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Burckhardt, Jacob: Die Cultur der Renaissance in Italien. Ein Versuch. Basel, 1860.

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meinsamen Schicksals und Rechtes Aller verfaßte er in3. Abschnitt.
seinen Mußestunden die Geschichte der Stadt, welche dann
in Purpureinband als Heiligthum im Stadtpalast aufbe-
wahrt wurde. Bei seinem Weggang schenkte ihm die Stadt
ein Banner mit ihrem Wappen und einen prachtvollen
silbernen Helm.

Für die übrigen gelehrten Bürger von Florenz in dieserVespasiano von
Florenz.

Zeit muß schon deßhalb auf Vespasiano (der sie alle kannte)
verwiesen werden, weil der Ton, die Atmosphäre, in wel-
cher er schreibt, die Voraussetzungen, unter welchen er mit
jenen Leuten umgeht, noch wichtiger erscheinen als die ein-
zelnen Leistungen selbst. Schon in einer Uebersetzung, ge-
schweige denn in den kurzen Andeutungen, auf welche wir
hier beschränkt sind, müßte dieser beste Werth seines Buches
verloren gehen. Er ist kein großer Autor, aber er kennt
das ganze Treiben und hat ein tiefes Gefühl von dessen
geistiger Bedeutung.

Wenn man dann den Zauber zu analysiren sucht,Die Medici.
durch welchen die Medici des XV. Jahrhunderts, vor allen
Cosimo der Aeltere (st. 1464) und Lorenzo magnifico
(st. 1492) auf Florenz und auf ihre Zeitgenossen überhaupt
gewirkt haben, so ist neben aller Politik ihre Führerschaft
auf dem Gebiete der damaligen Bildung das Stärkste
dabei. Wer in Cosimo's Stellung als Kaufmann und
locales Parteihaupt noch außerdem Alles für sich hat[,] was
denkt, forscht und schreibt, wer von Hause aus als der
erste der Florentiner und dazu von Bildungswegen als der
größte der Italiener gilt, der ist thatsächlich ein Fürst.
Cosimo besitzt dann den speciellen Ruhm, in der platoni-
schen Philosophie1) die schönste Blüthe der antiken Gedan-

1) Was man von derselben vorher kannte, kann nur fragmentarisch ge-
wesen sein. Eine wunderliche Disputation über den Gegensatz des
Plato und Aristoteles fand 1438 zu Ferrara zwischen Hugo von
Siena und den auf das Concil gekommenen Griechen statt. Vgl.
Aeneas Sylvius, De Europa, Cap. 52. (Opera, p. 450.)

meinſamen Schickſals und Rechtes Aller verfaßte er in3. Abſchnitt.
ſeinen Mußeſtunden die Geſchichte der Stadt, welche dann
in Purpureinband als Heiligthum im Stadtpalaſt aufbe-
wahrt wurde. Bei ſeinem Weggang ſchenkte ihm die Stadt
ein Banner mit ihrem Wappen und einen prachtvollen
ſilbernen Helm.

Für die übrigen gelehrten Bürger von Florenz in dieſerVeſpaſiano von
Florenz.

Zeit muß ſchon deßhalb auf Vespaſiano (der ſie alle kannte)
verwieſen werden, weil der Ton, die Atmosphäre, in wel-
cher er ſchreibt, die Vorausſetzungen, unter welchen er mit
jenen Leuten umgeht, noch wichtiger erſcheinen als die ein-
zelnen Leiſtungen ſelbſt. Schon in einer Ueberſetzung, ge-
ſchweige denn in den kurzen Andeutungen, auf welche wir
hier beſchränkt ſind, müßte dieſer beſte Werth ſeines Buches
verloren gehen. Er iſt kein großer Autor, aber er kennt
das ganze Treiben und hat ein tiefes Gefühl von deſſen
geiſtiger Bedeutung.

Wenn man dann den Zauber zu analyſiren ſucht,Die Medici.
durch welchen die Medici des XV. Jahrhunderts, vor allen
Coſimo der Aeltere (ſt. 1464) und Lorenzo magnifico
(ſt. 1492) auf Florenz und auf ihre Zeitgenoſſen überhaupt
gewirkt haben, ſo iſt neben aller Politik ihre Führerſchaft
auf dem Gebiete der damaligen Bildung das Stärkſte
dabei. Wer in Coſimo's Stellung als Kaufmann und
locales Parteihaupt noch außerdem Alles für ſich hat[,] was
denkt, forſcht und ſchreibt, wer von Hauſe aus als der
erſte der Florentiner und dazu von Bildungswegen als der
größte der Italiener gilt, der iſt thatſächlich ein Fürſt.
Coſimo beſitzt dann den ſpeciellen Ruhm, in der platoni-
ſchen Philoſophie1) die ſchönſte Blüthe der antiken Gedan-

1) Was man von derſelben vorher kannte, kann nur fragmentariſch ge-
weſen ſein. Eine wunderliche Disputation über den Gegenſatz des
Plato und Ariſtoteles fand 1438 zu Ferrara zwiſchen Hugo von
Siena und den auf das Concil gekommenen Griechen ſtatt. Vgl.
Aeneas Sylvius, De Europa, Cap. 52. (Opera, p. 450.)
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[213/0223] meinſamen Schickſals und Rechtes Aller verfaßte er in ſeinen Mußeſtunden die Geſchichte der Stadt, welche dann in Purpureinband als Heiligthum im Stadtpalaſt aufbe- wahrt wurde. Bei ſeinem Weggang ſchenkte ihm die Stadt ein Banner mit ihrem Wappen und einen prachtvollen ſilbernen Helm. 3. Abſchnitt. Für die übrigen gelehrten Bürger von Florenz in dieſer Zeit muß ſchon deßhalb auf Vespaſiano (der ſie alle kannte) verwieſen werden, weil der Ton, die Atmosphäre, in wel- cher er ſchreibt, die Vorausſetzungen, unter welchen er mit jenen Leuten umgeht, noch wichtiger erſcheinen als die ein- zelnen Leiſtungen ſelbſt. Schon in einer Ueberſetzung, ge- ſchweige denn in den kurzen Andeutungen, auf welche wir hier beſchränkt ſind, müßte dieſer beſte Werth ſeines Buches verloren gehen. Er iſt kein großer Autor, aber er kennt das ganze Treiben und hat ein tiefes Gefühl von deſſen geiſtiger Bedeutung. Veſpaſiano von Florenz. Wenn man dann den Zauber zu analyſiren ſucht, durch welchen die Medici des XV. Jahrhunderts, vor allen Coſimo der Aeltere (ſt. 1464) und Lorenzo magnifico (ſt. 1492) auf Florenz und auf ihre Zeitgenoſſen überhaupt gewirkt haben, ſo iſt neben aller Politik ihre Führerſchaft auf dem Gebiete der damaligen Bildung das Stärkſte dabei. Wer in Coſimo's Stellung als Kaufmann und locales Parteihaupt noch außerdem Alles für ſich hat, was denkt, forſcht und ſchreibt, wer von Hauſe aus als der erſte der Florentiner und dazu von Bildungswegen als der größte der Italiener gilt, der iſt thatſächlich ein Fürſt. Coſimo beſitzt dann den ſpeciellen Ruhm, in der platoni- ſchen Philoſophie 1) die ſchönſte Blüthe der antiken Gedan- Die Medici. 1) Was man von derſelben vorher kannte, kann nur fragmentariſch ge- weſen ſein. Eine wunderliche Disputation über den Gegenſatz des Plato und Ariſtoteles fand 1438 zu Ferrara zwiſchen Hugo von Siena und den auf das Concil gekommenen Griechen ſtatt. Vgl. Aeneas Sylvius, De Europa, Cap. 52. (Opera, p. 450.)

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Zitationshilfe: Burckhardt, Jacob: Die Cultur der Renaissance in Italien. Ein Versuch. Basel, 1860, S. 213. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_renaissance_1860/223>, abgerufen am 23.11.2024.