Burckhardt, Jacob: Die Cultur der Renaissance in Italien. Ein Versuch. Basel, 1860.erscheinen. Oder war nicht bis jetzt von der Krone Spa-1. Abschnitt. 1) Ob Julius wirklich gehofft hat, Ferdinand der Cath. werde sich von ihm bestimmen lassen, die verdrängte aragonische Nebenlinie wieder auf den Thron von Neapel zu setzen, bleibt trotz Giovio's Aussage (Vita Alfonsi Ducis) sehr zweifelhaft. 2) Beide Gedichte z. B. bei Roscoe, Leone X, ed. Bossi IV, 257
und 297. -- Freilich als Julius im Aug. 1511 einmal in mehr- stündiger Ohnmacht lag und für todt galt, wagten sogleich die un- ruhigsten Köpfe aus den vornehmsten Familien -- Pompeo Colonna und Antimo Savelli -- das "Volk" aufs Capitol zu rufen und zur Abwerfung der päpstlichen Herrschaft anzufeuern, a vendicarsi erſcheinen. Oder war nicht bis jetzt von der Krone Spa-1. Abſchnitt. 1) Ob Julius wirklich gehofft hat, Ferdinand der Cath. werde ſich von ihm beſtimmen laſſen, die verdrängte aragoniſche Nebenlinie wieder auf den Thron von Neapel zu ſetzen, bleibt trotz Giovio's Ausſage (Vita Alfonsi Ducis) ſehr zweifelhaft. 2) Beide Gedichte z. B. bei Roscoe, Leone X, ed. Bossi IV, 257
und 297. — Freilich als Julius im Aug. 1511 einmal in mehr- ſtündiger Ohnmacht lag und für todt galt, wagten ſogleich die un- ruhigſten Köpfe aus den vornehmſten Familien — Pompeo Colonna und Antimo Savelli — das „Volk“ aufs Capitol zu rufen und zur Abwerfung der päpſtlichen Herrſchaft anzufeuern, a vendicarsi <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0131" n="121"/> erſcheinen. Oder war nicht bis jetzt von der Krone Spa-<note place="right"><hi rendition="#b"><hi rendition="#u">1. Abſchnitt.</hi></hi></note><lb/> nien am eheſten ein dauernder Reſpect vor der Kirche zu<lb/> erwarten <note place="foot" n="1)">Ob Julius wirklich gehofft hat, Ferdinand der Cath. werde ſich von<lb/> ihm beſtimmen laſſen, die verdrängte aragoniſche Nebenlinie wieder<lb/> auf den Thron von Neapel zu ſetzen, bleibt trotz Giovio's Ausſage<lb/><hi rendition="#aq">(Vita Alfonsi Ducis)</hi> ſehr zweifelhaft.</note>, während die italieniſchen Fürſten vielleicht nur<lb/> noch frevelhafte Gedanken gegen letztere hegten? — Wie<note place="right">Perſönlichkeit.</note><lb/> dem aber ſei, der mächtige originelle Menſch, der keinen<lb/> Zorn herunterſchlucken konnte und kein wirkliches Wohl-<lb/> wollen verbarg, machte im Ganzen den für ſeine Lage höchſt<lb/> wünſchbaren Eindruck eines <hi rendition="#aq">„Pontefice terribile“.</hi> Er<lb/> konnte ſogar wieder mit relativ gutem Gewiſſen die Beru-<lb/> fung eines Concils nach Rom wagen, womit dem Concils-<lb/> Geſchrei der ganzen europäiſchen Oppoſition Trotz geboten<lb/> war. Ein ſolcher Herrſcher bedurfte auch eines großartigen<lb/> äußern Symboles ſeiner Richtung; Julius fand daſſelbe<lb/> im Neubau von St. Peter; die Anlage deſſelben, wie ſie<lb/> Bramante wollte, iſt vielleicht der größte Ausdruck aller<lb/> einheitlichen Macht überhaupt. Aber auch in den übrigen<lb/> Künſten lebt Andenken und Geſtalt dieſes Papſtes im höch-<lb/> ſten Sinne fort, und es iſt nicht ohne Bedeutung, daß<lb/> ſelbſt die lateiniſche Poeſie jener Tage für Julius in andere<lb/> Flammen geräth als für ſeine Vorgänger. Der Einzug in<lb/> Bologna, am Ende des <hi rendition="#aq">„Iter Julii secundi“,</hi> von Cardi-<lb/> nal Adriano da Corneto, hat einen eigenen prachtvollen<lb/> Ton, und Giovan Antonio Flaminio hat in einer der<lb/> ſchönſten Elegien <note xml:id="seg2pn_7_1" next="#seg2pn_7_2" place="foot" n="2)">Beide Gedichte z. B. bei <hi rendition="#aq">Roscoe, Leone X, ed. Bossi IV,</hi> 257<lb/> und 297. — Freilich als Julius im Aug. 1511 einmal in mehr-<lb/> ſtündiger Ohnmacht lag und für todt galt, wagten ſogleich die un-<lb/> ruhigſten Köpfe aus den vornehmſten Familien — Pompeo Colonna<lb/> und Antimo Savelli — das „Volk“ aufs Capitol zu rufen und<lb/> zur Abwerfung der päpſtlichen Herrſchaft anzufeuern, <hi rendition="#aq">a vendicarsi</hi></note> den Patrioten im Papſt um Schutz für<lb/> Italien angerufen.</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [121/0131]
erſcheinen. Oder war nicht bis jetzt von der Krone Spa-
nien am eheſten ein dauernder Reſpect vor der Kirche zu
erwarten 1), während die italieniſchen Fürſten vielleicht nur
noch frevelhafte Gedanken gegen letztere hegten? — Wie
dem aber ſei, der mächtige originelle Menſch, der keinen
Zorn herunterſchlucken konnte und kein wirkliches Wohl-
wollen verbarg, machte im Ganzen den für ſeine Lage höchſt
wünſchbaren Eindruck eines „Pontefice terribile“. Er
konnte ſogar wieder mit relativ gutem Gewiſſen die Beru-
fung eines Concils nach Rom wagen, womit dem Concils-
Geſchrei der ganzen europäiſchen Oppoſition Trotz geboten
war. Ein ſolcher Herrſcher bedurfte auch eines großartigen
äußern Symboles ſeiner Richtung; Julius fand daſſelbe
im Neubau von St. Peter; die Anlage deſſelben, wie ſie
Bramante wollte, iſt vielleicht der größte Ausdruck aller
einheitlichen Macht überhaupt. Aber auch in den übrigen
Künſten lebt Andenken und Geſtalt dieſes Papſtes im höch-
ſten Sinne fort, und es iſt nicht ohne Bedeutung, daß
ſelbſt die lateiniſche Poeſie jener Tage für Julius in andere
Flammen geräth als für ſeine Vorgänger. Der Einzug in
Bologna, am Ende des „Iter Julii secundi“, von Cardi-
nal Adriano da Corneto, hat einen eigenen prachtvollen
Ton, und Giovan Antonio Flaminio hat in einer der
ſchönſten Elegien 2) den Patrioten im Papſt um Schutz für
Italien angerufen.
1. Abſchnitt.
Perſönlichkeit.
1) Ob Julius wirklich gehofft hat, Ferdinand der Cath. werde ſich von
ihm beſtimmen laſſen, die verdrängte aragoniſche Nebenlinie wieder
auf den Thron von Neapel zu ſetzen, bleibt trotz Giovio's Ausſage
(Vita Alfonsi Ducis) ſehr zweifelhaft.
2) Beide Gedichte z. B. bei Roscoe, Leone X, ed. Bossi IV, 257
und 297. — Freilich als Julius im Aug. 1511 einmal in mehr-
ſtündiger Ohnmacht lag und für todt galt, wagten ſogleich die un-
ruhigſten Köpfe aus den vornehmſten Familien — Pompeo Colonna
und Antimo Savelli — das „Volk“ aufs Capitol zu rufen und
zur Abwerfung der päpſtlichen Herrſchaft anzufeuern, a vendicarsi
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