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Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855.

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Genua. Modena. Parma. Venedig.
fresco in dem bei Anlass der Decoration genannten Raum zu S. Paoloa
(S. 281, a) und eine Madonna mit zwei Heiligen in S. Giovanni, ersteb
Cap. rechts. -- Von der Künstlerfamilie der Mazzola, welche sich
später ganz zu Coreggio schlug, lebten damals Pierilario, von wel-
chem in der Galerie eine thronende Mad. mit drei Heiligen, und derc
namhaftere Filippo M., der unter allen von Padua aus angeregten
Künstlern einer der härtesten und anmuthlosesten, dabei aber kein
geringer Zeichner ist. Grablegung u. A. im Museum von Neapel; dasd
Altarbild im Baptisterium zu Parma; eine Bekehrung Pauli in dere
Galerie. -- Vielleicht das angenehmste Bild dieser Schule ist namen-
los: eine thronende Madonna mit drei singenden Engeln und zweif
Heiligen, in der Steccata (vordere Eckcapelle links).


In Venedig unterscheiden wir während der zweiten Hälfte des
XV. Jahrh. zwei Generationen von Malern.

Die erste ist von Padua aus unmittelbar abhängig; die Stylprin-
cipien der Muranesen bilden sich danach völlig um. Wir haben be-
reits (S. 786, g) neben Johannes und Antonius von Murano den Barto-
lommeo Vivarini
genannt. Dieser ist in seinen besondern Werken
ein wahrer Paduaner; in der prächtigen und genauen Ausführung
nähert er sich oft Mantegna, bleibt aber in der Farbe kälter. Die
Charaktere seiner Altarbilder sind immer ernst, bisweilen höchst wür-
dig, bisweilen fast grimmig, selten anmuthig; die decorative Ausstat-
tung ist, wie bei diesen paduanisch gebildeten Venezianern überhaupt,
ganz besonders reich. (Thronbauten, Fruchtschnüre, Laubhecken, Luxus
von Putten etc.) Thronende Madonna mit vier stehenden und vierg
als Halbfiguren schwebenden Heiligen etc. (1465) im Museum von
Neapel; -- in Venedig: Altarwerke in der Academie (1464); -- inh
S. Giovanni e Paolo, 2. Alt. rechts (mit directen Reminiscenzen nachi
Mantegna, vielleicht grössern Theils von dem bald zu erwähnenden
Luigi Vivarini); ebenda im rechten Querschiff ein thronender S. Augu-
stin (1473); -- in S. Giovanni in Bragora eine thronende Madonnak
mit Seitentafeln (neben der ersten Cap. links, dat. 1478); -- in den
Frari ein späteres, milderes Altarwerk (Querschiff rechts, datirt 1482)l
und ein vielleicht ganz später thronender S. Marcus mit Engeln und

Genua. Modena. Parma. Venedig.
fresco in dem bei Anlass der Decoration genannten Raum zu S. Paoloa
(S. 281, a) und eine Madonna mit zwei Heiligen in S. Giovanni, ersteb
Cap. rechts. — Von der Künstlerfamilie der Mazzola, welche sich
später ganz zu Coreggio schlug, lebten damals Pierilario, von wel-
chem in der Galerie eine thronende Mad. mit drei Heiligen, und derc
namhaftere Filippo M., der unter allen von Padua aus angeregten
Künstlern einer der härtesten und anmuthlosesten, dabei aber kein
geringer Zeichner ist. Grablegung u. A. im Museum von Neapel; dasd
Altarbild im Baptisterium zu Parma; eine Bekehrung Pauli in dere
Galerie. — Vielleicht das angenehmste Bild dieser Schule ist namen-
los: eine thronende Madonna mit drei singenden Engeln und zweif
Heiligen, in der Steccata (vordere Eckcapelle links).


In Venedig unterscheiden wir während der zweiten Hälfte des
XV. Jahrh. zwei Generationen von Malern.

Die erste ist von Padua aus unmittelbar abhängig; die Stylprin-
cipien der Muranesen bilden sich danach völlig um. Wir haben be-
reits (S. 786, g) neben Johannes und Antonius von Murano den Barto-
lommeo Vivarini
genannt. Dieser ist in seinen besondern Werken
ein wahrer Paduaner; in der prächtigen und genauen Ausführung
nähert er sich oft Mantegna, bleibt aber in der Farbe kälter. Die
Charaktere seiner Altarbilder sind immer ernst, bisweilen höchst wür-
dig, bisweilen fast grimmig, selten anmuthig; die decorative Ausstat-
tung ist, wie bei diesen paduanisch gebildeten Venezianern überhaupt,
ganz besonders reich. (Thronbauten, Fruchtschnüre, Laubhecken, Luxus
von Putten etc.) Thronende Madonna mit vier stehenden und vierg
als Halbfiguren schwebenden Heiligen etc. (1465) im Museum von
Neapel; — in Venedig: Altarwerke in der Academie (1464); — inh
S. Giovanni e Paolo, 2. Alt. rechts (mit directen Reminiscenzen nachi
Mantegna, vielleicht grössern Theils von dem bald zu erwähnenden
Luigi Vivarini); ebenda im rechten Querschiff ein thronender S. Augu-
stin (1473); — in S. Giovanni in Bragora eine thronende Madonnak
mit Seitentafeln (neben der ersten Cap. links, dat. 1478); — in den
Frari ein späteres, milderes Altarwerk (Querschiff rechts, datirt 1482)l
und ein vielleicht ganz später thronender S. Marcus mit Engeln und

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[821/0843] Genua. Modena. Parma. Venedig. fresco in dem bei Anlass der Decoration genannten Raum zu S. Paolo (S. 281, a) und eine Madonna mit zwei Heiligen in S. Giovanni, erste Cap. rechts. — Von der Künstlerfamilie der Mazzola, welche sich später ganz zu Coreggio schlug, lebten damals Pierilario, von wel- chem in der Galerie eine thronende Mad. mit drei Heiligen, und der namhaftere Filippo M., der unter allen von Padua aus angeregten Künstlern einer der härtesten und anmuthlosesten, dabei aber kein geringer Zeichner ist. Grablegung u. A. im Museum von Neapel; das Altarbild im Baptisterium zu Parma; eine Bekehrung Pauli in der Galerie. — Vielleicht das angenehmste Bild dieser Schule ist namen- los: eine thronende Madonna mit drei singenden Engeln und zwei Heiligen, in der Steccata (vordere Eckcapelle links). a b c d e f In Venedig unterscheiden wir während der zweiten Hälfte des XV. Jahrh. zwei Generationen von Malern. Die erste ist von Padua aus unmittelbar abhängig; die Stylprin- cipien der Muranesen bilden sich danach völlig um. Wir haben be- reits (S. 786, g) neben Johannes und Antonius von Murano den Barto- lommeo Vivarini genannt. Dieser ist in seinen besondern Werken ein wahrer Paduaner; in der prächtigen und genauen Ausführung nähert er sich oft Mantegna, bleibt aber in der Farbe kälter. Die Charaktere seiner Altarbilder sind immer ernst, bisweilen höchst wür- dig, bisweilen fast grimmig, selten anmuthig; die decorative Ausstat- tung ist, wie bei diesen paduanisch gebildeten Venezianern überhaupt, ganz besonders reich. (Thronbauten, Fruchtschnüre, Laubhecken, Luxus von Putten etc.) Thronende Madonna mit vier stehenden und vier als Halbfiguren schwebenden Heiligen etc. (1465) im Museum von Neapel; — in Venedig: Altarwerke in der Academie (1464); — in S. Giovanni e Paolo, 2. Alt. rechts (mit directen Reminiscenzen nach Mantegna, vielleicht grössern Theils von dem bald zu erwähnenden Luigi Vivarini); ebenda im rechten Querschiff ein thronender S. Augu- stin (1473); — in S. Giovanni in Bragora eine thronende Madonna mit Seitentafeln (neben der ersten Cap. links, dat. 1478); — in den Frari ein späteres, milderes Altarwerk (Querschiff rechts, datirt 1482) und ein vielleicht ganz später thronender S. Marcus mit Engeln und g h i k l

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Zitationshilfe: Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855, S. 821. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_cicerone_1855/843>, abgerufen am 09.06.2024.