5. Abschnitt.eines Schriftstellers wie Macchiavelli riß alle jene Spinn- weben durch, insofern seine mächtigen Gedanken, sein klarer, einfacher Ausdruck in einer Sprache auftraten, welche eher alle andern Vorzüge hatte als den eines reinen Trecentismo. Andererseits gab es zu viele Oberitaliener, Römer, Neapo- litaner etc., welchen es lieb sein mußte, wenn man in Schrift und Conversation die Ansprüche auf Reinheit des Aus- druckes nicht zu hoch spannte. Sie verläugnen zwar Sprach- formen und Ausdrücke ihres Dialectes völlig, und ein Aus- länder wird es leicht für falsche Bescheidenheit halten, wenn z. B. Bandello öfter hoch und theuer protestirt: "ich habe keinen Styl; ich schreibe nicht florentinisch sondern oft bar- barisch; ich begehre der Sprache keine neuen Zierden zu verleihen; ich bin nur ein Lombarde und noch dazu von der ligurischen Grenze her" 1). Allein gegenüber der stren- gen Partei behauptete man sich in der That am ehesten, indem man auf höhere Ansprüche ausdrücklich verzichtete und sich dafür der großen allgemeinen Sprache nach Kräften bemächtigte. Nicht Jeder konnte es Pietro Bembo gleich- thun, welcher als geborener Venezianer Zeitlebens das reinste Toscanisch, aber fast als eine fremde Sprache schrieb, oder einem Sannazaro, der es als Neapolitaner ebenso machte. Das Wesentliche war, daß Jeder die Sprache in Wort und Schrift mit Achtung behandeln mußte. Daneben mochte man den Puristen ihren Fanatismus, ihre Sprach- congresse 2) u. dgl. lassen; schädlich im Großen wurden sie erst später, als der originale Hauch in der Literatur ohne- hin schwächer war und noch ganz andern, viel schlimmern Einflüssen unterlag. Endlich stand es der Academia della
1)Bandello, Parte I, Proemio und Nov. 1 und 2. -- Ein anderer Lombarde, der eben genannte Teofilo Folengo in seinem Orlandino, erledigt die Sache mit heiterm Spott.
2) Ein solcher fand, wie es scheint, in Bologna zu Ende 1531 unter Bembo's Vorsitz Statt. S. den Brief des Claud. Tolomei, bei Firenzuola, opere, vol. II, Beilagen.
5. Abſchnitt.eines Schriftſtellers wie Macchiavelli riß alle jene Spinn- weben durch, inſofern ſeine mächtigen Gedanken, ſein klarer, einfacher Ausdruck in einer Sprache auftraten, welche eher alle andern Vorzüge hatte als den eines reinen Trecentismo. Andererſeits gab es zu viele Oberitaliener, Römer, Neapo- litaner ꝛc., welchen es lieb ſein mußte, wenn man in Schrift und Converſation die Anſprüche auf Reinheit des Aus- druckes nicht zu hoch ſpannte. Sie verläugnen zwar Sprach- formen und Ausdrücke ihres Dialectes völlig, und ein Aus- länder wird es leicht für falſche Beſcheidenheit halten, wenn z. B. Bandello öfter hoch und theuer proteſtirt: „ich habe keinen Styl; ich ſchreibe nicht florentiniſch ſondern oft bar- bariſch; ich begehre der Sprache keine neuen Zierden zu verleihen; ich bin nur ein Lombarde und noch dazu von der liguriſchen Grenze her“ 1). Allein gegenüber der ſtren- gen Partei behauptete man ſich in der That am eheſten, indem man auf höhere Anſprüche ausdrücklich verzichtete und ſich dafür der großen allgemeinen Sprache nach Kräften bemächtigte. Nicht Jeder konnte es Pietro Bembo gleich- thun, welcher als geborener Venezianer Zeitlebens das reinſte Toscaniſch, aber faſt als eine fremde Sprache ſchrieb, oder einem Sannazaro, der es als Neapolitaner ebenſo machte. Das Weſentliche war, daß Jeder die Sprache in Wort und Schrift mit Achtung behandeln mußte. Daneben mochte man den Puriſten ihren Fanatismus, ihre Sprach- congreſſe 2) u. dgl. laſſen; ſchädlich im Großen wurden ſie erſt ſpäter, als der originale Hauch in der Literatur ohne- hin ſchwächer war und noch ganz andern, viel ſchlimmern Einflüſſen unterlag. Endlich ſtand es der Academia della
1)Bandello, Parte I, Proemio und Nov. 1 und 2. — Ein anderer Lombarde, der eben genannte Teofilo Folengo in ſeinem Orlandino, erledigt die Sache mit heiterm Spott.
2) Ein ſolcher fand, wie es ſcheint, in Bologna zu Ende 1531 unter Bembo's Vorſitz Statt. S. den Brief des Claud. Tolomei, bei Firenzuola, opere, vol. II, Beilagen.
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eines Schriftſtellers wie Macchiavelli riß alle jene Spinn-
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alle andern Vorzüge hatte als den eines reinen Trecentismo.
Andererſeits gab es zu viele Oberitaliener, Römer, Neapo-
litaner ꝛc., welchen es lieb ſein mußte, wenn man in Schrift
und Converſation die Anſprüche auf Reinheit des Aus-
druckes nicht zu hoch ſpannte. Sie verläugnen zwar Sprach-
formen und Ausdrücke ihres Dialectes völlig, und ein Aus-
länder wird es leicht für falſche Beſcheidenheit halten, wenn
z. B. Bandello öfter hoch und theuer proteſtirt: „ich habe
keinen Styl; ich ſchreibe nicht florentiniſch ſondern oft bar-
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verleihen; ich bin nur ein Lombarde und noch dazu von
der liguriſchen Grenze her“ 1). Allein gegenüber der ſtren-
gen Partei behauptete man ſich in der That am eheſten,
indem man auf höhere Anſprüche ausdrücklich verzichtete
und ſich dafür der großen allgemeinen Sprache nach Kräften
bemächtigte. Nicht Jeder konnte es Pietro Bembo gleich-
thun, welcher als geborener Venezianer Zeitlebens das
reinſte Toscaniſch, aber faſt als eine fremde Sprache ſchrieb,
oder einem Sannazaro, der es als Neapolitaner ebenſo
machte. Das Weſentliche war, daß Jeder die Sprache in
Wort und Schrift mit Achtung behandeln mußte. Daneben
mochte man den Puriſten ihren Fanatismus, ihre Sprach-
congreſſe 2) u. dgl. laſſen; ſchädlich im Großen wurden ſie
erſt ſpäter, als der originale Hauch in der Literatur ohne-
hin ſchwächer war und noch ganz andern, viel ſchlimmern
Einflüſſen unterlag. Endlich ſtand es der Academia della
5. Abſchnitt.
1) Bandello, Parte I, Proemio und Nov. 1 und 2. — Ein anderer
Lombarde, der eben genannte Teofilo Folengo in ſeinem Orlandino,
erledigt die Sache mit heiterm Spott.
2) Ein ſolcher fand, wie es ſcheint, in Bologna zu Ende 1531 unter
Bembo's Vorſitz Statt. S. den Brief des Claud. Tolomei, bei
Firenzuola, opere, vol. II, Beilagen.
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Burckhardt, Jacob: Die Cultur der Renaissance in Italien. Ein Versuch. Basel, 1860, S. 378. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_renaissance_1860/388>, abgerufen am 24.11.2024.
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