Burckhardt, Jacob: Die Cultur der Renaissance in Italien. Ein Versuch. Basel, 1860.5. Abschnitt.schiedenen Seiten aus betrieb. In diesen Kampf führt uns Das Beste that freilich Dante selber durch sein großes In Literatur und Poesie mag nun der Hader über 1) De vulgari eloquio ed. Corbinelli, Parisiis 1577. Laut Boc- caccio, vita di Dante, p. 77, kurz vor seinem Tode verfaßt. -- Ueber die rasche und merkliche Veränderung der Sprache bei seinen Lebzeiten äußert er sich im Anfang des Convito. 2) Das allmälige Vordringen derselben in Literatur und Leben könnte
ein einheimischer Kenner leicht tabellarisch darstellen. Es müßte constatirt werden, wie lange sich während des XIV. und XV. Jahrh. die einzelnen Dialecte in der täglichen Correspondenz, in den Re- gierungsschriften und Gerichtsprotocollen, endlich in den Chroniken und in der freien Literatur ganz oder gemischt behauptet haben. Auch das Fortleben der ital. Dialecte neben einem reinern oder ge- ringern Latein, welches dann als officielle Sprache diente, käme dabei in Betracht. 5. Abſchnitt.ſchiedenen Seiten aus betrieb. In dieſen Kampf führt uns Das Beſte that freilich Dante ſelber durch ſein großes In Literatur und Poeſie mag nun der Hader über 1) De vulgari eloquio ed. Corbinelli, Parisiis 1577. Laut Boc- caccio, vita di Dante, p. 77, kurz vor ſeinem Tode verfaßt. — Ueber die raſche und merkliche Veränderung der Sprache bei ſeinen Lebzeiten äußert er ſich im Anfang des Convito. 2) Das allmälige Vordringen derſelben in Literatur und Leben könnte
ein einheimiſcher Kenner leicht tabellariſch darſtellen. Es müßte conſtatirt werden, wie lange ſich während des XIV. und XV. Jahrh. die einzelnen Dialecte in der täglichen Correſpondenz, in den Re- gierungsſchriften und Gerichtsprotocollen, endlich in den Chroniken und in der freien Literatur ganz oder gemiſcht behauptet haben. Auch das Fortleben der ital. Dialecte neben einem reinern oder ge- ringern Latein, welches dann als officielle Sprache diente, käme dabei in Betracht. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0384" n="374"/><note place="left"><hi rendition="#b"><hi rendition="#u">5. Abſchnitt.</hi></hi></note>ſchiedenen Seiten aus betrieb. In dieſen Kampf führt uns<lb/> Dante mitten hinein; ſeine Schrift „von der italieniſchen<lb/> Sprache“ <note place="foot" n="1)"><hi rendition="#aq">De vulgari eloquio ed. Corbinelli, Parisiis 1577.</hi> Laut Boc-<lb/> caccio, <hi rendition="#aq">vita di Dante, p. 77,</hi> kurz vor ſeinem Tode verfaßt. —<lb/> Ueber die raſche und merkliche Veränderung der Sprache bei ſeinen<lb/> Lebzeiten äußert er ſich im Anfang des Convito.</note> iſt nicht nur für die Frage ſelbſt wichtig ſondern<lb/> auch das erſte raiſonnirende Werk über eine moderne Sprache<lb/> überhaupt. Sein Gedankengang und ſeine Reſultate ge-<lb/> hören in die Geſchichte der Sprachwiſſenſchaft, wo ſie auf<lb/><note place="left">Ihre Entwick-<lb/> lung,</note>immer einen hochbedeutenden Platz einnehmen. Hier iſt<lb/> nur zu conſtatiren, daß ſchon lange Zeit vor Abfaſſung der<lb/> Schrift die Sprache eine tägliche wichtige Lebensfrage ge-<lb/> weſen ſein muß, daß alle Dialecte mit parteiiſcher Vorliebe<lb/> und Abneigung ſtudirt worden waren und daß die Geburt<lb/> der allgemeinen Idealſprache von den ſtärkſten Wehen be-<lb/> gleitet war.</p><lb/> <p>Das Beſte that freilich Dante ſelber durch ſein großes<lb/> Gedicht. Der toscaniſche Dialect wurde weſentlich die Baſis<lb/> der neuen Idealſprache <note place="foot" n="2)">Das allmälige Vordringen derſelben in Literatur und Leben könnte<lb/> ein einheimiſcher Kenner leicht tabellariſch darſtellen. Es müßte<lb/> conſtatirt werden, wie lange ſich während des <hi rendition="#aq">XIV.</hi> und <hi rendition="#aq">XV.</hi> Jahrh.<lb/> die einzelnen Dialecte in der täglichen Correſpondenz, in den Re-<lb/> gierungsſchriften und Gerichtsprotocollen, endlich in den Chroniken<lb/> und in der freien Literatur ganz oder gemiſcht behauptet haben.<lb/> Auch das Fortleben der ital. Dialecte neben einem reinern oder ge-<lb/> ringern Latein, welches dann als officielle Sprache diente, käme<lb/> dabei in Betracht.</note>. Wenn damit zu viel geſagt ſein<lb/> ſollte, ſo darf der Ausländer um Nachſicht bitten, indem<lb/> er ſchlechtweg in einer höchſt beſtrittenen Frage der vor-<lb/> herrſchenden Meinung folgt.</p><lb/> <p>In Literatur und Poeſie mag nun der Hader über<lb/> dieſe Sprache, der Purismus eben ſo viel geſchadet als<lb/> genützt, er mag manchem ſonſt ſehr begabten Autor die<lb/> Naivetät des Ausdruckes geraubt haben. Und Andere, die<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [374/0384]
ſchiedenen Seiten aus betrieb. In dieſen Kampf führt uns
Dante mitten hinein; ſeine Schrift „von der italieniſchen
Sprache“ 1) iſt nicht nur für die Frage ſelbſt wichtig ſondern
auch das erſte raiſonnirende Werk über eine moderne Sprache
überhaupt. Sein Gedankengang und ſeine Reſultate ge-
hören in die Geſchichte der Sprachwiſſenſchaft, wo ſie auf
immer einen hochbedeutenden Platz einnehmen. Hier iſt
nur zu conſtatiren, daß ſchon lange Zeit vor Abfaſſung der
Schrift die Sprache eine tägliche wichtige Lebensfrage ge-
weſen ſein muß, daß alle Dialecte mit parteiiſcher Vorliebe
und Abneigung ſtudirt worden waren und daß die Geburt
der allgemeinen Idealſprache von den ſtärkſten Wehen be-
gleitet war.
5. Abſchnitt.
Ihre Entwick-
lung,
Das Beſte that freilich Dante ſelber durch ſein großes
Gedicht. Der toscaniſche Dialect wurde weſentlich die Baſis
der neuen Idealſprache 2). Wenn damit zu viel geſagt ſein
ſollte, ſo darf der Ausländer um Nachſicht bitten, indem
er ſchlechtweg in einer höchſt beſtrittenen Frage der vor-
herrſchenden Meinung folgt.
In Literatur und Poeſie mag nun der Hader über
dieſe Sprache, der Purismus eben ſo viel geſchadet als
genützt, er mag manchem ſonſt ſehr begabten Autor die
Naivetät des Ausdruckes geraubt haben. Und Andere, die
1) De vulgari eloquio ed. Corbinelli, Parisiis 1577. Laut Boc-
caccio, vita di Dante, p. 77, kurz vor ſeinem Tode verfaßt. —
Ueber die raſche und merkliche Veränderung der Sprache bei ſeinen
Lebzeiten äußert er ſich im Anfang des Convito.
2) Das allmälige Vordringen derſelben in Literatur und Leben könnte
ein einheimiſcher Kenner leicht tabellariſch darſtellen. Es müßte
conſtatirt werden, wie lange ſich während des XIV. und XV. Jahrh.
die einzelnen Dialecte in der täglichen Correſpondenz, in den Re-
gierungsſchriften und Gerichtsprotocollen, endlich in den Chroniken
und in der freien Literatur ganz oder gemiſcht behauptet haben.
Auch das Fortleben der ital. Dialecte neben einem reinern oder ge-
ringern Latein, welches dann als officielle Sprache diente, käme
dabei in Betracht.
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