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Burckhardt, Walther: Die Organisation der Rechtsgemeinschaft. Basel, 1927.

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Die Rechtsanwendung.

Es bestätigt sich also, daß die Anordnungen der staatlichen
Behörden entweder bestehen in der Überführung der Rechtsidee
in Rechtssätze, oder in der Anwendung der Rechtssätze auf den
konkreten Fall, oder in der Vollziehung dieser Anwendungen, und
daß, wenn jede Behörde ihre Aufgabe ganz erfüllt (was allerdings
oft nicht der Fall ist), jede Anordnung nur entweder Rechts-
setzung, Rechtsanwendung oder Vollziehung sein kann, daß eine
Anordnung aber nicht etwa zugleich Rechtssetzung im Ver-
hältnis zu einer anderen Anordnung und Rechtsanwendung im
Verhältnis zu einer dritten sein kann. Die abstrakte Norm kann
nicht verschiedene Stufen der Spezialisierung durchgehen bis zur
Anwendung auf den individuellen Fall, wie ein allgemeiner Begriff
in verschiedenen Stufen der Besonderung auf einen engeren ein-
geschränkt werden kann. Der juristische Gegensatz von Rechts-
setzung und Rechtsanwendung ist absolut und beruht nicht auf
dem relativen Gegensatz von allgemein und besonders.



Wie das, was der Gesetzgeber rechtssatzmäßig angeordnet hat,
für einmal als Gesetz verbindlich sein muß, auch wenn es der
Rechtsidee schlecht entspricht, ebenso muß die Entscheidung der
rechtsanwendenden Behörde für den konkreten Fall verbindlich
sein, auch wenn sie mit dem Gesetz nicht übereinstimmen sollte.
Das ist die notwendige Folge der staatlichen Zuständigkeits-
ordnung: sie ist berufen, die Rechtsidee durch Rechtssätze und
die Rechtssätze durch Anwendung zu verwirklichen, damit über-
haupt ein Recht gelte. So wie die zuständigen Behörden es
verwirklichen, so muß es gelten1. Das gesetzte Recht geht der
Rechtsidee vor, die Anwendung des Rechtssatzes diesem selbst.
Aber eben deshalb kann jeder Rechtssatz nur einmal angewen-
det werden.

1 Über den Widerspruch mit der Rechtsidee, zu dem die rückhaltlose
Annahme dieses formellen Postulates führt, s. oben S. 263; Die Lücken des
Gesetzes 103 ff.
Die Rechtsanwendung.

Es bestätigt sich also, daß die Anordnungen der staatlichen
Behörden entweder bestehen in der Überführung der Rechtsidee
in Rechtssätze, oder in der Anwendung der Rechtssätze auf den
konkreten Fall, oder in der Vollziehung dieser Anwendungen, und
daß, wenn jede Behörde ihre Aufgabe ganz erfüllt (was allerdings
oft nicht der Fall ist), jede Anordnung nur entweder Rechts-
setzung, Rechtsanwendung oder Vollziehung sein kann, daß eine
Anordnung aber nicht etwa zugleich Rechtssetzung im Ver-
hältnis zu einer anderen Anordnung und Rechtsanwendung im
Verhältnis zu einer dritten sein kann. Die abstrakte Norm kann
nicht verschiedene Stufen der Spezialisierung durchgehen bis zur
Anwendung auf den individuellen Fall, wie ein allgemeiner Begriff
in verschiedenen Stufen der Besonderung auf einen engeren ein-
geschränkt werden kann. Der juristische Gegensatz von Rechts-
setzung und Rechtsanwendung ist absolut und beruht nicht auf
dem relativen Gegensatz von allgemein und besonders.



Wie das, was der Gesetzgeber rechtssatzmäßig angeordnet hat,
für einmal als Gesetz verbindlich sein muß, auch wenn es der
Rechtsidee schlecht entspricht, ebenso muß die Entscheidung der
rechtsanwendenden Behörde für den konkreten Fall verbindlich
sein, auch wenn sie mit dem Gesetz nicht übereinstimmen sollte.
Das ist die notwendige Folge der staatlichen Zuständigkeits-
ordnung: sie ist berufen, die Rechtsidee durch Rechtssätze und
die Rechtssätze durch Anwendung zu verwirklichen, damit über-
haupt ein Recht gelte. So wie die zuständigen Behörden es
verwirklichen, so muß es gelten1. Das gesetzte Recht geht der
Rechtsidee vor, die Anwendung des Rechtssatzes diesem selbst.
Aber eben deshalb kann jeder Rechtssatz nur einmal angewen-
det werden.

1 Über den Widerspruch mit der Rechtsidee, zu dem die rückhaltlose
Annahme dieses formellen Postulates führt, s. oben S. 263; Die Lücken des
Gesetzes 103 ff.
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[279/0294] Die Rechtsanwendung. Es bestätigt sich also, daß die Anordnungen der staatlichen Behörden entweder bestehen in der Überführung der Rechtsidee in Rechtssätze, oder in der Anwendung der Rechtssätze auf den konkreten Fall, oder in der Vollziehung dieser Anwendungen, und daß, wenn jede Behörde ihre Aufgabe ganz erfüllt (was allerdings oft nicht der Fall ist), jede Anordnung nur entweder Rechts- setzung, Rechtsanwendung oder Vollziehung sein kann, daß eine Anordnung aber nicht etwa zugleich Rechtssetzung im Ver- hältnis zu einer anderen Anordnung und Rechtsanwendung im Verhältnis zu einer dritten sein kann. Die abstrakte Norm kann nicht verschiedene Stufen der Spezialisierung durchgehen bis zur Anwendung auf den individuellen Fall, wie ein allgemeiner Begriff in verschiedenen Stufen der Besonderung auf einen engeren ein- geschränkt werden kann. Der juristische Gegensatz von Rechts- setzung und Rechtsanwendung ist absolut und beruht nicht auf dem relativen Gegensatz von allgemein und besonders. Wie das, was der Gesetzgeber rechtssatzmäßig angeordnet hat, für einmal als Gesetz verbindlich sein muß, auch wenn es der Rechtsidee schlecht entspricht, ebenso muß die Entscheidung der rechtsanwendenden Behörde für den konkreten Fall verbindlich sein, auch wenn sie mit dem Gesetz nicht übereinstimmen sollte. Das ist die notwendige Folge der staatlichen Zuständigkeits- ordnung: sie ist berufen, die Rechtsidee durch Rechtssätze und die Rechtssätze durch Anwendung zu verwirklichen, damit über- haupt ein Recht gelte. So wie die zuständigen Behörden es verwirklichen, so muß es gelten 1. Das gesetzte Recht geht der Rechtsidee vor, die Anwendung des Rechtssatzes diesem selbst. Aber eben deshalb kann jeder Rechtssatz nur einmal angewen- det werden. 1 Über den Widerspruch mit der Rechtsidee, zu dem die rückhaltlose Annahme dieses formellen Postulates führt, s. oben S. 263; Die Lücken des Gesetzes 103 ff.

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Zitationshilfe: Burckhardt, Walther: Die Organisation der Rechtsgemeinschaft. Basel, 1927, S. 279. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_rechtsgemeinschaft_1927/294>, abgerufen am 03.12.2024.