schönsten Motive wie von selbst. Bei genauerer Betrachtung wird man aber von dieser Ansicht abgehen und glauben, dass viel Mühe und Nachsinnen dabei war. Die Doppeltreppe, die halbrunden Schran- ken, die Kirchenhalle selbst sind an sich ein architektonisch schönes Bild.
Attila und Leo der Grosse; eine gewaltige Scene fast von lauter Reitern -- sollte es nicht nahezu unmöglich sein, neben so viel Thierwelt, so viel physischer Kraftäusserung dem höhern geistigen Gehalt zu seinem Rechte zu verhelfen? Allerdings für die himmlische Erscheinung blieb nicht viel Raum übrig, aber er wurde benützt. Statt wolkenthronender Apostel drohend vorwärts schwebende, gleich- sam eine überirdische Begleitung des ruhig mit den Seinigen daher- ziehenden Papstes. Bei den Hunnen sieht nur Attila was vorgeht, mit der lebendigsten Wendung des Entsetzens; bei seinem Gefolge sind die Rosse ahnungsfähiger als die Menschen, sie werden wild und scheu, wodurch ein prächtiges Leben in die Gruppe kömmt; über ihnen verdunkelt sich der Himmel und ein Sturmwind saust in die Banner. Bei der Bildung der Rosse ist das Ideal unserer jetzigen Pferdekenner allerdings nicht berücksichtigt. Man setze aber in Ge- danken die Pferde eines Horace Vernet an ihre Stelle; sie würden hier unerträglich sein, während wir sie in der Smala etc. mit allem Fug bewundern. Attila's schwarzer Hengst ist noch ruhig; die angst- volle Geberde des Königs durfte nicht etwa durch das Bäumen seines Thieres mitverursacht scheinen.
Petri Befreiung, höchst originell in drei Momenten entwickelt. Auch die Wächter nicht unwürdig; zwar befangen, aber nicht tölpel- haft. In der Scene rechts wird Petrus von dem ausserordentlich schö- nen Engel wie im Traum geführt. Der Lichteffekt mit hoher Mässi- gung gehandhabt; es ist ihm nichts Wesentliches aufgeopfert.
Die allegorischen Sockelbilder enthalten noch in ihrer jetzigen Gestalt rafaelische Motive, die nicht zu verderben sind. -- In den vier Deckenbildern erkennt man eine ähnliche, nur freiere Vereinfachung des Styles, wie in den Eckbildern am Gewölbe des vorigen Zimmers; wie diese als Mosaiken, so sind sie als Teppiche gedacht.
Malerei des XVI. Jahrhunderts. Rafael.
schönsten Motive wie von selbst. Bei genauerer Betrachtung wird man aber von dieser Ansicht abgehen und glauben, dass viel Mühe und Nachsinnen dabei war. Die Doppeltreppe, die halbrunden Schran- ken, die Kirchenhalle selbst sind an sich ein architektonisch schönes Bild.
Attila und Leo der Grosse; eine gewaltige Scene fast von lauter Reitern — sollte es nicht nahezu unmöglich sein, neben so viel Thierwelt, so viel physischer Kraftäusserung dem höhern geistigen Gehalt zu seinem Rechte zu verhelfen? Allerdings für die himmlische Erscheinung blieb nicht viel Raum übrig, aber er wurde benützt. Statt wolkenthronender Apostel drohend vorwärts schwebende, gleich- sam eine überirdische Begleitung des ruhig mit den Seinigen daher- ziehenden Papstes. Bei den Hunnen sieht nur Attila was vorgeht, mit der lebendigsten Wendung des Entsetzens; bei seinem Gefolge sind die Rosse ahnungsfähiger als die Menschen, sie werden wild und scheu, wodurch ein prächtiges Leben in die Gruppe kömmt; über ihnen verdunkelt sich der Himmel und ein Sturmwind saust in die Banner. Bei der Bildung der Rosse ist das Ideal unserer jetzigen Pferdekenner allerdings nicht berücksichtigt. Man setze aber in Ge- danken die Pferde eines Horace Vernet an ihre Stelle; sie würden hier unerträglich sein, während wir sie in der Smala etc. mit allem Fug bewundern. Attila’s schwarzer Hengst ist noch ruhig; die angst- volle Geberde des Königs durfte nicht etwa durch das Bäumen seines Thieres mitverursacht scheinen.
Petri Befreiung, höchst originell in drei Momenten entwickelt. Auch die Wächter nicht unwürdig; zwar befangen, aber nicht tölpel- haft. In der Scene rechts wird Petrus von dem ausserordentlich schö- nen Engel wie im Traum geführt. Der Lichteffekt mit hoher Mässi- gung gehandhabt; es ist ihm nichts Wesentliches aufgeopfert.
Die allegorischen Sockelbilder enthalten noch in ihrer jetzigen Gestalt rafaelische Motive, die nicht zu verderben sind. — In den vier Deckenbildern erkennt man eine ähnliche, nur freiere Vereinfachung des Styles, wie in den Eckbildern am Gewölbe des vorigen Zimmers; wie diese als Mosaiken, so sind sie als Teppiche gedacht.
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Malerei des XVI. Jahrhunderts. Rafael.
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und Nachsinnen dabei war. Die Doppeltreppe, die halbrunden Schran-
ken, die Kirchenhalle selbst sind an sich ein architektonisch schönes
Bild.
Attila und Leo der Grosse; eine gewaltige Scene fast von
lauter Reitern — sollte es nicht nahezu unmöglich sein, neben so viel
Thierwelt, so viel physischer Kraftäusserung dem höhern geistigen
Gehalt zu seinem Rechte zu verhelfen? Allerdings für die himmlische
Erscheinung blieb nicht viel Raum übrig, aber er wurde benützt.
Statt wolkenthronender Apostel drohend vorwärts schwebende, gleich-
sam eine überirdische Begleitung des ruhig mit den Seinigen daher-
ziehenden Papstes. Bei den Hunnen sieht nur Attila was vorgeht,
mit der lebendigsten Wendung des Entsetzens; bei seinem Gefolge
sind die Rosse ahnungsfähiger als die Menschen, sie werden wild und
scheu, wodurch ein prächtiges Leben in die Gruppe kömmt; über
ihnen verdunkelt sich der Himmel und ein Sturmwind saust in die
Banner. Bei der Bildung der Rosse ist das Ideal unserer jetzigen
Pferdekenner allerdings nicht berücksichtigt. Man setze aber in Ge-
danken die Pferde eines Horace Vernet an ihre Stelle; sie würden
hier unerträglich sein, während wir sie in der Smala etc. mit allem
Fug bewundern. Attila’s schwarzer Hengst ist noch ruhig; die angst-
volle Geberde des Königs durfte nicht etwa durch das Bäumen seines
Thieres mitverursacht scheinen.
Petri Befreiung, höchst originell in drei Momenten entwickelt.
Auch die Wächter nicht unwürdig; zwar befangen, aber nicht tölpel-
haft. In der Scene rechts wird Petrus von dem ausserordentlich schö-
nen Engel wie im Traum geführt. Der Lichteffekt mit hoher Mässi-
gung gehandhabt; es ist ihm nichts Wesentliches aufgeopfert.
Die allegorischen Sockelbilder enthalten noch in ihrer jetzigen
Gestalt rafaelische Motive, die nicht zu verderben sind. — In den vier
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Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855, S. 920. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_cicerone_1855/942>, abgerufen am 18.12.2024.
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