenta,
in den lombardiſchen Vorbergen, am Poſilipp und Vomero
nahm dann auch die Geſelligkeit einen freiern, ländlichen
Character an als in den Sälen der Stadtpaläſte. Das
Zuſammenwohnen der gaſtfrei Geladenen, die Jagd und
der übrige Verkehr im Freien werden hie und da ganz an-
muthig geſchildert. Aber auch die tiefſte Geiſtesarbeit und
das Edelſte der Poeſie iſt bisweilen von einem ſolchen
Landaufenthalt datirt.


Die Feſte.Es iſt keine bloße Willkür, wenn wir an die Betrach-
tung des geſellſchaftlichen Lebens die der feſtlichen Aufzüge
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[400/0410] entſtand die Landwohnung des wohlhabenden Städters, die Villa. Ein köſtliches Erbtheil des alten Römerthums lebt hier wieder auf, ſobald Gedeihen und Bildung im Volke weit genug fortgeſchritten ſind. 5. Abſchnitt. Unſer Autor findet auf ſeiner Villa lauter Glück und Frieden, worüber man ihn freilich ſelber hören muß (S. 88). Die öconomiſche Seite der Sache iſt, daß ein und daſſelbe Gut womöglich Alles in ſich enthalten ſoll: Korn, Wein, Oel, Futterland und Waldung (S. 84), und daß man ſolche Güter gerne theuer bezahlt, weil man nachher nichts mehr auf dem Markt zu kaufen nöthig hat. Der höhere Genuß aber verräth ſich in den Worten der Einleitung zu dieſem Gegenſtande: „Um Florenz liegen viele Villen in „kryſtallheller Luft, in heiterer Landſchaft, mit herrlicher „Ausſicht; da iſt wenig Nebel, kein verderblicher Wind; „Alles iſt gut, auch das reine, geſunde Waſſer; und von „den zahlloſen Bauten ſind manche wie Fürſtenpaläſte, „manche wie Schlöſſer anzuſchauen, prachtvoll und koſtbar.“ Er meint jene in ihrer Art muſtergültigen Landhäuſer, von welchen die meiſten 1529 durch die Florentiner ſelbſt der Vertheidigung der Stadt — vergebens — geopfert wurden. In dieſen Villen wie in denjenigen an der Brenta, in den lombardiſchen Vorbergen, am Poſilipp und Vomero nahm dann auch die Geſelligkeit einen freiern, ländlichen Character an als in den Sälen der Stadtpaläſte. Das Zuſammenwohnen der gaſtfrei Geladenen, die Jagd und der übrige Verkehr im Freien werden hie und da ganz an- muthig geſchildert. Aber auch die tiefſte Geiſtesarbeit und das Edelſte der Poeſie iſt bisweilen von einem ſolchen Landaufenthalt datirt. Geiſt des Land- lebens. Es iſt keine bloße Willkür, wenn wir an die Betrach- tung des geſellſchaftlichen Lebens die der feſtlichen Aufzüge und Aufführungen anknüpfen. Die kunſtvolle Pracht, welche Die Feſte.

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Zitationshilfe: Burckhardt, Jacob: Die Cultur der Renaissance in Italien. Ein Versuch. Basel, 1860, S. 400. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_renaissance_1860/410>, abgerufen am 26.04.2024.