acintola in der florentinischen Academie; -- Crucifixus mit Heiligen bim Kreuzgang von S. Spirito zu Siena.)
Neben Fra Bartolommeo behauptet Andrea del Sarto (1488 bis 1530) sein eigenes Mass von Grösse. Ein wunderbarer Geist, nur einseitig begabt, aber einer der grössten Entdecker im Gebiet der Kunstmittel.
Es fehlt ihm im Ganzen dasjenige Element, welches man die schöne Seele nennen möchte. Die Antriebe, welche ihn beherrschen, sind wesentlich künstlerischer Natur; er löst Probleme. Daher die Gleichgültigkeit gegen die höhere Schönheit des Ausdruckes, das Sich- abfinden mit einem herrschenden Typus, der namentlich seine Ma- donnen und seine Putten so kenntlich macht und selbst durch seine Charakterköpfe als bestimmter Bau des Schädels, der Augen, der Kinnbacken hindurchgeht. Wo derselbe zum Gegenstand passt, wirkt cer erhaben; einem jugendlichen Johannes d. T. (P. Pitti, Halbfigur) verleiht er z. B. jene strenge leidenschaftliche Schönheit, die für diese Gestalt wesentlich ist; ja bisweilen nimmt er eine hohe sinnliche Lieb- dlichkeit an, wie z. B. die den Gabriel begleitenden Engel in einer der drei Verkündigungen im Pal. Pitti beweisen; auch giebt es einige Putten von ihm, welche keinem von denjenigen Coreggio's an Schön- eheit und Naivetät nachstehen, so z. B. in der herrlichen Madonna mit S. Franz und S. Johannes Ev., vom Jahr 1517, in der Tribuna der Uffizien. Sie umklammern die Füsse der Madonna, während das fröhliche Christuskind an ihren Hals emporklettern will.
Dann ist Andrea wohl der grösste Colorist, welchen das Land südlich vom Apennin im XVI. Jahrh. hervorgebracht hat. Da er nicht auf einer schon ausgebildeten Schulpraxis fusste, sondern jedesmal mit eigener Anstrengung seine Principien neu zu entdecken hatte, seine Gewissenhaftigkeit aber nicht selten schwankte, so sind seine Arbeiten auch im Colorit sehr ungleich; neben dem eben erwähnten goldtönigen fWunderwerk in der Tribuna, neben der grossen heil. Familie im Pal.
Malerei des XVI. Jahrhunderts. Andrea del Sarto.
acintola in der florentinischen Academie; — Crucifixus mit Heiligen bim Kreuzgang von S. Spirito zu Siena.)
Neben Fra Bartolommeo behauptet Andrea del Sarto (1488 bis 1530) sein eigenes Mass von Grösse. Ein wunderbarer Geist, nur einseitig begabt, aber einer der grössten Entdecker im Gebiet der Kunstmittel.
Es fehlt ihm im Ganzen dasjenige Element, welches man die schöne Seele nennen möchte. Die Antriebe, welche ihn beherrschen, sind wesentlich künstlerischer Natur; er löst Probleme. Daher die Gleichgültigkeit gegen die höhere Schönheit des Ausdruckes, das Sich- abfinden mit einem herrschenden Typus, der namentlich seine Ma- donnen und seine Putten so kenntlich macht und selbst durch seine Charakterköpfe als bestimmter Bau des Schädels, der Augen, der Kinnbacken hindurchgeht. Wo derselbe zum Gegenstand passt, wirkt cer erhaben; einem jugendlichen Johannes d. T. (P. Pitti, Halbfigur) verleiht er z. B. jene strenge leidenschaftliche Schönheit, die für diese Gestalt wesentlich ist; ja bisweilen nimmt er eine hohe sinnliche Lieb- dlichkeit an, wie z. B. die den Gabriel begleitenden Engel in einer der drei Verkündigungen im Pal. Pitti beweisen; auch giebt es einige Putten von ihm, welche keinem von denjenigen Coreggio’s an Schön- eheit und Naivetät nachstehen, so z. B. in der herrlichen Madonna mit S. Franz und S. Johannes Ev., vom Jahr 1517, in der Tribuna der Uffizien. Sie umklammern die Füsse der Madonna, während das fröhliche Christuskind an ihren Hals emporklettern will.
Dann ist Andrea wohl der grösste Colorist, welchen das Land südlich vom Apennin im XVI. Jahrh. hervorgebracht hat. Da er nicht auf einer schon ausgebildeten Schulpraxis fusste, sondern jedesmal mit eigener Anstrengung seine Principien neu zu entdecken hatte, seine Gewissenhaftigkeit aber nicht selten schwankte, so sind seine Arbeiten auch im Colorit sehr ungleich; neben dem eben erwähnten goldtönigen fWunderwerk in der Tribuna, neben der grossen heil. Familie im Pal.
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Malerei des XVI. Jahrhunderts. Andrea del Sarto.
cintola in der florentinischen Academie; — Crucifixus mit Heiligen
im Kreuzgang von S. Spirito zu Siena.)
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Neben Fra Bartolommeo behauptet Andrea del Sarto (1488
bis 1530) sein eigenes Mass von Grösse. Ein wunderbarer Geist, nur
einseitig begabt, aber einer der grössten Entdecker im Gebiet der
Kunstmittel.
Es fehlt ihm im Ganzen dasjenige Element, welches man die
schöne Seele nennen möchte. Die Antriebe, welche ihn beherrschen,
sind wesentlich künstlerischer Natur; er löst Probleme. Daher die
Gleichgültigkeit gegen die höhere Schönheit des Ausdruckes, das Sich-
abfinden mit einem herrschenden Typus, der namentlich seine Ma-
donnen und seine Putten so kenntlich macht und selbst durch seine
Charakterköpfe als bestimmter Bau des Schädels, der Augen, der
Kinnbacken hindurchgeht. Wo derselbe zum Gegenstand passt, wirkt
er erhaben; einem jugendlichen Johannes d. T. (P. Pitti, Halbfigur)
verleiht er z. B. jene strenge leidenschaftliche Schönheit, die für diese
Gestalt wesentlich ist; ja bisweilen nimmt er eine hohe sinnliche Lieb-
lichkeit an, wie z. B. die den Gabriel begleitenden Engel in einer der
drei Verkündigungen im Pal. Pitti beweisen; auch giebt es einige
Putten von ihm, welche keinem von denjenigen Coreggio’s an Schön-
heit und Naivetät nachstehen, so z. B. in der herrlichen Madonna
mit S. Franz und S. Johannes Ev., vom Jahr 1517, in der Tribuna
der Uffizien. Sie umklammern die Füsse der Madonna, während
das fröhliche Christuskind an ihren Hals emporklettern will.
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Dann ist Andrea wohl der grösste Colorist, welchen das Land
südlich vom Apennin im XVI. Jahrh. hervorgebracht hat. Da er nicht
auf einer schon ausgebildeten Schulpraxis fusste, sondern jedesmal mit
eigener Anstrengung seine Principien neu zu entdecken hatte, seine
Gewissenhaftigkeit aber nicht selten schwankte, so sind seine Arbeiten
auch im Colorit sehr ungleich; neben dem eben erwähnten goldtönigen
Wunderwerk in der Tribuna, neben der grossen heil. Familie im Pal.
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Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855, S. 884. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_cicerone_1855/906>, abgerufen am 18.12.2024.
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