nal, ebenfalls in Madrid, nicht ganz von der Erfindung des Meisters ist. Schöner und fleissiger gemalt als die Mad. della Gatta, wirkt das florentinische Bild doch nur wie eine Zusammenstellung von Mo- tiven (ein sog. Pasticcio) nach Rafael.
(Die Madonna ai Candelabri, ehemals in Lucca, ist seit langen Jahren nach England verkauft.)
Nur wenige Gnadenbilder, in welchen Maria thronend oder verklärt erscheint, sind von Rafael vorhanden. Das frühste derselben, noch mit einem kenntlichen florentinischen Nachklang, ist die Madonnaa di Foligno (in der vatican. Galerie) vom Jahr 1512. Als Mutter Gottes mit Heiligen erreicht diess Bild gerade alles Das, was die Florentiner gern erreicht hätten; ein gewaltig erhöhtes geistiges Leben in den Heiligen; der innigste Bezug zum gläubigen Beschauer sowohl als zur Jungfrau; letztere übrigens nur als ideale Mutter, nicht als Königin des Himmels, das Kind sogar mit einem Zug der Unruhe -- und doch Beide so hoch über der Madonna del Baldacchino, als die begleitenden Heiligen des Bildes über denjenigen des letztgenannten. Und welcher florentinische Kinderengel, welche frühere Kindergestalt Rafaels selbst würde dem göttlich holden Engelknaben gleichkommen, welcher mit der Schrifttafel vorn zwischen den Heiligen steht? Deut- lich spricht das ganze Bild aus, dass der Meister inzwischen die grosse monumentale Historienmalerei gepflegt und dass diese ihn über die letzten Schranken hinweggeführt hat. Der knieende Donator, Sis- mondo Conti, ist der gleichzeitigen Bildnisse R.'s vollkommen würdig und dabei von einer trostvoll rituellen Andacht beseelt, die sich von der Ekstase des heil. Franz, von der Aufregung des Johannes und Hieronymus merkwürdig unterscheidet.
Später, in der sixtinischen Madonna (zu Dresden) erreichte und bezweckte Rafael allerdings ein Höheres; der Ausdruck des Übernatürlichen wird nicht bloss durch ideale Form, sondern durch die visionäre Raumbehandlung, durch das Einherwallen auf den Wol- ken, durch den hochfeierlichen Schwung des Gewandes erzielt. In der Madonna von Foligno ist selbst die sitzend schwebende Haupt- figur noch wie in einem bestimmten Raum behandelt und alles Übrige
Madonnen und Gnadenbilder der römischen Zeit.
nal, ebenfalls in Madrid, nicht ganz von der Erfindung des Meisters ist. Schöner und fleissiger gemalt als die Mad. della Gatta, wirkt das florentinische Bild doch nur wie eine Zusammenstellung von Mo- tiven (ein sog. Pasticcio) nach Rafael.
(Die Madonna ai Candelabri, ehemals in Lucca, ist seit langen Jahren nach England verkauft.)
Nur wenige Gnadenbilder, in welchen Maria thronend oder verklärt erscheint, sind von Rafael vorhanden. Das frühste derselben, noch mit einem kenntlichen florentinischen Nachklang, ist die Madonnaa di Foligno (in der vatican. Galerie) vom Jahr 1512. Als Mutter Gottes mit Heiligen erreicht diess Bild gerade alles Das, was die Florentiner gern erreicht hätten; ein gewaltig erhöhtes geistiges Leben in den Heiligen; der innigste Bezug zum gläubigen Beschauer sowohl als zur Jungfrau; letztere übrigens nur als ideale Mutter, nicht als Königin des Himmels, das Kind sogar mit einem Zug der Unruhe — und doch Beide so hoch über der Madonna del Baldacchino, als die begleitenden Heiligen des Bildes über denjenigen des letztgenannten. Und welcher florentinische Kinderengel, welche frühere Kindergestalt Rafaels selbst würde dem göttlich holden Engelknaben gleichkommen, welcher mit der Schrifttafel vorn zwischen den Heiligen steht? Deut- lich spricht das ganze Bild aus, dass der Meister inzwischen die grosse monumentale Historienmalerei gepflegt und dass diese ihn über die letzten Schranken hinweggeführt hat. Der knieende Donator, Sis- mondo Conti, ist der gleichzeitigen Bildnisse R.’s vollkommen würdig und dabei von einer trostvoll rituellen Andacht beseelt, die sich von der Ekstase des heil. Franz, von der Aufregung des Johannes und Hieronymus merkwürdig unterscheidet.
Später, in der sixtinischen Madonna (zu Dresden) erreichte und bezweckte Rafael allerdings ein Höheres; der Ausdruck des Übernatürlichen wird nicht bloss durch ideale Form, sondern durch die visionäre Raumbehandlung, durch das Einherwallen auf den Wol- ken, durch den hochfeierlichen Schwung des Gewandes erzielt. In der Madonna von Foligno ist selbst die sitzend schwebende Haupt- figur noch wie in einem bestimmten Raum behandelt und alles Übrige
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Madonnen und Gnadenbilder der römischen Zeit.
nal, ebenfalls in Madrid, nicht ganz von der Erfindung des Meisters
ist. Schöner und fleissiger gemalt als die Mad. della Gatta, wirkt
das florentinische Bild doch nur wie eine Zusammenstellung von Mo-
tiven (ein sog. Pasticcio) nach Rafael.
(Die Madonna ai Candelabri, ehemals in Lucca, ist seit langen
Jahren nach England verkauft.)
Nur wenige Gnadenbilder, in welchen Maria thronend oder verklärt
erscheint, sind von Rafael vorhanden. Das frühste derselben, noch
mit einem kenntlichen florentinischen Nachklang, ist die Madonna
di Foligno (in der vatican. Galerie) vom Jahr 1512. Als Mutter
Gottes mit Heiligen erreicht diess Bild gerade alles Das, was die
Florentiner gern erreicht hätten; ein gewaltig erhöhtes geistiges Leben
in den Heiligen; der innigste Bezug zum gläubigen Beschauer sowohl
als zur Jungfrau; letztere übrigens nur als ideale Mutter, nicht als
Königin des Himmels, das Kind sogar mit einem Zug der Unruhe —
und doch Beide so hoch über der Madonna del Baldacchino, als die
begleitenden Heiligen des Bildes über denjenigen des letztgenannten.
Und welcher florentinische Kinderengel, welche frühere Kindergestalt
Rafaels selbst würde dem göttlich holden Engelknaben gleichkommen,
welcher mit der Schrifttafel vorn zwischen den Heiligen steht? Deut-
lich spricht das ganze Bild aus, dass der Meister inzwischen die
grosse monumentale Historienmalerei gepflegt und dass diese ihn über
die letzten Schranken hinweggeführt hat. Der knieende Donator, Sis-
mondo Conti, ist der gleichzeitigen Bildnisse R.’s vollkommen würdig
und dabei von einer trostvoll rituellen Andacht beseelt, die sich von
der Ekstase des heil. Franz, von der Aufregung des Johannes und
Hieronymus merkwürdig unterscheidet.
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Später, in der sixtinischen Madonna (zu Dresden) erreichte
und bezweckte Rafael allerdings ein Höheres; der Ausdruck des
Übernatürlichen wird nicht bloss durch ideale Form, sondern durch
die visionäre Raumbehandlung, durch das Einherwallen auf den Wol-
ken, durch den hochfeierlichen Schwung des Gewandes erzielt. In
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Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855, S. 901. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_cicerone_1855/923>, abgerufen am 18.12.2024.
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