auf das ganze auch außeritalienische Mittelalter eingewirkt.3. Abschnitt. Diejenige Bildung, welche Carl der Große vertrat, war wesentlich eine Renaissance, gegenüber der Barbarei des VII. und VIII. Jahrhunderts, und konnte nichts anderes sein. Wie hierauf in die romanische Baukunst des Nor- dens außer der allgemeinen, vom Alterthum ererbten For- mengrundlage auch auffallende direct antike Formen sich einschleichen, so hatte die ganze Klostergelehrsamkeit allmälig eine große Masse von Stoff aus römischen Autoren in sich aufgenommen und auch der Styl derselben blieb seit Ein- hard nicht ohne Nachahmung.
Anders aber als im Norden wacht das Alterthum inIn Italien. Italien wieder auf. Sobald hier die Barbarei aufhört, meldet sich bei dem noch halb antiken Volk die Erkenntniß seiner Vorzeit; es feiert sie und wünscht sie zu reproduciren. Außerhalb Italiens handelt es sich um eine gelehrte, reflectirte Benützung einzelner Elemente der Antike, in Italien um eine gelehrte und zugleich populäre sachliche Parteinahme für das Alterthum überhaupt, weil dasselbe die Erinnerung an die eigene alte Größe ist. Die leichte Verständlichkeit des Lateini- schen, die Menge der noch vorhandenen Erinnerungen und Denkmäler befördert diese Entwicklung gewaltig. Aus ihr und aus der Gegenwirkung des inzwischen doch anders gewor- denen Volksgeistes, der germanisch-langobardischen Staats- Einrichtungen, des allgemein europäischen Ritterthums, der übrigen Cultureinflüsse aus dem Norden und der Religion und Kirche erwächst dann das neue Ganze: der modern italienische Geist, welchem es bestimmt war, für den ganzen Occident maßgebendes Vorbild zu werden.
Wie sich in der bildenden Kunst das Antike regt sobald die Barbarei aufhört, zeigt sich z. B. deutlich bei Anlaß der toscanischen Bauten des XII. und der Sculpturen des XIII. Jahrhunderts. Auch in der Dichtkunst fehlen dieLateinische Poesie der Va- ganten. Parallelen nicht, wenn wir annehmen dürfen, daß der größte lateinische Dichter des XII. Jahrhunderts, ja der,
auf das ganze auch außeritalieniſche Mittelalter eingewirkt.3. Abſchnitt. Diejenige Bildung, welche Carl der Große vertrat, war weſentlich eine Renaiſſance, gegenüber der Barbarei des VII. und VIII. Jahrhunderts, und konnte nichts anderes ſein. Wie hierauf in die romaniſche Baukunſt des Nor- dens außer der allgemeinen, vom Alterthum ererbten For- mengrundlage auch auffallende direct antike Formen ſich einſchleichen, ſo hatte die ganze Kloſtergelehrſamkeit allmälig eine große Maſſe von Stoff aus römiſchen Autoren in ſich aufgenommen und auch der Styl derſelben blieb ſeit Ein- hard nicht ohne Nachahmung.
Anders aber als im Norden wacht das Alterthum inIn Italien. Italien wieder auf. Sobald hier die Barbarei aufhört, meldet ſich bei dem noch halb antiken Volk die Erkenntniß ſeiner Vorzeit; es feiert ſie und wünſcht ſie zu reproduciren. Außerhalb Italiens handelt es ſich um eine gelehrte, reflectirte Benützung einzelner Elemente der Antike, in Italien um eine gelehrte und zugleich populäre ſachliche Parteinahme für das Alterthum überhaupt, weil daſſelbe die Erinnerung an die eigene alte Größe iſt. Die leichte Verſtändlichkeit des Lateini- ſchen, die Menge der noch vorhandenen Erinnerungen und Denkmäler befördert dieſe Entwicklung gewaltig. Aus ihr und aus der Gegenwirkung des inzwiſchen doch anders gewor- denen Volksgeiſtes, der germaniſch-langobardiſchen Staats- Einrichtungen, des allgemein europäiſchen Ritterthums, der übrigen Cultureinflüſſe aus dem Norden und der Religion und Kirche erwächst dann das neue Ganze: der modern italieniſche Geiſt, welchem es beſtimmt war, für den ganzen Occident maßgebendes Vorbild zu werden.
Wie ſich in der bildenden Kunſt das Antike regt ſobald die Barbarei aufhört, zeigt ſich z. B. deutlich bei Anlaß der toscaniſchen Bauten des XII. und der Sculpturen des XIII. Jahrhunderts. Auch in der Dichtkunſt fehlen dieLateiniſche Poeſie der Va- ganten. Parallelen nicht, wenn wir annehmen dürfen, daß der größte lateiniſche Dichter des XII. Jahrhunderts, ja der,
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auf das ganze auch außeritalieniſche Mittelalter eingewirkt.
Diejenige Bildung, welche Carl der Große vertrat, war
weſentlich eine Renaiſſance, gegenüber der Barbarei des
VII. und VIII. Jahrhunderts, und konnte nichts anderes
ſein. Wie hierauf in die romaniſche Baukunſt des Nor-
dens außer der allgemeinen, vom Alterthum ererbten For-
mengrundlage auch auffallende direct antike Formen ſich
einſchleichen, ſo hatte die ganze Kloſtergelehrſamkeit allmälig
eine große Maſſe von Stoff aus römiſchen Autoren in ſich
aufgenommen und auch der Styl derſelben blieb ſeit Ein-
hard nicht ohne Nachahmung.
3. Abſchnitt.
Anders aber als im Norden wacht das Alterthum in
Italien wieder auf. Sobald hier die Barbarei aufhört,
meldet ſich bei dem noch halb antiken Volk die Erkenntniß
ſeiner Vorzeit; es feiert ſie und wünſcht ſie zu reproduciren.
Außerhalb Italiens handelt es ſich um eine gelehrte, reflectirte
Benützung einzelner Elemente der Antike, in Italien um eine
gelehrte und zugleich populäre ſachliche Parteinahme für das
Alterthum überhaupt, weil daſſelbe die Erinnerung an die
eigene alte Größe iſt. Die leichte Verſtändlichkeit des Lateini-
ſchen, die Menge der noch vorhandenen Erinnerungen und
Denkmäler befördert dieſe Entwicklung gewaltig. Aus ihr und
aus der Gegenwirkung des inzwiſchen doch anders gewor-
denen Volksgeiſtes, der germaniſch-langobardiſchen Staats-
Einrichtungen, des allgemein europäiſchen Ritterthums, der
übrigen Cultureinflüſſe aus dem Norden und der Religion
und Kirche erwächst dann das neue Ganze: der modern
italieniſche Geiſt, welchem es beſtimmt war, für den ganzen
Occident maßgebendes Vorbild zu werden.
In Italien.
Wie ſich in der bildenden Kunſt das Antike regt ſobald
die Barbarei aufhört, zeigt ſich z. B. deutlich bei Anlaß der
toscaniſchen Bauten des XII. und der Sculpturen des
XIII. Jahrhunderts. Auch in der Dichtkunſt fehlen die
Parallelen nicht, wenn wir annehmen dürfen, daß der
größte lateiniſche Dichter des XII. Jahrhunderts, ja der,
Lateiniſche
Poeſie der Va-
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Burckhardt, Jacob: Die Cultur der Renaissance in Italien. Ein Versuch. Basel, 1860, S. 173. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_renaissance_1860/183>, abgerufen am 28.11.2024.
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