Das Porträt eines vorwärts deutenden Mannes mit breitem Ge-a sicht und flachem Barett, im Pal. Pitti, kann bei trefflicher Charak- teristik doch wegen der Verzeichnung im Kopf und der Absichtlichkeit in der Anordnung der Hände nicht als H.'s Werk gelten. -- Das Bild- niss eines Armbrustschützenmeisters(?) im Pal. Guadagni zu Florenzb verhält sich zu H.'s Werken etwa wie diejenigen des Hans Asper. -- Das sehr schöne Bildniss des Prospero Colonna im gleichnamigenc Palast zu Rom ist wohl eher von einem Niederländer. -- Von den Holbeins im Pal. Borghese ist wenigstens der junge Mann mit Hand-d schuhen wohl echt und vortrefflich. -- Von den Porträts des Erasmus hängt dasjenige im Museum von Neapel für jede nähere Untersuchunge zu dunkel; dasjenige in der Galerie zu Parma (1530) erscheint zuf überfleissig und ängstlich um etwas anderes als eine gute (ober- deutsche?) Copie zu sein.
Von der augenschädlichen Prüfung der italienischen Glasge- mälde möchte ich am Liebsten ganz abrathen, damit die Sehkraft für die Fresken ungeschwächt bleibe. Weil aber eine ganz ansehn- liche Menge bedeutender Werke dieser Art vorhanden ist, so darf ich sie nicht völlig übergehen. Besondere Studien möge man hier nicht erwarten.
Die Glasmalerei mag in Italien während des ganzen spätern Mit- telalters hie und da geübt worden sein, allein im Grossen ist sie doch erst mit dem gothischen Baustyl vom Norden her eingedrungen. Ich entsinne mich keines Glasgemäldes von romanischem Styl. Noch ganz spät sind es transalpinische oder doch im Norden gebildete Künstler, welche mehrere der bedeutendsten Werke ausführen.
Wie vieles von den Glasgemälden des Domes von Mailandg noch der Erbauungszeit angehört, weiss ich nicht anzugeben; die der grossen Chorfenster sind modern; die der Südseite, welche noch bei den Ereignissen von 1848 Schaden litten, werden einer Restauration unterliegen müssen. -- Für das grosse Chorfenster in S. Domenico zuh
Hans Holbein. — Glasgemälde.
Das Porträt eines vorwärts deutenden Mannes mit breitem Ge-a sicht und flachem Barett, im Pal. Pitti, kann bei trefflicher Charak- teristik doch wegen der Verzeichnung im Kopf und der Absichtlichkeit in der Anordnung der Hände nicht als H.’s Werk gelten. — Das Bild- niss eines Armbrustschützenmeisters(?) im Pal. Guadagni zu Florenzb verhält sich zu H.’s Werken etwa wie diejenigen des Hans Asper. — Das sehr schöne Bildniss des Prospero Colonna im gleichnamigenc Palast zu Rom ist wohl eher von einem Niederländer. — Von den Holbeins im Pal. Borghese ist wenigstens der junge Mann mit Hand-d schuhen wohl echt und vortrefflich. — Von den Porträts des Erasmus hängt dasjenige im Museum von Neapel für jede nähere Untersuchunge zu dunkel; dasjenige in der Galerie zu Parma (1530) erscheint zuf überfleissig und ängstlich um etwas anderes als eine gute (ober- deutsche?) Copie zu sein.
Von der augenschädlichen Prüfung der italienischen Glasge- mälde möchte ich am Liebsten ganz abrathen, damit die Sehkraft für die Fresken ungeschwächt bleibe. Weil aber eine ganz ansehn- liche Menge bedeutender Werke dieser Art vorhanden ist, so darf ich sie nicht völlig übergehen. Besondere Studien möge man hier nicht erwarten.
Die Glasmalerei mag in Italien während des ganzen spätern Mit- telalters hie und da geübt worden sein, allein im Grossen ist sie doch erst mit dem gothischen Baustyl vom Norden her eingedrungen. Ich entsinne mich keines Glasgemäldes von romanischem Styl. Noch ganz spät sind es transalpinische oder doch im Norden gebildete Künstler, welche mehrere der bedeutendsten Werke ausführen.
Wie vieles von den Glasgemälden des Domes von Mailandg noch der Erbauungszeit angehört, weiss ich nicht anzugeben; die der grossen Chorfenster sind modern; die der Südseite, welche noch bei den Ereignissen von 1848 Schaden litten, werden einer Restauration unterliegen müssen. — Für das grosse Chorfenster in S. Domenico zuh
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0877"n="855"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Hans Holbein. — Glasgemälde.</hi></fw><lb/><p>Das Porträt eines vorwärts deutenden Mannes mit breitem Ge-<noteplace="right">a</note><lb/>
sicht und flachem Barett, im Pal. Pitti, kann bei trefflicher Charak-<lb/>
teristik doch wegen der Verzeichnung im Kopf und der Absichtlichkeit<lb/>
in der Anordnung der Hände nicht als H.’s Werk gelten. — Das Bild-<lb/>
niss eines Armbrustschützenmeisters(?) im Pal. Guadagni zu Florenz<noteplace="right">b</note><lb/>
verhält sich zu H.’s Werken etwa wie diejenigen des Hans Asper. —<lb/>
Das sehr schöne Bildniss des Prospero Colonna im gleichnamigen<noteplace="right">c</note><lb/>
Palast zu Rom ist wohl eher von einem Niederländer. — Von den<lb/>
Holbeins im Pal. Borghese ist wenigstens der junge Mann mit Hand-<noteplace="right">d</note><lb/>
schuhen wohl echt und vortrefflich. — Von den Porträts des Erasmus<lb/>
hängt dasjenige im Museum von Neapel für jede nähere Untersuchung<noteplace="right">e</note><lb/>
zu dunkel; dasjenige in der Galerie zu Parma (1530) erscheint zu<noteplace="right">f</note><lb/>
überfleissig und ängstlich um etwas anderes als eine gute (ober-<lb/>
deutsche?) Copie zu sein.</p><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><p>Von der augenschädlichen Prüfung der italienischen <hirendition="#g">Glasge-<lb/>
mälde</hi> möchte ich am Liebsten ganz abrathen, damit die Sehkraft<lb/>
für die Fresken ungeschwächt bleibe. Weil aber eine ganz ansehn-<lb/>
liche Menge bedeutender Werke dieser Art vorhanden ist, so darf ich<lb/>
sie nicht völlig übergehen. Besondere Studien möge man hier nicht<lb/>
erwarten.</p><lb/><p>Die Glasmalerei mag in Italien während des ganzen spätern Mit-<lb/>
telalters hie und da geübt worden sein, allein im Grossen ist sie doch<lb/>
erst mit dem gothischen Baustyl vom Norden her eingedrungen. Ich<lb/>
entsinne mich keines Glasgemäldes von romanischem Styl. Noch ganz<lb/>
spät sind es transalpinische oder doch im Norden gebildete Künstler,<lb/>
welche mehrere der bedeutendsten Werke ausführen.</p><lb/><p>Wie vieles von den Glasgemälden des Domes von <hirendition="#g">Mailand</hi><noteplace="right">g</note><lb/>
noch der Erbauungszeit angehört, weiss ich nicht anzugeben; die der<lb/>
grossen Chorfenster sind modern; die der Südseite, welche noch bei<lb/>
den Ereignissen von 1848 Schaden litten, werden einer Restauration<lb/>
unterliegen müssen. — Für das grosse Chorfenster in S. Domenico zu<noteplace="right">h</note><lb/></p></div></body></text></TEI>
[855/0877]
Hans Holbein. — Glasgemälde.
Das Porträt eines vorwärts deutenden Mannes mit breitem Ge-
sicht und flachem Barett, im Pal. Pitti, kann bei trefflicher Charak-
teristik doch wegen der Verzeichnung im Kopf und der Absichtlichkeit
in der Anordnung der Hände nicht als H.’s Werk gelten. — Das Bild-
niss eines Armbrustschützenmeisters(?) im Pal. Guadagni zu Florenz
verhält sich zu H.’s Werken etwa wie diejenigen des Hans Asper. —
Das sehr schöne Bildniss des Prospero Colonna im gleichnamigen
Palast zu Rom ist wohl eher von einem Niederländer. — Von den
Holbeins im Pal. Borghese ist wenigstens der junge Mann mit Hand-
schuhen wohl echt und vortrefflich. — Von den Porträts des Erasmus
hängt dasjenige im Museum von Neapel für jede nähere Untersuchung
zu dunkel; dasjenige in der Galerie zu Parma (1530) erscheint zu
überfleissig und ängstlich um etwas anderes als eine gute (ober-
deutsche?) Copie zu sein.
a
b
c
d
e
f
Von der augenschädlichen Prüfung der italienischen Glasge-
mälde möchte ich am Liebsten ganz abrathen, damit die Sehkraft
für die Fresken ungeschwächt bleibe. Weil aber eine ganz ansehn-
liche Menge bedeutender Werke dieser Art vorhanden ist, so darf ich
sie nicht völlig übergehen. Besondere Studien möge man hier nicht
erwarten.
Die Glasmalerei mag in Italien während des ganzen spätern Mit-
telalters hie und da geübt worden sein, allein im Grossen ist sie doch
erst mit dem gothischen Baustyl vom Norden her eingedrungen. Ich
entsinne mich keines Glasgemäldes von romanischem Styl. Noch ganz
spät sind es transalpinische oder doch im Norden gebildete Künstler,
welche mehrere der bedeutendsten Werke ausführen.
Wie vieles von den Glasgemälden des Domes von Mailand
noch der Erbauungszeit angehört, weiss ich nicht anzugeben; die der
grossen Chorfenster sind modern; die der Südseite, welche noch bei
den Ereignissen von 1848 Schaden litten, werden einer Restauration
unterliegen müssen. — Für das grosse Chorfenster in S. Domenico zu
g
h
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855, S. 855. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_cicerone_1855/877>, abgerufen am 17.06.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.