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Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855.

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Pontormo. Bronzino. Rosso. R. Ghirlandajo.
Pitti: der Geometer, grossartig im Geist eines Sebastian dal Piombo; --a
Uffizien: der junge Bildhauer; Dame im rothen Kleid; ein Jünglingb
mit einem Brief; rothbärtiger Mann in einer Halle; -- sämmtlich so
gemalt, als wären sie nur dem bedeutenden Charakter zu Liebe dar-
gestellt; dagegen die Dame mit einem Knaben ein blosses, vielleicht
mediceisches Porträt. -- Pal. Corsini: mehrere Porträts. -- Pal. delc
commune zu Prato: mediceische Porträts aus Bronzino's Schule. --d
Ähnliche geringere, mit spätern: in dem Gange, der von den Uffiziene
nach Ponte vecchio führt.)

Von Andrea ist auch Rosso de Rossi (Rosso Fiorentino, st.
1541 in Frankreich) abhängig. Er zeigt schon ganz besonders frühe
den Weg, welchen die Entartung einschlagen würde. Die Formen
Andrea's sind bei ihm bis ins Liederliche aufgelockert, um wider-
standslos einer Composition durchaus nur nach grossen Farben- und
Lichtmassen zu dienen. (Pal. Pitti: grosse Madonna mit Heiligen; --f
S. Lorenzo, 2. Altar rechts, Vermählung der Maria; -- S. Spirito, aufg
einem Altar links: thronende Madonna mit Heiligen.)h


Noch einige Meister aus frühern florentinischen Schulen malen
sich in dieser Zeit aus. Ridolfo Ghirlandajo, der Sohn Dome-
nico's und später Schüler des Frate, hat in zwei Bildern der Uffizieni
(S. Zenobius, der einen todten Knaben erweckt, und das Begräbniss
des S. Zenobius) entweder ein grosses Talent bekundet oder einen
sehr glücklichen Wurf gethan. Bewegung, Gruppirung, Köpfe und
Farben sind ganz der goldenen Zeit gemäss; einige Nachlässigkeiten
z. B. in der Gewandung verrathen jedoch durch den Mangel an Ernst
schon den künftigen Manieristen; -- ein trefflich wahres und derbes
Frauenporträt im Pal. Pitti (1509) zeigt, was er in der Ausführungk
konnte, wenn er wollte. -- Die Fresken in der Sala de' Gigli desl
Palazzo vecchio (Schutzheilige und Helden) erscheinen schon als das
Werk einer müden Phantasie, die sich auf das XV. Jahrh. zurück-
wirft. Anderes ist geradezu Manier. So schon das von Ridolfo und
seinem Oheim Davide gemalte Bild in S. Felice (auf einem Altar links),m
eine Madonna del popolo. -- Von Micchele di Ridolfo u. a. das

Pontormo. Bronzino. Rosso. R. Ghirlandajo.
Pitti: der Geometer, grossartig im Geist eines Sebastian dal Piombo; —a
Uffizien: der junge Bildhauer; Dame im rothen Kleid; ein Jünglingb
mit einem Brief; rothbärtiger Mann in einer Halle; — sämmtlich so
gemalt, als wären sie nur dem bedeutenden Charakter zu Liebe dar-
gestellt; dagegen die Dame mit einem Knaben ein blosses, vielleicht
mediceisches Porträt. — Pal. Corsini: mehrere Porträts. — Pal. delc
commune zu Prato: mediceische Porträts aus Bronzino’s Schule. —d
Ähnliche geringere, mit spätern: in dem Gange, der von den Uffiziene
nach Ponte vecchio führt.)

Von Andrea ist auch Rosso de Rossi (Rosso Fiorentino, st.
1541 in Frankreich) abhängig. Er zeigt schon ganz besonders frühe
den Weg, welchen die Entartung einschlagen würde. Die Formen
Andrea’s sind bei ihm bis ins Liederliche aufgelockert, um wider-
standslos einer Composition durchaus nur nach grossen Farben- und
Lichtmassen zu dienen. (Pal. Pitti: grosse Madonna mit Heiligen; —f
S. Lorenzo, 2. Altar rechts, Vermählung der Maria; — S. Spirito, aufg
einem Altar links: thronende Madonna mit Heiligen.)h


Noch einige Meister aus frühern florentinischen Schulen malen
sich in dieser Zeit aus. Ridolfo Ghirlandajo, der Sohn Dome-
nico’s und später Schüler des Frate, hat in zwei Bildern der Uffizieni
(S. Zenobius, der einen todten Knaben erweckt, und das Begräbniss
des S. Zenobius) entweder ein grosses Talent bekundet oder einen
sehr glücklichen Wurf gethan. Bewegung, Gruppirung, Köpfe und
Farben sind ganz der goldenen Zeit gemäss; einige Nachlässigkeiten
z. B. in der Gewandung verrathen jedoch durch den Mangel an Ernst
schon den künftigen Manieristen; — ein trefflich wahres und derbes
Frauenporträt im Pal. Pitti (1509) zeigt, was er in der Ausführungk
konnte, wenn er wollte. — Die Fresken in der Sala de’ Gigli desl
Palazzo vecchio (Schutzheilige und Helden) erscheinen schon als das
Werk einer müden Phantasie, die sich auf das XV. Jahrh. zurück-
wirft. Anderes ist geradezu Manier. So schon das von Ridolfo und
seinem Oheim Davide gemalte Bild in S. Felice (auf einem Altar links),m
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[889/0911] Pontormo. Bronzino. Rosso. R. Ghirlandajo. Pitti: der Geometer, grossartig im Geist eines Sebastian dal Piombo; — Uffizien: der junge Bildhauer; Dame im rothen Kleid; ein Jüngling mit einem Brief; rothbärtiger Mann in einer Halle; — sämmtlich so gemalt, als wären sie nur dem bedeutenden Charakter zu Liebe dar- gestellt; dagegen die Dame mit einem Knaben ein blosses, vielleicht mediceisches Porträt. — Pal. Corsini: mehrere Porträts. — Pal. del commune zu Prato: mediceische Porträts aus Bronzino’s Schule. — Ähnliche geringere, mit spätern: in dem Gange, der von den Uffizien nach Ponte vecchio führt.) a b c d e Von Andrea ist auch Rosso de Rossi (Rosso Fiorentino, st. 1541 in Frankreich) abhängig. Er zeigt schon ganz besonders frühe den Weg, welchen die Entartung einschlagen würde. Die Formen Andrea’s sind bei ihm bis ins Liederliche aufgelockert, um wider- standslos einer Composition durchaus nur nach grossen Farben- und Lichtmassen zu dienen. (Pal. Pitti: grosse Madonna mit Heiligen; — S. Lorenzo, 2. Altar rechts, Vermählung der Maria; — S. Spirito, auf einem Altar links: thronende Madonna mit Heiligen.) f g h Noch einige Meister aus frühern florentinischen Schulen malen sich in dieser Zeit aus. Ridolfo Ghirlandajo, der Sohn Dome- nico’s und später Schüler des Frate, hat in zwei Bildern der Uffizien (S. Zenobius, der einen todten Knaben erweckt, und das Begräbniss des S. Zenobius) entweder ein grosses Talent bekundet oder einen sehr glücklichen Wurf gethan. Bewegung, Gruppirung, Köpfe und Farben sind ganz der goldenen Zeit gemäss; einige Nachlässigkeiten z. B. in der Gewandung verrathen jedoch durch den Mangel an Ernst schon den künftigen Manieristen; — ein trefflich wahres und derbes Frauenporträt im Pal. Pitti (1509) zeigt, was er in der Ausführung konnte, wenn er wollte. — Die Fresken in der Sala de’ Gigli des Palazzo vecchio (Schutzheilige und Helden) erscheinen schon als das Werk einer müden Phantasie, die sich auf das XV. Jahrh. zurück- wirft. Anderes ist geradezu Manier. So schon das von Ridolfo und seinem Oheim Davide gemalte Bild in S. Felice (auf einem Altar links), eine Madonna del popolo. — Von Micchele di Ridolfo u. a. das i k l m

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Zitationshilfe: Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855, S. 889. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_cicerone_1855/911>, abgerufen am 26.05.2024.