Malerei des XVI. Jahrhunderts. Spätere Florentiner.
aBild der tausend Märtyrer, in der Academie; ein blosses fleissiges Actstudium.
Von einem zurückgebliebenen Schüler Filippino's, Raffaellin del Garbo, der sich später vergebens dem grossen Styl zuzuwen- bden suchte, ist eine Auferstehung (Academie) das einzige frühere Bild cvon Belang. In der Sacristei von S. Lorenzo eine Geburt Christi. In dder von seinem Meister begonnenen Cap. Carafa in der Minerva zu Rom malte er das Gewölbe; jetzt sehr verdorben.
Giov. Ant. Sogliani, ein Schüler des Credi, hat in seinem eschönsten Bilde, auf einem Altar links in S. Lorenzo, welches die des Martyriums harrenden Apostel darstellt, den Meister sowohl als An- drea del Sarto nahezu erreicht. (Auch die Predella, von dem sehr selten vorkommenden Bacchiacca, ist ein geistreiches Werk.) -- In fder Academie ausser geringern Bildern eine thronende Madonna mit Tobias, dessen Engel und S. Augustin, ebenfalls dem Credi nahe; -- gin den Uffizien: Madonna in einer Landschaft, schon nur schön gemalt; hin der Sacristei von S. Jacopo eine Dreieinigkeit mit Heiligen, welche tüchtig und zum Theil noch ganz edel sind.
Giuliano Bugiardini, ein Künstler von schwankender Re- iceptivität, schliesst sich an D. Ghirlandajo in der Geburt Christi (Sa- cristei von S. Croce) und nähert sich dann in der Behandlung dem kLionardo (säugende Madonna, in den Uffizien; grosse thronende Ma- ldonna mit S. Catharina und S. Antonius von Padua, in der Pinacoteca zu Bologna). Endlich verrückte ihm Michelangelo das Concept. Die mberüchtigte Marter der heil. Catharina in S. M. novella (Cap. Ruccel- lai, beim Cimabue) ist die Marter des gewissenhaften Künstlers selber und ein lehrreiches Denkmal der Gährung, in welche der Meister des Weltgerichtes gewisse Gemüther versetzte. Man ahnt die ganze Qual der Motivjägerei.
Über Rafael zu sprechen, könnte hier beinahe überflüssig schei- nen. Er giebt überall so viel, so Unvergessliches, so ungefragt und unmittelbar, dass Jeder, der seine Gemälde sieht, ohne Führer zu-
Malerei des XVI. Jahrhunderts. Spätere Florentiner.
aBild der tausend Märtyrer, in der Academie; ein blosses fleissiges Actstudium.
Von einem zurückgebliebenen Schüler Filippino’s, Raffaellin del Garbo, der sich später vergebens dem grossen Styl zuzuwen- bden suchte, ist eine Auferstehung (Academie) das einzige frühere Bild cvon Belang. In der Sacristei von S. Lorenzo eine Geburt Christi. In dder von seinem Meister begonnenen Cap. Carafa in der Minerva zu Rom malte er das Gewölbe; jetzt sehr verdorben.
Giov. Ant. Sogliani, ein Schüler des Credi, hat in seinem eschönsten Bilde, auf einem Altar links in S. Lorenzo, welches die des Martyriums harrenden Apostel darstellt, den Meister sowohl als An- drea del Sarto nahezu erreicht. (Auch die Predella, von dem sehr selten vorkommenden Bacchiacca, ist ein geistreiches Werk.) — In fder Academie ausser geringern Bildern eine thronende Madonna mit Tobias, dessen Engel und S. Augustin, ebenfalls dem Credi nahe; — gin den Uffizien: Madonna in einer Landschaft, schon nur schön gemalt; hin der Sacristei von S. Jacopo eine Dreieinigkeit mit Heiligen, welche tüchtig und zum Theil noch ganz edel sind.
Giuliano Bugiardini, ein Künstler von schwankender Re- iceptivität, schliesst sich an D. Ghirlandajo in der Geburt Christi (Sa- cristei von S. Croce) und nähert sich dann in der Behandlung dem kLionardo (säugende Madonna, in den Uffizien; grosse thronende Ma- ldonna mit S. Catharina und S. Antonius von Padua, in der Pinacoteca zu Bologna). Endlich verrückte ihm Michelangelo das Concept. Die mberüchtigte Marter der heil. Catharina in S. M. novella (Cap. Ruccel- lai, beim Cimabue) ist die Marter des gewissenhaften Künstlers selber und ein lehrreiches Denkmal der Gährung, in welche der Meister des Weltgerichtes gewisse Gemüther versetzte. Man ahnt die ganze Qual der Motivjägerei.
Über Rafael zu sprechen, könnte hier beinahe überflüssig schei- nen. Er giebt überall so viel, so Unvergessliches, so ungefragt und unmittelbar, dass Jeder, der seine Gemälde sieht, ohne Führer zu-
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Malerei des XVI. Jahrhunderts. Spätere Florentiner.
Bild der tausend Märtyrer, in der Academie; ein blosses fleissiges
Actstudium.
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Von einem zurückgebliebenen Schüler Filippino’s, Raffaellin
del Garbo, der sich später vergebens dem grossen Styl zuzuwen-
den suchte, ist eine Auferstehung (Academie) das einzige frühere Bild
von Belang. In der Sacristei von S. Lorenzo eine Geburt Christi. In
der von seinem Meister begonnenen Cap. Carafa in der Minerva zu
Rom malte er das Gewölbe; jetzt sehr verdorben.
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Giov. Ant. Sogliani, ein Schüler des Credi, hat in seinem
schönsten Bilde, auf einem Altar links in S. Lorenzo, welches die des
Martyriums harrenden Apostel darstellt, den Meister sowohl als An-
drea del Sarto nahezu erreicht. (Auch die Predella, von dem sehr
selten vorkommenden Bacchiacca, ist ein geistreiches Werk.) — In
der Academie ausser geringern Bildern eine thronende Madonna mit
Tobias, dessen Engel und S. Augustin, ebenfalls dem Credi nahe; —
in den Uffizien: Madonna in einer Landschaft, schon nur schön gemalt;
in der Sacristei von S. Jacopo eine Dreieinigkeit mit Heiligen, welche
tüchtig und zum Theil noch ganz edel sind.
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Giuliano Bugiardini, ein Künstler von schwankender Re-
ceptivität, schliesst sich an D. Ghirlandajo in der Geburt Christi (Sa-
cristei von S. Croce) und nähert sich dann in der Behandlung dem
Lionardo (säugende Madonna, in den Uffizien; grosse thronende Ma-
donna mit S. Catharina und S. Antonius von Padua, in der Pinacoteca
zu Bologna). Endlich verrückte ihm Michelangelo das Concept. Die
berüchtigte Marter der heil. Catharina in S. M. novella (Cap. Ruccel-
lai, beim Cimabue) ist die Marter des gewissenhaften Künstlers selber
und ein lehrreiches Denkmal der Gährung, in welche der Meister des
Weltgerichtes gewisse Gemüther versetzte. Man ahnt die ganze Qual
der Motivjägerei.
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Über Rafael zu sprechen, könnte hier beinahe überflüssig schei-
nen. Er giebt überall so viel, so Unvergessliches, so ungefragt und
unmittelbar, dass Jeder, der seine Gemälde sieht, ohne Führer zu-
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Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855, S. 890. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_cicerone_1855/912>, abgerufen am 18.12.2024.
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